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Atemlos

Titel: Atemlos
Autoren: Bagley Desmond
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daß es besser war, wenn so wenig Menschen wie möglich davon erführen. Am allerwenigsten Paul. Ich sagte vorsichtig: »Wissen Sie, wenn Zeitungsleute in Eile sind, unterlaufen ihnen meistens Ungenauigkeiten. In einigen Tagen werden wir eine Pressekonferenz abhalten, und im Augenblick hobele ich mit Paul noch unsere für die Öffentlichkeit bestimmten Erklärungen glatt. Es muß ja alles stimmen. Es ist mir lieber, wenn er nicht gestört wird, bis es so weit ist.«
    Sie nickte verständnisvoll. »Ja, natürlich«, sagte sie. »Ich kenne ja meinen Paul. Es ist sicher besser so.«
    »Sie werden Veränderungen an Paul feststellen«, sagte ich. »Er ist ganz anders geworden.«
    »Wie anders?«
    Ich zuckte die Achseln. »Ein besserer Mensch.«
    Aber darauf konnte sie sich keinen Reim machen. »Waren Sie mit Paul zusammen, als die …« Sie hatte Hemmungen. »… als die Leiche gefunden wurde?«
    »Ja. Auch Mr. Byrne. Wir halfen Paul bei der Bestattung.« Ich verzichtete auf die Bemerkung, daß wir ihm zweimal geholfen hatten.
    »Wer ist dieser Byrne?«
    Ich lächelte versonnen. »Ein Mann, der schwierig zu beschreiben ist. Man könnte sagen: ein weißer Targui. Aber viele Tuareg sind so weiß wie wir. Er sagt immer, früher wäre er einmal Amerikaner gewesen. Ein wirklich feiner Kerl. Ihr Bruder verdankt ihm viel.«
    »Sie auch, nicht wahr?«
    Ich wechselte das Thema. »Sie arbeiten immer noch als Sekretärin bei Andrew McGovern?«
    »Ja.«
    »Sie müssen mir einen Gefallen tun. Ich möchte ihn kennenlernen.«
    »Das läßt sich leicht machen.«
    »Wie ich mir das vorstelle, ist es vielleicht doch nicht so leicht. Ich möchte ihn nicht in seinem Büro kennenlernen, und außerdem ohne daß er weiß, wer ich bin. Die Sache müßte diskret gehandhabt werden – ein Kundenauftrag.«
    »Das ist allerdings schwierig«, sagte sie nachdenklich. »Zum Essen geht er meistens mit geschäftlichen Besuchern. Wollen Sie ihn nicht zu Hause besuchen?«
    »Ungern. Ich finde, man soll nicht geschäftlich in anderer Leute Privatwohnungen eindringen.« Edel gesagt. In Anbetracht der Tatsache, daß ich vorhin aus heiterem Himmel bei Jack Ellis hineingeplatzt war und nun in Alix Aarviks Wohnung saß, war das eigentlich eine Unverschämtheit. Aber das merkte sie nicht.
    »Für übermorgen mittag hat McGovern keine Verabredung. An solchen Tagen ißt er fast überhaupt nie, und bei schönem Wetter geht er dann immer im Park von Lincolns Inn spazieren. Wenn es nicht regnet, wird er sicher dort anzutreffen sein. Würden Sie ihn erkennen?«
    »Sicher.«
    Sie breitete die Hände aus. »Also bitte – bedienen Sie sich.«
    Ich wollte mich verabschieden, aber sie sagte noch: »Wann darf ich Paul sehen?«
    »Bald. In einer Woche vielleicht, allenfalls in zehn Tagen.« Wenn ich in zehn Tagen nicht in der Hand hatte, was ich suchte, würde ich es wahrscheinlich nie in die Hand bekommen.
    Ich überließ Ellis nicht die ganze Arbeit. So verbrachte ich zum Beispiel einen höchst ergiebigen Vormittag im Zentralstandesamt, und auf dem Weg zu meiner Begegnung mit McGovern stattete ich dem Buchladen von Hatchards einen Besuch ab und blätterte die jüngste Ausgabe von Whitaker's Almanach durch. Ich fand dort zwar auf Anhieb, was ich suchte, aber ich kaufte den Almanach trotzdem. Er paßte ganz gut zu meiner Indizienakte.
    Acht Tage später hatte ich alles zusammen, was ich brauchte. Abends rief ich Ellis zu Hause an. »Geben Sie mir Bescheid, sobald Lord Brinton das nächste Mal in unseren Laden einreitet.«
    »Okay, Max.« Da klang viel Vorfreude mit. Oder war es Schadenfreude?
    Von da an rührte ich mich nicht vom Telefon.

33. Kapitel
    Ich drückte auf den Knopf im Lift und schwebte zu dem Stockwerk hoch, das die Geschäftsräume der Stafford Sicherheits-Beratungs-GmbH beherbergte. Neben mir im Aufzug stand eine von unseren jungen Stenotypistinnen; vermutlich war sie zum Zigaretten- oder Schokoladeeinkaufen oder sonst etwas Unerlaubtem aus dem Haus gewesen. Sie sah mich an und sah weg, sah mich wieder an und meinte nun sicher, irgendwie müßte sie mich doch kennen, kannte mich aber nicht. Das lag wohl am Bart.
    Ich trat in die vertrauten Gänge, marschierte am Empfang vorbei und schnurstracks auf mein Büro zu. Barbara, die Empfangsdame, rief hinter mir her: »Hören Sie mal, Sie können doch nicht einfach …«
    Ich drehte mich um und grinste sie an. »Erkennen Sie Ihren eigenen Chef nicht mehr?«
    »Ach, Mr. Stafford!« rief sie, aber da war ich
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