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Auf nassen Straßen

Auf nassen Straßen

Titel: Auf nassen Straßen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht mir allein – es gehört der Bank. Und immer, wenn ich jetzt am Ruder stehe, muß ich mir sagen: Peter, paß auf, steuere gut – wenn etwas passiert, wenn du die Kanalmauer rammst oder zusammenstößt, wenn du auf Grund gerätst – es ist nicht mehr dein Schiff. Es ist Eigentum der Bank!«
    »Aber Herr Baumgart!« Der Direktor legte seine Hand auf die breite Schulter des alten Schiffers. »Diese 30.000 DM sind doch nur ein Bruchteil des wirklichen Schiffswertes.«
    »Aber dieser Bruchteil gehört nicht mehr mir! Verstehen Sie das nicht?«
    »Sie tun es für einen guten Zweck.«
    »Glauben Sie das? Ich möchte hoffen, daß Sie recht haben.«
    »Es ist doch für Ihren Sohn.«
    »Auch unter Söhnen gibt es jene und solche.«
    Der Direktor lächelte zurückhaltend. Ein Knurrbock, dachte er. Ist zeit seines Lebens nicht von den Planken seines Kahnes gekommen und fühlt sich jetzt wie ein Märtyrer, weil der Sohn nicht so will wie er.
    »Sie schaffen mit dem Geld die Lebensgrundlage Ihres Sohnes, Herr Baumgart«, sagte er.
    »Es wird sich zeigen.«
    Peter Baumgart nahm den Füllhalter wieder vom Tisch. Er beugte sich über das Blatt Papier und schrieb.
    Peter Baumgart. Ungelenk, grob, mit der Feder kratzend.
    Dann warf er den Füllhalter hin und sprang auf.
    »Das wär's.«
    »Ich danke Ihnen. Das Geld können Sie an der Kasse abholen.«
    Generaldirektor Meerbach und Direktor Schleggel empfanden es unter ihrer Würde, daß sie warten mußten.
    Sie saßen in dem großen Direktionszimmer der Stahlwerke, rauchten mit ziemlicher Erregung eine lange und goldgelbe Importe und gossen sich abwechselnd die Kognakschwenker mit französischem Kognak ein. Aber sie warteten, so schockierend es für sie war. Sie sahen keine andere Möglichkeit, als sich den Gegebenheiten zu beugen und auf die Zähne zu beißen.
    Die Tatsache, der sie nicht aus dem Wege gehen konnten, hieß Jochen Baumgart.
    Nach dem Abend bei Paul Meyer – »… Es war reizend bei Ihnen«, hatte Baumgart zum Abschied gesagt und der Baroneß Pamela die Hand geküßt – hatte er die Einladung Generaldirektor Meerbachs angenommen, im Betrieb unter sechs Augen die ganze Angelegenheit – Meerbach nannte es ›den ganzen Fragenkomplex‹ – mannhaft durchzusprechen. Auch die Sache mit dem Schiff, so wahnsinnig sie auch sein mochte.
    Nun ließ Jochen Baumgart sie warten. Eine halbe Stunde war über den vereinbarten Termin verstrichen – eine knappe halbe Stunde blieb nur noch übrig, bis eine neue Besprechung begann. Das Leben eines Generaldirektors ist nach der Uhr eingerichtet und läuft mit dem Zeiger weiter – und ab.
    »Impertinent, dieser Bursche!« sagte Direktor Schleggel. Er wanderte in dem großen Zimmer hin und her und trug seinen Kognakschwenker in der Hand. »Er macht es extra. Er will uns zeigen, wie unentbehrlich er ist. Wie hoch er sein Wissen einschätzt! Wie klein wir vor ihm sein müssen! Es ist ekelhaft.«
    Es klopfte. Die Sekretärin steckte den Wuschelkopf durch die Türspalte. »Ein Herr Baumgart, Herr …«
    »Bitte!«
    Meerbach stellte sich mit dem Rücken zum Fenster und reckte sich. Er war kampfeslustig und nicht gewillt, sich Baumgart so schnell zu ergeben.
    Jochen Baumgart betrat den großen Raum mit einem freundlichen und fast bescheidenen Lächeln. Schleggel nannte es im stillen eine Frechheit. Wer erpreßt, hat kein Recht, zu lächeln. Erpressen ist das gemeinste und brutalste Verbrechen, weil es das Opfer wehrlos macht und die tiefsten menschlichen Bezirke berührt.
    »Guten Morgen«, sagte Jochen Baumgart. Er sah von Meerbach zu Schleggel und erwartete nicht, eine Antwort zu erhalten. »Ich komme etwas später …«
    »43 Minuten später …«
    »Besser als 43 Jahre! Ihre Gattin, Herr Schleggel, ist doch 43, wenn ich mich nicht irre.«
    »Was soll das?«
    »Die Baroneß Pamela ist 26 Jahre alt. Das ist eine Differenz von 17 Jahren – für eine Frau eine sehr kritische Differenz. Vor allem aber bei einem Mann, der sich so jugendlich fühlt wie Sie, Herr Schleggel.«
    »Sie sind ein Schwein!«
    »Aber meine Herren!« Meerbach klopfte mit dem Fingerknöchel auf den Tisch. Sein Gesicht war etwas bleicher geworden. Die Worte, mit denen sich Baumgart einführte, schienen nicht dazu angetan, auf lange Verhandlungen zu hoffen. »Wir wollen doch sachlich bleiben! Schließlich geht es ja um Geld.«
    »Um Ihr Geld.«
    »Im übertragenen Sinne auch um Ihres, Herr Baumgart. Sie sind ja schließlich hier, um mit dem Geld einen Taschenwechsel
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