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Auf Umwegen ins Herz

Auf Umwegen ins Herz

Titel: Auf Umwegen ins Herz
Autoren: Sarah Saxx
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waren unmissverständlich. Es hatte Mitte der 1990er Jahre schätzungsweise nur eine Jugendgruppe namens „Boot“ in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz gegeben, zu der ein gewisser Julian König gehörte.
    Es störte mich, dass ich vorerst an keine weiteren Infos kommen konnte. Zumindest ein Foto wäre hilfreich gewesen. Doch ich konnte nachvollziehen, dass er sämtliche Informationen verborgen hielt. Immerhin hatte auch ich (seit letztem Dezember – haha!) mein Profil so gestaltet, dass niemand, ohne vorherige Freigabe durch mich, mehr über mich herausfand.
    Doch eigentlich wusste ich tausendprozentig, wer hinter der Nachricht steckte. Mit Julian hatte ich ein – wie soll ich es nennen? … Intermezzo –, das ich mit ziemlicher Sicherheit mein Leben lang nicht vergessen würde.
    Diese schlimme Erinnerung war wahrscheinlich auch die Ursache, wieso mein Herz so wild pochte. Ich fühlte mich überrumpelt und wollte ihm am liebsten nicht zurückschreiben. Andererseits, wenn ich es nicht tat, würde ich mich bis an mein Lebensende fragen, wieso der Kerl mich ausfindig gemacht und angeschrieben hatte.
    Also trank ich noch einen großen Schluck, bevor ich meine leicht sarkastische Antwort tippte.

    Jana Sommer:
    Hallo, Julian!
    Ich würde sagen, heute ist Dein Glückstag – ich bin die, die Du suchst.
    Grüße, Jana

    Ich atmete tief ein, hielt die Luft an, schloss die Augen und klickte auf „Senden“. Nervös wischte ich meine Handflächen an meiner Jogginghose ab.
    Erst als ich nach einer gefühlten halben Ewigkeit die Augen öffnete, stieß ich den Atem geräuschvoll wieder aus. Er war offline, also musste ich mich noch gedulden. Entspannt lehnte ich mich etwas zurück und checkte noch schnell meine E-Mails, bevor ich den Fernseher anschalten wollte. Ich hatte zwar nicht wirklich Lust auf einen Film, wollte mich aber berieseln lassen, und dann, falls ich nicht schon auf der Couch einschlief, zeitig ins Bett gehen.
    Die beiden Nachrichten ließen mir jedoch keine Ruhe, und ich musste sie noch einmal kurz überfliegen. Hatte ich zu schroff geantwortet? Immerhin war es lange her, als wir uns das letzte Mal gesehen hatten, und wir waren jung … und dumm. Er zumindest. Nein, er war ein Arschloch gewesen. Aber gesendet ist gesendet, und ich konnte die Nachricht weder zurückholen noch löschen.

    „Gesehen, 20:03.“
    Wie versteinert saß ich da, starrte auf die Nachrichtenbox. Ein leises „Pling“ durchbrach die Stille. Mein Herz raste wild in meiner Brust. Ich starrte auf den Text.

    Julian König:
    Liebe Jana,
    super, dass ich Dich endlich gefunden habe – freut mich! Wie gehts Dir so, was hast Du aus Dir gemacht?
    Liebe Grüße, Julian

    Eigentlich wollte ich den Laptop ja zuklappen, doch seine Zeilen ließen mich zögern. Denn mal abgesehen davon, dass er mir keinen Hinweis gab, wieso er mich gesucht hatte – hatte er mich endlich gefunden. Endlich ? Das klang nach einer langen, schwierigen, mit Hindernissen übersäten Suche.
    Was, verdammt noch mal, wollte der Kerl von mir? Verarschte er mich wieder? Dachte er, ich wäre immer noch so ein leichtes Opfer, über das man sich lustig machen kann? Wann war es denn endlich genug?
    Genervt seufzte ich. Was sollte ich ihm antworten – jetzt, nachdem er so was schrieb? Wollte er wirklich etwas über mich erfahren, interessierte ich ihn als Person? Oder brauchte er nur wieder einen Punchingball? Ich zweifelte stark daran, dass er es ehrlich meinte, immerhin kannte ich ihn lange genug und hatte so meine Erfahrung mit ihm gemacht. Auch, wenn das letzte Mal mehr als zehn Jahre her war. Wobei … es wäre interessant zu wissen, wie lange er tatsächlich nach mir gesucht hatte. Und warum.
    Ich verfluchte die Männerwelt. Und meine Naivität. Doch diesmal würde ich mich nicht wieder verarschen lassen. Diesmal würde ich die Kontrolle behalten und selbst entscheiden, wann wer vom Pferd fällt.
    Zögernd trommelte ich mit meinen Fingern auf der Tastatur herum. Dann begann ich zu schreiben:

    Jana Sommer:
    Mir geht es sehr gut. Ich frage mich aber, wieso Du auf der Suche nach mir warst, und, was noch wichtiger ist, was Du Dir jetzt von mir erwartest.

    Kaum hatte ich die Nachricht verschickt, tauchte auch schon am linken unteren Rand ein kleines Pop-up auf – seine Freundschaftsanfrage. Meine linke Augenbraue wanderte nach oben, und, hätte Julian mich so sehen können, hätte er gewusst, was ich davon hielt, dass er mit mir „befreundet“ sein
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