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Atemlos

Titel: Atemlos
Autoren: Bagley Desmond
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er lächelte nicht.
    »Als Zugabe könnten wir noch ein bißchen Rädern und Vierteilen ins Programm nehmen. Ich hab' die Nase voll von diesem Andrew McGovern. Sie bekommen Ihren Vertrag erneuert und schlagen vielleicht noch etwas mehr heraus.«
    »Ihr Wort in Gottes Ohr«, sagte Charlie. »Der Vertrag mit der Wensley-Gruppe macht zwar nur fünf Prozent von unserem Umsatz aus, aber es geht um mehr. Unsere fixen Kosten lassen sich ja nicht senken, das wissen Sie. Wir müssen wahrscheinlich mit Verzögerungen in unserem Ausweitungsprogramm rechnen.«
    »Es geht alles glatt über die Bühne«, sagte Brinton. »Das verspreche ich Ihnen.« Und damit hatten wir uns zufriedenzugeben. Wenn ein Kunde nicht kaufen will, kann man ihm nun mal nicht die Ware die Gurgel runterwürgen.
    Charlie verabschiedete sich und ging, aber mich hielt Brinton noch zurück. Er nahm mich beim Arm und führte mich vor den Kamin; da stand er nun und wärmte sich die Hände. »Wie geht es Gloria?«
    »Ganz gut«, sagte ich.
    Vielleicht hätte ich mir die Mühe machen sollen, das überzeugender klingen zu lassen, denn er schnaubte und sah mich scharf an. »Ich bin ein erfolgreicher Mann«, sagte er. »Und zwar, weil ich, wenn ein Geschäft in die Binsen geht, einen Rückzieher mache und die Verluste abschreibe. Sie nehmen die Ratschläge eines alten Mannes nicht übel?«
    Ich lächelte. »Das Beste an guten Ratschlägen ist ja immer, daß man ihnen nicht unbedingt folgen muß.«
    Und damit verabschiedete ich mich nun auch und ließ mich von seinem Privataufzug wieder in die überfüllten Londoner Straßen hinabsenken, um zu einem Teil der eilig heimwärtsstrebenden Feierabend-Menschenmenge zu werden. Allerdings hatte ich es mit dem Streben nicht so eilig – denn ich hatte ja kein Heim mehr, nur ein paar Wände und ein Dach. Deshalb ging ich auch lieber in meinen Klub.

4. Kapitel
    Ich fühlte mich schon eine Spur besser, als ich am nächsten Morgen ins Büro kam. Nach langer Abwesenheit hatte ich wieder meinen Fechtklub aufgesucht und mir mit zwei Stunden schwerer Säbelarbeit die Frustration vertrieben. Außerdem wirkt das gegen die Verdickungen in der Taillengegend, die vom allzu vielen Schreibtischsitzen kommen.
    Aber der Schreibtisch stand immer noch da. Also setzte ich mich dahinter und suchte nach den Auskünften über Billson, die ich von Joyce erbeten hatte. Als ich nichts fand, rief ich sie zu mir. »Nichts über Billson gefunden?«
    Sie blickte mich defensiv an. »Schauen Sie doch mal in Ihren Eingangskorb.«
    Es lag ganz unten. Ein Umschlag mit der Aufschrift Billson. Ich grinste sie an. »Als Versuch ganz hübsch, Joyce; aber was vordringlich ist, bestimmt immer noch der Chef.«
    Als Brinton uns damals die Finanzspritze verpaßte und der Laden sich mit fast explosiver Kraft aufzublähen begann, hatte ich mir vorgenommen, wenigstens alle sechs Monate einen Fall selbst zu übernehmen, um nicht den Kontakt mit den Jungs an der Front zu verlieren. In der Arbeitsüberlastung ging freilich auch dieser Entschluß den Weg aller guten Vorsätze, und nun war ich schon fünfzehn Monate lang nicht mehr im Außendienst gewesen. Vielleicht bot der Fall Billson eine Möglichkeit, um festzustellen, ob der alte Schwung noch drin war.
    Ich sagte unvermittelt: »Ich werde wohl Ellis einen Teil meines Schreibtischkrams rüberschaufeln.«
    »Das wird ihm aber nicht sehr gefallen.«
    »Wenn ich unter ein Auto komme und mir ein Bein breche, muß er sogar alles übernehmen«, sagte ich. »Es wird ihm ganz guttun. Erinnern Sie mich daran, sobald er aus Manchester zurückkommt.«
    Joyce ging wieder; ich riß den Umschlag auf und fand einen vier Seiten langen Zeitungsartikel, eine Art Konservendosen-Story vom Leben und Wirken des Luftfahrt-Pioniers Peter Billson – Sonntagsbeilagen-Instant-Wissen, ohne Eigenanstrengung konsumierbar, betitelt Die seltsame Affäre Peter Luftikus. Illustriert war das Œuvre mit alten Schwarzweiß-Fotos, die allerdings, wohl um Leben in die Seiten zu bringen, mit komischen Blau- und Gelbschattierungen koloriert waren; es handelte sich ja bei dieser Wochenendbeilage angeblich um ein Farbmagazin.
    Das Ganze lief auf folgendes hinaus. Billson, symbolischerweise 1903, nämlich im Jahr der ersten Flugversuche, in Kanada zur Welt gekommen, daher zu jung für den Ersten Weltkrieg, war mit den großen Legenden von den Fliegerabenteuern an der Westfront aufgewachsen, und das hatte seine Phantasie aufgeheizt und ihn flugverrückt gemacht.
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