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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill
Autoren: Mo Hayder
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aus der Stadt an die Stelle gekommen war, wo sie ermordet worden war.
    Zoë und Ben gingen am Kanal entlang, ohne zu reden. Von Zeit zu Zeit blieb einer von ihnen stehen und spähte in das Gebüsch auf der rechten Seite des Weges oder hinunter in das undurchsichtige Wasser des Kanals, immer in der Hoffnung, etwas Wichtiges zu sehen, das den Teams entgangen war. Als sie ungefähr eine Viertelmeile weit in die Stadt zurückgegangen waren, blieb Zoë an einem kleinen Tor in einer Mauer stehen. Die hölzernen Äste einer Glyzinie ragten darüber, und die herabhängenden violetten Blütentrauben öffneten sich gerade erst. Das Tor führte nach Sydney Gardens hinein. Wahrscheinlich war Lorne hier auf den Leinpfad gekommen. Zoë und Ben standen einander mit gesenktem Kopf gegenüber und betrachteten den Flecken Erde zwischen ihnen.
    »Ist es das, was sie an den Schuhen hatte?«, fragte er.
    »Die Farbe ist die gleiche.«
    Ben hob den Kopf und ließ den Blick über den Pfad wandern. Pfützen glänzten im Kies. Am Tag zuvor hatte es geregnet, aber jetzt ließ die Sonne das Wasser verdunsten. »An vielen Stellen in Bath findet man Erde von dieser Farbe. Das ist der Kalkstein im Boden.«
    Zoë beäugte die Pfützen und dachte an die Schuhe. Ballerinas. Zum Gehen eigentlich ungeeignet, doch die Mädchen trugen sie in letzter Zeit alle.
    Ben schob die Hände in die Taschen und blinzelte zum Himmel hinauf. »Und?«, fragte er leise. »Was glaubst du, was unter der Plane ist?«
    »Boss?« Detective Corporal Goods, der zum Team gehörte, kam den Weg entlang auf sie zu und winkte, um sie auf sich aufmerksam zu machen. »Ich hab da eine Frau, die mit Ihnen sprechen will.«
    »Eine Frau?«
    »Von einem der Wohnboote. Ein paar der Eigentümer hatten gute Sicht auf den Tatort, bevor die Absperrungen aufgestellt waren. Sie konnten sehen, was los war. Und diese hat die Leiche gesehen – nur kurz. Sie möchte Ihnen was erzählen.«
    »Super.« Zoë ging eilig den Weg hinunter, und Ben kam ihr nach. Ihr schwirrte der Kopf. Es wäre wirklich schön – wirklich schön –, wenn sie einen aufgeklärten Mordfall in ihr Album kleben könnte. Wenn sie vor die Kollegen und vor Lorne Woods Familie treten und verkünden könnte, sie habe den Mörder gefunden. Den Menschen, der ihrer Tochter einen Tennisball in den Mund gerammt hatte. Und der Himmel wusste, was er sonst noch mit ihr gemacht hatte.
    Das Boot lag nicht weit vom Park und mindestens eine Viertelmeile vom Tatort entfernt. Es war bunt bemalt; die Kajüte war mit lauter Blumen betupft, und quer über das Heck war der Name Elfwood geschnitzt. Auf dem Dach, neben dem kleinen Schornstein, stapelten sich Vorräte: Kohlen, Holz, Wasserflaschen, und ein Fahrrad war auch da. Ben klopfte zweimal auf das Dach, sprang dann auf das Achterdeck und bückte sich, um in die Kabine zu schauen. »Hallo?«
    »Ich bin hier«, sagte eine Stimme. »Kommen Sie rein.«
    Ben und Zoë stiegen die Treppe hinunter und zogen die Köpfe ein, um an der niedrigen Decke nicht anzustoßen. Es war, als steige man in Aladdins Höhle – jede Oberfläche, die Decke, die Wände, die Schränke, alles war mit holzgeschnitzten Baumnymphen geschmückt. Vor den Fenstern hingen glitzernde Gardinen in Violett- und Rosatönen, und es roch nach Katzen und Patschuli-Öl. Nicht viel Sonne drang herein, nur so viel, dass sie eine Frau von etwa fünfzig Jahren mit sehr langen, hennaroten Locken sehen konnten, die mit einer selbstgedrehten Zigarette in der Hand vor dem Schott saß. Sie trug einen Blumenkranz im Haar und ein weites, am Hals geschlossenes Samtcape, das so weit aufklaffte, dass man eine Spitzenbluse und einen mit winzigen goldenen Spiegeln bestickten Rock erkennen konnte. Ihre nackten Beine und die Füße, die in Sandalen mit Gummisohlen steckten, waren sehr weiß, so weiß wie die Gläser mit Entenschmalz, die man im Sommer reihenweise auf dem Französischen Markt in Bath sehen konnte.
    »Gut.« Sie nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette. »Schön zu sehen, dass die Polizei mal was Sinnvolles tut, statt Unschuldige zu verhaften.«
    »Ich bin Detective Inspector Benedict.« Zoë streckte die Hand aus. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Die Frau klemmte die Zigarette zwischen die Lippen und schüttelte ihr die Hand. Sie blinzelte durch den Rauch und taxierte Zoë. Nach ein paar Augenblicken war sie anscheinend zufriedengestellt. »Amy«, sagte sie. »Und er? Wer ist er?«
    »Detective Inspector Ben Parris.« Ben reichte
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