Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Atemlos

Titel: Atemlos
Autoren: Bagley Desmond
Vom Netzwerk:
Er wurde Mechanikerlehrling und baute mit einundzwanzig sein erstes Flugzeug. Nicht sehr funktionstüchtig: Es stürzte ab. Er hatte überhaupt viel Pech. Das goldene Zeitalter der Luftfahrt hatte längst begonnen, viel Lorbeeren waren nicht mehr zu gewinnen. Wer jetzt noch als Luftfahrt-Pionier aufsteigen wollte, mußte Geld oder einen Mäzen haben, und Billson fand weder das eine noch das andere. Dann, Ende der zwanziger Jahre, machte Alan Cobham mit seinen Flügen in den Fernen Osten, nach Australien und Südafrika Schlagzeilen; 1927 Lindbergh mit seiner Atlantik-Überquerung, und schon kam auch Byrd mit seiner Nord- und Südpol-Eroberung. Die dreißiger Jahre begannen, und Wolkenritter wie Amy Johnson, Jim Mollison, Amelia Earhart und Wiley Post flogen alle noch übriggebliebenen Rekorde gleich en gros ein – und Billson war immer noch nicht hochgekommen.
    Erst in der nächsten Phase war endlich auch er dabei. Rekordflüge waren ja schön und gut gewesen, nunmehr aber galt es, auch kommerziell nutzbare Flugrouten zu erschließen – als Auftakt für Phase drei, den regulären Luftverkehr. Zeitungen, die vom weitgespannten Interesse der Öffentlichkeit profitieren wollten, traten als Veranstalter von Langstrecken-Wettflügen auf, wie zum Beispiel die England-Australien-Rallye von 1934, die Scott und Campell-Black gewannen. Billson schaffte den zweiten Platz in einem Luftrennen von Vancouver nach Hawaii und siegte schließlich sogar bei einem der ersten Luftpost-Rallyes, von Vancouver nach Montreal. Nun hatte er es endlich geschafft, er war dabei – ein echter Luftheld und Vogelmensch. Die Begeisterung, die diesen ersten Flugpionieren entgegenschlug, läßt sich heute gar nicht mehr ermessen, unsere Astronauten erregen längst nicht die gleiche Aufmerksamkeit.
    Etwa um diese Zeit bekam Billson von einem cleveren Reporter den Spitznamen Peter Luftikus angehängt, was ganz gut für die Publicity war, und Billson hatte wohl auch Sinn dafür, denn er übernahm den Gag sofort und taufte die Northorp-Gamma, mit der er an der Flugrallye London-Kapstadt 1936 teilnahm, auf den Namen Luftikus. Kurz zuvor war sein Sohn Paul zur Welt gekommen. Die Northorp-Gamma war eines der ersten Ganzmetall-Flugzeuge.
    Auch diese London-Kapstadt-Rallye wurde von einer großen Londoner Tageszeitung veranstaltet, die kräftig die Werbetrommel rührte und als Extrasensation verkündete, alle Wettflugteilnehmer seien für den Katastrophenfall mit hunderttausend Pfund versichert.
    Das Pilotenrennen begann, Billson landete in Algier zum Auftanken zwischen und startete zum Weiterflug in Richtung Süden.
    Er und die Luftikus wurden nie wiedergesehen.
    Billsons Frau – sie hieß Helen – traf diese Meldung natürlich hart. Erst Wochen später war sie in der Verfassung, ihre Versicherungsansprüche anzumelden. Der Zeitungsverlag verwies Helen Billson an die zuständige Versicherung – und die stellte sich auf die Hinterbeine. Hunderttausend Pfund waren auch 1936 eine Menge Geld. Die Versicherung erklärte sich schlankweg zahlungsunwillig – und Helen Billson strengte einen Prozeß an.
    Ein Südafrikaner namens Henrik van Niekirk sorgte für eine Sensation im Gerichtssaal. Der Zeuge beschwor, vier Wochen nach der Flugrallye Billson bei bester Gesundheit in Durban gesehen zu haben. Das war ein Skandal, und die Zeitungsauflagen dürften ums Doppelte gestiegen sein. Der Staatsanwalt nahm Niekirk hart in die Mangel, aber Niekirk hielt sich gut. Er hatte Billson früher schon, auf einer Kanada-Reise, kennengelernt und wies jeden Zweifel an seiner Identifizierungsfähigkeit weit von sich. Hatte er in Durban mit Billson gesprochen? Nein, das allerdings nicht.
    Alles blieb in der Schwebe.
    Die Geschworenen berieten lange – und setzten die Versicherung ins Recht. Keine hunderttausend Pfund für Helen Billson. Berufung. Das Urteil wurde aufgehoben – aus einem Verfahrensgrund: Der Gerichtsvorsitzende hatte es bei der prozeßrechtlichen Unterweisung der Geschworenen an der rechten Unparteiigkeit seiner Darlegungen fehlen lassen. Darauf brachte die Versicherung den Fall noch vors Oberhaus, das sich aber für unzuständig erklärte. Und Helen Billson bekam endlich ihr Geld. Ob es ihr Glück und Segen brachte, darüber ließ der Autor des Reports nichts verlauten.
    Soweit die nackten Tatsachen. Der Ton freilich, in dem die Story von der Seltsamen Affäre Peter Luftikus hier beschrieben wurde, war alles andere als sachlich. Im Gegenteil. Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher