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Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Trauerfeier mit ca. 60000 Teilnehmern. Beisetzung auf dem Friedhof des Alexander-Newskij-Klosters.

Aus Kindlers Literatur Lexikon:
    Fjodor Dostojewskij, ›Aufzeichnungen aus dem Kellerloch‹
    Mit der 1864 erschienenen Erzählung, die das ›Kellerloch‹, den lichtlosen Ort des Verdrängten und Verpönten ausleuchtet, begann die Hauptphase in Fjodor Dostojewskijs Schaffen. Der hier entworfene Problemhorizont bleibt auch bestimmend für die unmittelbar nachfolgende Phalanx seiner fünf großen Romane. Der Mensch aus dem Kellerloch, verbittert, krank und von höchster Intelligenz, sucht sich die Autarkie des Subjekts gegenüber dem Lauf der Dinge einzureden. Dabei erscheint die Außenwelt als beherrscht von der Idee des ›Kristallpalasts‹ der Londoner Weltausstellung, des Emblems einer vernünftigen, vom Fortschritt bestimmten Weltordnung, die den Einzelmenschen zur ›Klaviertaste‹ und zum ›Drehorgelstift‹ entmündigen muss. Dostojewskij polemisiert hier unter Bezug auf Nikolai Tschernyschewskis Verherrlichung des ›Kristallpalasts‹ in seinem Roman Čto delat ’ ? (1863, dt.: Was tun? ). In seiner Ablehnung des Diktats der Vernunft (»Wie wäre es, meine Herren, wenn wir diese ganze Vernünftigkeit mit einem einzigen Fußtritt davonjagen würden?«) erschließt der namenlose Räsoneur des Kellerlochs das paradoxe Reich der freiwilligen Verrücktheit, des Widersinns, der sorgsam kultivierten Kränkungen und Sadismen.
    Die Erzählung zerfällt in zwei in der Darstellungsweise wesentlich differierende Teile. Zunächst wird ein mit allen Mitteln subtilster Rhetorik ausgestalteter Monolog der morbid-sensiblen Hauptfigur präsentiert, die im Rampenlicht der Argumente eines imaginären Publikums ihre absonderlichen Maximen entwickelt. Dostojewskij verwendet hier die für ihn typische »Rede mit einer Hintertür« (Bachtin) mit denkbar höchstem Raffinement. Der zweite Teil zeigt den zur Zeit der Niederschrift 40-jährigen Protagonisten in einer Reihe von Situationen, die bereits 16 Jahre zurückliegen und sein Versagen im Bereich des Berufslebens, der privaten Geselligkeit und der persönlichsten Beziehungen vorführen. Charakteristisch ist dabei der Übergang von einer masochistischen zu einer rein sadistischen Einstellung: Eine Zusammenkunft mit Schulkameraden trägt noch die Züge rein passiver Selbstvergiftung, während die Begegnung mit einer Prostituierten aktiven Zynismus freiwerden lässt. Beherrschend wird schließlich die Vorstellung vom »nassen Schnee«, der sich wie ein Leichentuch über das winterlich unwirtliche Petersburg legt und die Rückerinnerung des Ich-Erzählers als ›mémoire involontaire‹ ausgelöst hat.
    Die Erzählung fand Nietzsches uneingeschränkte Bewunderung (»ein wahrer Geniestreich der Psychologie«), übte nachhaltigen Einfluss auf die russische Literatur (Garschin, Sologub, Andrejew, Olescha) aus und zeichnete maßgebende Strömungen der westeuropäischen Moderne vor (Henry Miller, Sartre, Camus, Genet, Richard Wright, Ralph Ellison). Hans Sedlmayr nannte gerade dieses Werk wegen der totalen Ablehnung sozialer Ordnung »den tiefsten Kommentar, der zu den surrealistischen Manifesten je geschrieben worden ist, ante festum, und der je geschrieben werden kann«. Dostojewskijs Verführungskraft zum im höchsten Sinne Asozialen stieß insbesondere innerhalb der sowjetrussischen Kritik – aber auch bereits 1864 bei Saltykow-Schtschedrin – auf scharfe Ablehnung.
Horst-Jürgen Gerigk
Aus: Kindlers Literatur Lexikon. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. Herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold (ISBN 978-3-476-04000-8). – © der deutschsprachigen Originalausgabe 2009 J. B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag, Stuttgart (in Lizenz der Kindler Verlag GmbH). [Schreibweisen in Kindlers Literatur Lexikon: Fëdor Dostoevskij, Nikolaj Černyševskij, Garšin, Andreev, Oleša, Saltykov-Ščedrin]

Aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur:
    Fjodor Dostojewskij
Geb. 11. 11. 1821 in Moskau;
gest. 9. 2. 1881 in St. Petersburg
    Michail Dostojewskij, der Vater des Schriftstellers, war adelig – ein Vorfahre war 1506 mit einem Gut Dostoevo belehnt worden – aber ohne Landbesitz. Er hatte eine Frau aus dem Kaufmannstand geheiratet. Den Traum von einem standesgemäßen Leben auf einem eigenen Gut versuchte er, sich durch die Arbeit als Arzt am Marijnskij Armen-Krankenhaus in Moskau zu erfüllen. In dessen unmittelbarer Umgebung wurde Fjodor Dostojewskij als
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