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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick
Autoren: D Wallace
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leidtat, und zwar alles, und ich wollte Versprechungen machen und wieder gut sein und sie wieder als Freundin in meinem Leben haben.
    Aber da gab es so viel zu sagen.
    Also überlegte ich einen Moment, dann ging ich auf Facebook, wo ich Sarah eine Freundschaftsanfrage schickte.
    Und hoffte, diese zwei Worte sagten alles.
    »Der Koch muss keine schöne Frau sein.«
    Altes Sprichwort der Shona, Simbabwe
    Eure Kommentare waren sehr lustig.
    Ich weiß, ich erzähle Euch nicht viel. Ortsnamen, Ereignisse, ja, Namen nicht so sehr. Und es tut mir leid, dass ich Euch meinen großen Plan noch nicht verraten kann.
    Aber wenn Ihr diesen Blog von Anfang an verfolgt habt, konntet Ihr es vielleicht schon erraten.
    Heute Morgen saß ich im Bus und dachte über alles nach. Vor uns hatte es irgendwo einen Unfall gegeben – Krankenwagen, Polizei, jemand auf einem Motorrad, glaube ich, die ekelhaften Gaffer machten lange Hälse, um was zu erkennen. Ich war langsam zu dem Schluss gekommen, dass ich aufhören sollte, mich nach Momenten zu sehnen, die vorbei sind, und die nutzen, die da sind.
    Würde man das so sagen? Sie »nutzen«? Es klingt komisch, aber ich weiß nicht, wie ich es sonst sagen soll.
    Also habe ich mich noch mal mit unserem Personalchef über die Idee unterhalten. Offenbar gibt es »Mittel und Wege«. Mum lobt immer meine praktische Ader. Dad mochte meine Risikobereitschaft. Aber nach diesem letzten Jahr … mit Dad, mit »ihm« …
    Ich hege übrigens keinen Groll gegen »ihn«. Denn im Grunde, wenn ich es recht bedenke, hat es mich nur stärker gemacht. Ich würde jetzt nicht überlegen, ob ich etwas unternehmen oder ob ich hier verschwinden sollte, ohne dieses Jahr, auch wenn ich es mir nicht ausgesucht hätte.
    Ich glaube, man kann sich verbiegen oder am Leben zer brechen.
    Als ich heute Morgen in der Charlotte Street aus dem Bus stieg, fiel mir mein Fotoapparat wieder ein. Hätte ich diesen Film, diese Erinnerungen entwickeln lassen? Ja, hätte ich. In einem schwachen Moment. Aber ich stelle mir gern vor, ich wäre stark geblieben und hätte die Entscheidung getroffen, es nicht zu tun.
    Es ist das Jahr, in dem ich eigene Entscheidungen treffen muss. Aber: Werde ich es tun?
    Vielleicht bin ich nur in Wochenendstimmung, aber sollte ich es tun, verspreche ich, weit offener zu Euch zu sein. Ihr habt es verdient. Und als Wiedergutmachung für meine Ge heimniskrämerei werde ich Euch in einem selbstlosen Akt der Freundschaft ein peinliches Geheimnis anvertrauen.
    Vielleicht verrate ich Euch sogar meinen Namen.
    Sx

vierundzwanzig
    Oder: › › Children Go Where I Send Thee ‹ ‹
    Das Wochenende war vorbei, und einmal mehr schleppte ich einen Haufen Bücher den Korridor zu Raum 3 Gc hinunter. Hin und wieder kicherte jemand.
    »Oi, Sir, machen Sie mal wieder was wahr?«, rief Trey Stoddard.
    »Verpiss dich!«, sagte ich, denn ich bin Aushilfslehrer, und keiner hat mir gesagt, dass ich das nicht darf.
    Trey schlug sich auf die Schenkel, dann rannte er los, um seinen Freunden davon zu erzählen.
    »Jason«, sagte eine Stimme hinter mir, die trippelnd näher kam. Es war Mrs Woollacombe. »Laura sucht nach Ihnen.«
    Laura? Mrs Abercrombie? Wozu? Um mir mehr Arbeit anzubieten? Oder um mir zu sagen, dass meine Arbeit hier getan war? Ich hatte einen Vertrag mit dem St. John’s, aber bisher deutete nichts darauf hin, dass er befristet war. Ich seufzte vor mich hin. Falls es hier keine Arbeit mehr gäbe, hieße das für mich: eine Schule in der Innenstadt, andere Gesichter, längere Fahrten, kürzere Abende.
    »Ich werde in der Pause mal kurz zu ihr rübergehen«, sagte ich.
    Die Kinder waren heute nett. Ich bildete mir gern ein, ich hätte sie vielleicht mit meinen Weisheiten bei der Schulversammlung beruhigt, aber wahrscheinlich waren sie nur kaputt vom Sport. Aber sie waren aufmerksam, und als ich sie bat, ihre Bücher aufzuschlagen, taten sie es ohne Protest und ohne Seufzer, und nun saßen wir still da, und ich hörte ihnen beim Lesen zu.
    Dann, ohne Vorwarnung, aus heiterem Himmel, gab es draußen ein Geräusch. Ich zuckte zusammen, fing mich aber schnell wieder.
    Es war laut und kurz gewesen. Vielleicht eine Fehl zündung oder ein knallender Mülleimerdeckel oder sonst irgendein Krach. Ein paar Kinder sahen hinaus, machten lange Hälse, um die Straße abzusuchen, doch ich suchte die Fenster der Mietskaserne ab.
    Nichts.
    Ich wandte mich der Klasse zu, die schon wieder mit Lesen beschäftigt war.
    Auch ich machte mich
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