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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung
Autoren: Brian Lumley
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drei Männer auf der anderen Seite des Spiegels hatten beobachtet, wie all dies mit einer Art klinischer Objektivität durchgeführt worden war. Der – Akteur – schien ihre Anwesenheit nicht zu bemerken. Er hatte ihre Gegenwart einfach ›vergessen‹; seine Arbeit nahm ihn zu sehr in Anspruch und war zu wichtig, um sich ablenken zu lassen.
    Doch nun regte er sich, hob den Kopf, blinzelte zweimal mit den Augen und stand auf. Alles war nun in bester Ordnung, die Befragung konnte beginnen.
    Die drei Beobachter beugten sich in ihren Sesseln ein wenig vor, hielten automatisch den Atem an und richteten ihre ganze Aufmerksamkeit auf den nackten Mann. Es war, als fürchteten sie zu stören, und das, obwohl ihre Beobachtungskammer völlig isoliert war, schalldicht wie ein Vakuum.
    Nun drehte der Nackte den Tisch mit dem Leichnam um, so dass man die eiskalten Füße sehen konnte, die ein wenig über den Tisch ragten und ein ›V‹ bildeten. Er zog einen weiteren, eher gewöhnlichen Rolltisch heran, öffnete die Ledertasche, die darauf lag, und entnahm ihr Skalpelle, Scheren und Sägen – ein ganzes Sortiment rasiermesserscharfer chirurgischer Instrumente.
    In der Beobachtungskammer erlaubte sich der Mann in der Mitte ein grimmiges Lächeln, das seinen Untergebenen entging, die sich gerade wieder in ihren Sesseln zurücklehnten, weil sie nun nichts weiter erwarteten als eine ziemlich bizarre Autopsie. Ihr Chef konnte kaum das Kichern, das sich in seiner Brust breitmachte, und das boshafte Beben in seinem stämmigen Körper unterdrücken, als er den Schock erahnte, der auf sie zukam. Er hatte das alles schon einmal gesehen, sie hingegen nicht. Und auch das würde als eine Art Prüfung dienen.
    Der nackte Mann nahm einen langen, verchromten Stab, an einem Ende nadelspitz und mit einem hölzernen Griff am anderen versehen, beugte sich ohne Zögern über die Leiche, platzierte die Nadelspitze in dem Krater, den der Nabel in dem geschwollenen Bauch bildete, und verlagerte sein ganzes Gewicht auf den Griff. Die Klinge glitt in das tote Fleisch, und der aufgeblähte Darm ließ die Gase entweichen, die sich in den vier Tagen seit Eintritt des Todes angesammelt hatten. Sie zischten in das Gesicht des Nackten.
    »Ton!«, keifte der Beobachter in der Mitte, worauf die Männer zu seinen Seiten zusammenzuckten. Seine schroffe Stimme war derart tief, dass wenig mehr als ein kehliges Gurgeln zu hören war, als er fortfuhr: »Schnell, ich möchte zuhören!« Und er wies mit einem kurzen, dicken Finger auf einen Lautsprecher an der Wand.
    Mit einem lauten Schlucken stand der Mann zu seiner Rechten auf, ging zum Lautsprecher und drückte auf einen Knopf mit der Aufschrift ›Empfang‹. Einen Augenblick lang hörte man ein Rauschen, dann ein deutliches Zischen, als der Bauch der Leiche im Nebenraum sich langsam in Speckfalten legte. Während das Gas stetig entwich, neigte der nackte Mann sein Gesicht, anstatt es abzuwenden. Er schloss die Augen und atmete tief ein, füllte seine Lungen!
    Da er den Blick nicht von der Glaswand reißen konnte, stolperte der Beamte unbeholfen zu seinem Sessel zurück und ließ sich schwer hineinfallen. Sein Mund stand wie der seines Rivalen weit offen. Beide Männer setzten sich stocksteif auf den vorderen Rand ihres Sessels und krallten die Hände in die hölzernen Armlehnen. Eine vergessene Zigarette kippte in den Aschenbecher und erfüllte die Luft mit Rauch. Nur der Beobachter in der Mitte schien ungerührt. Er war ebenso an dem Gesichtsausdruck seiner Untergebenen interessiert wie an dem sonderbaren Ritual, das sich jenseits des Wandschirms abspielte.
    Der Nackte hatte sich aufgerichtet und stand wieder stocksteif über dem Leichnam. Eine Hand legte er auf den Schenkel des Toten, die andere auf die Brust. Seine Augen waren wieder offen und rund wie Untertassen, doch seine Hautfarbe hatte sich merklich verändert. Das normale, gesunde Rosa eines jungen, frisch geschrubbten Leibes war gänzlich verschwunden; sein Körper war grau und glich dem des toten Fleisches, das er berührte. Er war buchstäblich so grau wie der Tod. Er hielt den Atem an und schien den Geschmack des Todes zu kosten. Seine Wangen schienen langsam einzufallen. Dann –
    Er riss die Hände von dem Leichnam zurück, stieß zischend fauliges Gas aus und schwankte rückwärts. Einen Augenblick lang schien es, als würde er nach hinten fallen, doch dann taumelte er wieder nach vorn. Und erneut legte er behutsam die Hände auf die Leiche. Er
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