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Auferstehung der Toten

Auferstehung der Toten

Titel: Auferstehung der Toten
Autoren: Wolf Haas
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Daß der Johnny da einen konstanten Fünfziger fährt!
    Weil der Johnny, die Zeller wissen das natürlich, aber die Fremden können sich immer wieder darüber aufregen, der ist noch nie mehr als einen Fünfziger gefahren. Den Brenner hat das aber aufgeregt, und deshalb hat er mitten auf der Strecke gesagt:
    «Da steige ich aus.»
    «Da?»
    «Ja.»
    «Scheiß mich an.»
    Der Johnny hat sich gewundert, weil da ist weit und breit nichts gewesen, wo der Brenner ausgestiegen ist. Ungefähr zwei Kilometer außerhalb von Zell. Aber ein paar hundert Meter weiter Richtung Kaprun, da ist dieser Heustadl, den kennst du bestimmt, wo diese alte Reklame hängt. «Der gute alte Weinbrand» steht oben. Man kann es fast nicht mehr lesen. Aber entfernen tut sie auch niemand, weil die Reklame ist ja direkt auf die Mauer aufgemalt.
    Der Brenner hat aber jetzt diese Reklamemalerei noch nicht gesehen. Er hat noch zugeschaut, wie der rosarote Chevrolet umständlich gewendet und sich dann wieder fast im Schrittempo Richtung Zell entfernt hat. Der Mißerfolg mit dem Johnny hat ihn aber jetzt gar nicht mehr geärgert. Er hat ja am Morgen beim Aufwachen gleich gesehen, daß schon wieder so ein schöner, sonniger Herbsttag ist. Und dann hat er auch gleich gemerkt, daß ihn das Berichtschreiben heute schon wieder nicht freut. Da ist die Fahrt mit dem Taxler schon auch ein bißchen eine Ausrede gewesen. Weil der Brenner hat einfach ein bißchen hinauskommen wollen, statt daß er in seinem Hotelzimmer sitzt und den Bericht schreibt. Jetzt ist er über das abgemähte Feld auf den Heustadl zugegangen und um den Heustadl herum, und jetzt hat er erst die Reklame gesehen. «Der gute alte Weinbrand» ist draufgestanden, aber völlig verwittert, und der Brenner hat sich gefragt, wie viele Jahre oder Jahrzehnte das wohl schon da steht.
    Jetzt ist aber eines ganz sicher. Daß die Reklame mindestens 25 Jahre alt gewesen ist. Dazu brauchst du kein Labor und kein gar nichts, weil die Reklame ja in die falsche Richtung schaut. Nicht zur Straße hin, sondern von der Straße weg.
    Weil vor 25Jahren ist hier die Schnellstraße fertig geworden, also die, auf der der Johnny immer noch einen Fünfziger fährt. Aber die Reklame hängt auf der anderen Seite von dem Heustadl, die man von der Straße aus gar nicht sehen kann. Weil dort ist die alte Straße vorbeigegangen, und die ist heute schon überall aufgebrochen und sogar Gras drüber.
    Nur genau auf der Höhe von dem Heustadl ist sie noch intakt gewesen. Ja, was sag ich, da hat sie sogar einen besseren Asphalt gehabt als die neue Schnellstraße, und die ist inzwischen auch schon dreimal neu asphaltiert worden. Aber die 200 Meter auf der alten Straße, das ist die Zeller Sommereisbahn gewesen, das hat der Brenner bis jetzt auch nicht gewußt.
    Er hat jetzt den Asphalteisschützen eine Zeitlang zugeschaut, es ist ungefähr halb eins gewesen, keine Wolke am Himmel, also so schöne Tage gibt es nicht viele in Zell. Und der Brenner hat sich eigentlich überhaupt nicht mehr vorstellen können, wer hier jemanden umbringen soll, weil nichts Friedlicheres als diese Asphalteisschützen.
    Außer dem Brenner ist nur noch ein Zuschauer am Rand der Asphalteisbahn gestanden. Aber am anderen Ende oben, und der Brenner hat ihn von hier aus nicht richtig erkennen können. Auch die meisten Spieler sind jetzt am anderen Ende oben gestanden und haben ihre Stöcke nach und nach heruntergeschossen. Also, das mußt du dir vorstellen, wie man das manchmal im Fernsehen sieht, in Frankreich, dieses mit den silbernen Kugeln. Und das Eisschießen ist auch mehr so ein Pensionistensport, aber man schießt nicht mit Kugeln, sondern mit Eisstöcken. Und damit die Stöcke im Sommer über die Asphaltbahn rutschen, schraubt man die kleinen weißen Plastikplättchen auf die Unterseite.
    Aber gerade hat sich der Brenner noch gedacht, daß es nichts Friedlicheres gibt als dieses Pensionistenhäufchen, da sind auf einmal die Fetzen geflogen. Er hat zuerst gar nicht verstanden, worum es bei dem Streit geht.
    Jetzt paß auf. Beim Eisschießen geht es ja um Geld, nicht um viel, aber weil es sonst keinen richtigen Spaß macht. Da sind immer zwei Mannschaften. Und jeder Eisschütze macht sich mit einem von der anderen Mannschaft etwas aus. Also, um wieviel Geld sie spielen, praktisch Paare, obwohl Mannschaften spielen. Sagen – wir, das eine Paar spielt um zehn Schilling, ein anderes um zwanzig, und vielleicht spielen zwei sogar um fünfzig Schilling. Das
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