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Atemlos

Titel: Atemlos
Autoren: Bagley Desmond
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früh, gleich als die Bank öffnete, abgehoben.«
    »Aber, Moment mal, bei festangelegten Geldern bedarf es einer Kündigungsfrist von sieben Tagen!«
    Kaye lächelte mitleidig. »Nicht unbedingt. Wenn man über ein Dutzend Jahre ein guter, anspruchsloser Bankkunde war …« Er ließ den Brunnen seiner Erfahrungsweisheit sprudeln. »Männer verschwinden aus vielen Gründen. Manche wollen nichts wie weg von einer Frau, manche wollen nichts wie hin zu einer Frau. Manche haben nur die Schnauze voll von ihrem bisherigen Leben und machen sich einfach dünn. Wollten wir da jedesmal die große Fahndung einläuten, dann hätten wir allein damit schon alle Hände voll zu tun. Die Spitzbuben, hinter denen wir doch eigentlich her sein sollen, lachten sich tot. Ausgefressen hat er doch nichts, oder?«
    »Keine Ahnung. Was meint die Abwehr?«
    »Die Jungs im unauffälligen Trenchcoat?« Kayes Stimme klang von oben herab. »Die meinen, er war sauber. Und ich schätze, da haben sie recht.«
    »Die Krankenhäuser haben Sie wohl überprüft, nehme ich an.«
    »Die in der Nachbarschaft, ja. Routinesache.«
    »Er hat noch eine Schwester – weiß die was?«
    »Eine Halbschwester«, korrigierte er. »Die war vorige Woche hier. Macht einen vernünftigen Eindruck. Hat sich gar nicht groß aufgeregt.«
    »Ich hätte gern die Adresse.«
    Er kritzelte auf einem Notizblock und riß mir das Blatt ab. Ich steckte es in die Tasche und sagte: »Und Sie behalten die Sache mit dem Album im Auge?«
    »Ich mache mir eine Notiz für die Akten«, sagte er geduldig. Aber ich merkte schon, daß er auch das nicht für wichtig hielt.
    Ich kam erst spät dazu, mir irgendwo in der City einen Mittagsimbiß zu genehmigen. Ich rief in der Firma an und gab Joyce Bescheid: »Ich komme heute nicht mehr ins Büro zurück. Gibt's noch irgendwas, was ich wissen muß?«
    »Ihre Frau hat angerufen. Ich soll Ihnen sagen, daß sie heute abend nicht zu Hause ist.« Joyces Stimme war verdächtig kühl und glatt.
    Ich versuchte, mir meinen Ärger nicht anmerken zu lassen; ich hatte es allmählich satt, immer in ein leeres Haus zu kommen. »Na schön, ich hab' noch eine Bitte an Sie, Joyce. Ich brauche alle Sonntagszeitungen vom zweiten November. Zunächst alle überregionalen Zeitungen, und falls es in Luton eine Lokalzeitung gibt, brauche ich die ebenfalls. Schneiden Sie mir alles aus, was mit Billson zu tun hat, und wenn nichts drin steht, gehen Sie alle Tageszeitungen der Woche davor durch. Was Sie finden, möchte ich morgen früh auf dem Schreibtisch sehen.«
    »Das ist aber eine Strafarbeit!«
    »Besorgen Sie sich eine Hilfskraft, wenn's unbedingt sein muß. Und sagen Sie Malleson, daß ich pünktlich um vier im ›Inter City Building‹ zur Vorstandssitzung erscheine.«

3. Kapitel
    Ich weiß nicht mehr so genau, ob ich Brinton damals gut leiden mochte oder nicht. Brinton war schwer einzuschätzen. Von einem kommunikativen, gesellschaftlichen Leben konnte bei ihm kaum die Rede sein. Wenn man's genau betrachtete, war er eigentlich nur eine Geldmaschine, aber als solche funktionierte er fabelhaft. Sein Gehirn arbeitete jedenfalls nicht wie bei normalen Menschen. Wenn es um ein neues Projekt ging, hörte er sich alle Argumente dafür und dagegen an, wie sie ihm von seinen Finanz- und Rechtsexperten, die er regimentsweise beschäftigte, vorgetragen wurden, und dann traf er seine Entscheidung. Meistens standen seine Entscheidungen in keinerlei Zusammenhang mit den Expertenvorträgen, aber möglicherweise sah er auch Zusammenhänge, die normal denkenden Menschen verschlossen blieben. Wie auch immer, manchmal wirkten seine unternehmerischen Erfolge so verblüffend wie Kaninchen, die ein Zauberkünstler aus dem Zylinder zieht. Im Rückblick sah das dann immer alles ganz logisch aus – nur, bei ihm beruhte es auf Vorausblick. Und damit war er reich geworden.
    Als ich damals mit Charlie Malleson das Unternehmen auf die Beine gestellt hatte, das schließlich als Stafford-Sicherheits-Beratungs-GmbH firmierte, bissen wir uns bald an den Problemen die Zähne aus, die üblicherweise alle kleinen Läden befallen, die sich gern zu großen Läden mausern möchten: Es gingen uns verteufelt viele Geschäftschancen durch die Lappen, weil wir uns nicht richtig bewegen konnten, denn unsere Finanzdecke war zu kurz. Da war dann eben Lord Brinton mit seiner Kreditspritze eingesprungen – was er sich mit einem Fünfundzwanzig-Prozent-Happen von unseren Anteilen honorieren ließ. Im
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