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Auf die Freundschaft!

Auf die Freundschaft!

Titel: Auf die Freundschaft!
Autoren: Annika Bühnemann
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und legte ihn in meinem Kopf unter „Dinge, über ich die ich später noch mal nachdenken werde“ ab. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es jetzt schon Drei war. Mal davon abgesehen, dass ich mutig genug war, die Nacht hier zu verbringen – ich hätte große Schwierigkeiten gehabt, zu fliehen: Ich hatte kein Auto hier, die Busse fuhren noch nicht, und für ein Taxi hatte ich nicht genug Geld. Zu allem Überfluss machte ich mit meinem Aussehen einer drogenabhängigen Prostituierten ernsthafte Konkurrenz. Meine Haare sahen aus, als nistete eine Horde Vögel darin, mein Kajal war verschmiert und mein Kleid lag zerknittert auf der Treppe. Welcher Taxifahrer würde so eine Irre schon mitnehmen, und das ohne Geld?
    Also legte ich mich wieder hin, drehte mich auf die Seite und blickte in das nachtschwarze Zimmer, bis der Schlaf mich übermannte.
     
    Lutz weckte mich am nächsten Tag tatsächlich mit einem Frühstück. Es war bereits hell draußen, als mir der Kaffeeduft in die Nase stieg und ich meine Augen wieder öffnete. Eine frische Tasse Kaffee stand auf meinem Nachttisch, und unten in der Küche hörte ich Teller klimpern. Schnell rekonstruierte ich den vergangenen Abend: Theater auf der Bühne, Tanz in den Betten, Tiefschlaf in später Nacht.
    Ich trank in Ruhe den Kaffee aus. Draußen hörte ich eine Amsel zwitschern, die direkt vor dem Zimmer auf einem Baum sitzen musste, und im Hintergrund schlugen Kirchenglocken, die willige Christen an diesem Sonntagmorgen zu sich riefen. Ich ging ins Badezimmer und duschte lange und heiß. Als ich das Handtuch um meinen Körper gewickelt hatte, überlegte ich, ob ich das rote Kleid wieder anziehen sollte. Sicherlich roch es nach Schweiß und Sekt. Ein kleiner Ekelschauer durchströmte mich bei dem Gedanken. Aber auf dem Bett lagen bereits eine Jogginghose und eine Sweatjacke aus Nickistoff. Er kümmerte sich wirklich gut um mich, das musste ich ihm lassen.
     
    Unten angekommen begrüßte der Doktor mich mit einem gut gelaunten „Guten Morgen!“. Kein peinliches Wegschauen, keine unangenehme Stimmung. Ich entspannte mich sogleich.
    „Gut geschlafen?“
    Ich nickte nur und schlürfte meinen zweiten Kaffee, den Lutz mir hinstellte.
    Wie ich es mir gedacht hatte, trug er ein weißes Hemd mit einer dunkelblauen Krawatte und eine dunkelgraue Stoffhose. Er setzte sich neben mich an den kleinen Tresen in der Küche und wir unterhielten uns über die gestrige Vorstellung. Plötzlich war es wieder da, dieses leichte Gefühl einer guten Unterhaltung. Keine betretene Stille, wie ich es befürchtet hatte, sondern ein angeregter Austausch zwischen zwei Erwachsenen.
    „Ich möchte mich für den gestrigen Abend bedanken.“ Lutz nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse und sah mich nachdenklich an.
    „Zuerst hatte ich offengestanden Zweifel, ob es eine gute Idee war, dass wir zusammen ins Theater gehen. Ich möchte Berufliches und Privates nicht vermischen. Aber seit ich dich das erste Mal gesehen habe, habe ich gespürt, dass wir auf der gleichen Wellenlänge sind.“
    „Und warum warst du gestern so schockiert, dass ich dich duzen wollte?“
    Er lächelte und schüttelte leicht den Kopf, so als habe ihn ein kleines Kind etwas Lächerliches gefragt.
    „Schockiert ist sicherlich nicht das richtige Wort. Ich sagte doch bereits, dass ich Privates und Berufliches nicht vermischen möchte. Erst duzen wir uns privat, dann rutscht es dir auf der Arbeit raus und schon weiß die ganze Schule von unserer Nacht. Das darf nicht geschehen und das wollte ich verhindern. Du darfst es niemandem erzählen. Schließlich willst du sicher nicht, dass ich sonst Konsequenzen ziehen muss.“
    War das eine Drohung? Ich konnte es nicht einschätzen, aber ich wollte mir auch nicht den Kopf darüber zerbrechen. Schließlich war ich die Letzte, die mit einer Nacht mit dem Chef prahlen würde.
    „Wenn ich dir sonst noch etwas Gutes tun kann? Noch ein Brötchen? Mehr Kaffee?“ fragte er.

Kapitel 3
     
    Es war alles wie immer, als ich am Montag wieder im Büro erschien. Lutz verhielt sich nicht anders als sonst und auch ich bemühte mich, mir nichts anmerken zu lassen. Lutz beauftragte mich, ein paar Briefe zu verfassen und legte mir einen Stapel Papiere auf den Tisch. Ich war gerade bei der Hälfte des Stapels angelangt, als ich einen Zettel sah, der sich von den übrigen unterschied. Es war ein weißes Blatt Papier auf dem mit Kugelschreiber drei Worte standen:
     
    Morgen Essen? Lutz
     
    Ich
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