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Auf und davon

Auf und davon

Titel: Auf und davon
Autoren: Ruth Thomas
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allerdings
nicht...“
    „Ist schon okay“, sagte Nathan.
    „Was meinst du mit ,Ist schon okay’?“
    „Wir fahren selber. Ihr Rad ist kaputt,
deshalb sind wir so spät dran. Unsere Mutter weiß Bescheid.“
    Der Mann kratzte sich am Kopf und
runzelte die Stirn. „Ich kann euch doch so nicht hier lassen... Ach, jetzt weiß
ich. Man hat euch bestimmt gesagt, daß ihr nicht mit Fremden mitfahren dürft.“
    „Genau“, sagte Nathan dankbar. „Unsere
Mutter hat gesagt, daß wir nie in ein fremdes Auto einsteigen dürfen. Unser
Lehrer sagt das auch.“
    „Aber das hier ist doch eine Ausnahme,
oder? Verdammt, ich weiß nicht, was ich machen soll.“ Der Mann schien einen
Augenblick zu überlegen. Schließlich sagte er mit gespielter Herzlichkeit: „Gut,
dann fahrt weiter, fahrt weiter. Gute Nacht.“
    Er schlug die Wagentür zu und fuhr
davon.
    „Wenn wir bloß hätten mitfahren können“,
sagte Julia sehnsüchtig.
    „Julia!“
    „War nicht so gemeint... Wenn wir bloß
was zu trinken hätten.“
    Fast im selben Augenblick fiel ihr ein
großer Regentropfen auf den Kopf und gleich darauf ein zweiter auf die Nase.
Sie streckte die Zunge heraus, um sich den Tropfen von der Nase zu lecken, und
bald kamen die Tropfen in dichten Schnüren, durchnäßten ihre Kleider und liefen
ihr übers Gesicht. Sie legte den Kopf in den Nacken und ließ den Regen in den
Mund tropfen. Beide legten die Hände zu Bechern zusammen, um das kostbare Naß
aufzufangen.
    Jetzt hatten sie zwar keinen Durst
mehr, dafür waren sie aber durch und durch naß.
    „Können wir uns nicht irgendwo
unterstellen?“ fragte Julia. „Nur bis es aufhört zu regnen.“
    „Wo denn?“
    „Hier ist nur die Hecke, aber
vielleicht ist hinter dem Feld ein Wald.“
    „In der Dunkelheit sieht man nichts.
Vielleicht sind Kühe auf dem Feld.“
    Sie drückten sich gegen die Hecke.
    „Nathan, ich glaub der Mann verrät uns.“
    „Wem will er denn was verraten? Hier
gibt’s doch keine Polizeistation.“
    „Irgendwo muß es ja eine geben. Er kann
anrufen.“
    „Du hast recht. Wahrscheinlich sind sie
schon unterwegs!“
    „Wahrscheinlich kommen sie mit ihren
Autos und suchen uns.“
    „Komm“, sagte Nathan und ging in
Richtung Gatter.
    „Und was ist mit den Kühen?“
    „Lieber eine Herde Kühe als die
Polizei.“
    Sie kletterten über das Gatter und
überquerten ein Feld. Als sie auf dem nächsten waren, hörten sie die Sirenen
und sahen das Blaulicht.
    Die Polizisten fanden das Fahrrad an
der Stelle, wo die Kinder es zurückgelassen hatten, doch es gab keine Spuren,
die ihnen Aufschluß darüber gegeben hätten, wohin die Flüchtigen sich gewandt
hatten. Auf beiden Seiten der Straße waren Gatter und Felder.
    „Die armen dummen Kinder“, sagte ein
Polizist zum anderen. „In dem Regen draußen sein zu müssen.“
    „Und ich dachte schon, wir könnten sie
mit einem warmen Essen im Bauch heute noch ins Bett stecken“, meinte der
andere. „Aber wie es aussieht, kommen sie erst morgen zu ihrem gemütlichen
Bett.“
    Die Polizisten suchten mit
Taschenlampen, doch vor Tagesanbruch konnten sie nicht viel ausrichten.
    Wie Kaninchen hatten sich Julia und
Nathan auf den Boden geduckt. In panischer Angst waren sie über vier oder fünf
Felder in den Schutz eines dichten Waldes gerannt. Ein Wald, der sich endlos
den Berg hinaufzuziehen schien. Sie gingen tiefer hinein, kämpften sich den
Abhang hoch, so weit von der Straße und der Polizei weg, wie ihre schmerzenden
Beine sie trugen. Dann waren sie in das dichte Unterholz gekrochen, wo der
Regen sie nicht erreichen konnte.
    Sie waren naß, kalt und hungrig, doch
sie schliefen bis zum Morgengrauen.

 
    18.
     

Das Ende des
Abenteuers
     
     
     
    Nathan hatte nur noch eines im Kopf:
wie er auf das Schiff kommen könnte. Dieser Gedanke war wie ein Feuer, das alle
anderen Gedanken auslöschte. Er hatte über Schiffe gelesen und hatte von
Schiffen geträumt, von Abenteuern auf Schiffen — und jetzt würde er sein
eigenes Abenteuer auf einem Schiff erleben. Er, Nathan Browne. Nichts würde ihn
davon abhalten. Nicht die Polizei, nicht Julia, niemand. Was Julia betraf, so
hätte er gern gehabt, daß sie mitkam, doch wenn er allein gehen mußte, würde er
auch das tun. Er würde seine Chance nicht verpassen, er würde seinen Traum
Wirklichkeit werden lassen, koste es, was es wolle.
    Julia fühlte sich elend. Sie fror und
war durchnäßt und zitterte. Beim ersten Tageslicht hatte sie ihren Teil der
Brötchen
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