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Auf Umwegen ins Herz

Auf Umwegen ins Herz

Titel: Auf Umwegen ins Herz
Autoren: Sarah Saxx
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richtigen Job als Bauingenieur mit Jeans und Hemd oder T-Shirt über Baupläne gebeugt stand, sah ihn bei Verhandlungen mit den Baufirmen und bei Baustellenbesichtigungen. Georg hatte absolut falsch gelegen – hätte er mir damals die Wahrheit über seinen Beruf erzählt, wäre die Anziehung nicht weniger gewesen. Auch wenn er für meinen Geschmack nicht unbedingt zu den attraktivsten Männern zählte.
    Gut, optisch war Julian seinem Vorgänger natürlich Meilen voraus. Doch davon konnte ich mir weder etwas kaufen noch hielt ich jemals nach einem attraktiven Mann als Freund Ausschau. Denn, auch wenn es ein typisches Klischee war, dass man einen Schönling nie für sich alleine hatte, so waren mir sehr wohl die interessierten (oder neidischen?) Blicke der anderen Frauen aufgefallen, sobald ich mich mit ihm in der Öffentlichkeit zeigte. Wäre ich eifersüchtig, wäre alleine diese Tatsache auf Dauer gesehen ein Streitpunkt.
    Bei Georg andererseits wäre es nie so weit gekommen. Dass ich ihn mit seiner Ehefrau teilen musste, war ein anderes Kapitel … Allein der Gedanke daran, dass er in der Zeit, als ich mit ihm zusammen war, ziemlich sicher auch mit seiner Frau geschlafen hatte, ließ mich auch heute noch erschaudern. Falls sie und ich zu diesem Zeitpunkt die Einzigen gewesen waren … Inzwischen traute ich ihm alles zu. Zu meinem Glück waren der HIV- und Hepatitistest negativ, die ich einen Tag, nachdem ich die Schocknachricht erhalten hatte, machen ließ.
    Ich musste wieder an Isa denken mit ihrer Theorie zum Thema Jäger und Sammler. Tatsächlich hatte mich sein Nein damals sehr verwundert, und ich hätte vorher alles verwettet, dass er die Chance sofort ausnutzen würde.
    Was mich an dieser ganzen Nicht-Sex-Tatsache jedoch am meisten verwirrte war, dass mich Julians Verlust so viel mehr schmerzte als der von Georg. Müsste es nicht umgekehrt sein? Dass ich den, dem ich alles geschenkt hatte, mehr vermisste?
    Ich hatte mich wirklich nicht in Julian verlieben wollen, nicht ein zweites Mal. Ich wehrte mich mit Händen und Füßen und kam doch nicht dagegen an. Mein Herz siegte. Herz über Kopf.
    Dieses zweite Mal war ich aber unfähig, mein Gefühlsleben unter Kontrolle zu halten. Und es schlug ein, heftiger als beim ersten Mal, heftiger, als jemals zuvor. Vielleicht deshalb, weil mein Herz schon als Teenager für ihn geschlagen hatte. Vielleicht verdoppelte das die Gefühle für ihn? Je länger ich darüber nachdachte, desto logischer klang diese Erklärung für mich. Und plötzlich kam es mir vor, als ob sich der Nebel etwas lichtete, als ob die Sicht klarer werden würde. Es war so einleuchtend, dass ich kurz über mich selbst schmunzeln musste, da ich vor lauter Wald die Bäume nicht gesehen hatte. Endlich fiel ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

    Es war früher Nachmittag, als ich am nächsten Tag erwachte. Ich fühlte mich so fit und ausgeschlafen wie schon lange nicht mehr. Die Sonne blinzelte durch die halb geschlossenen Jalousien herein, als wollte sie mich bei meinem Neustart willkommen heißen. Nachdem ich geduscht und angezogen bei einer Tasse Kaffee saß, beschloss ich, in der Arbeit Bescheid zu sagen, dass ich morgen wieder einsatzbereit wäre. Isa hatte das jedoch bereits für mich erledigt, und ich notierte mir gedanklich, dass ich mich noch einmal bei meiner Freundin bedanken musste. Abgesehen davon ließ sie mir so keine weitere Rückzugsmöglichkeit mehr – ich musste zur Arbeit. Ein zusätzlicher Tritt in meinen Hintern sozusagen.
    Der Geruch von Sommer lag an diesem Nachmittag Ende Mai in der Luft. Ich hatte mich lange genug eingemummt und abgedunkelt zurückgezogen, ich brauchte dringend positive Energie. Also schlenderte ich durch die Innenstadt, sog ihren Geruch auf, genoss die Menschen, den Lärm der Autos, die Hektik des Alltags, der um mich herum allgegenwärtig war. Ich genoss das Leben.
    Ich achtete nicht auf den Weg und fand mich unvermutet vor Marcos Café wieder. Der Chef selbst war nicht anwesend, da der Dienstag sein freier Tag war. Mir war das ganz recht, denn ich hatte nicht wirklich Lust darauf, hier und jetzt über meine letzten beiden Wochen zu sprechen, geschweige denn, darüber nachdenken zu müssen.
    Ich setzte mich an einen freien Tisch im Gastgarten und bestellte den französischen Haustoast, dazu einen Eistee und beobachtete das geschäftige Treiben auf der anderen Seite der kleinen Buchsbäumchen, die den Außenbereich umzäunten.
    Und dann geschah es: Ich
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