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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S.
Autoren: Greg Iles
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Sie das wohl kaum getan hätten, wenn Sie sie ermordet hätten.«
    »Worauf Sie sich verlassen können.«
    »Andererseits sagen mir einige Leute, daß so etwas durchaus schon vorgekommen ist. Öfter, als man glauben könnte. Ist das einer dieser seltsamen Fälle, Mr. Cole?«
    »Es war dumm von mir, Sie anzurufen«, sage ich und meine es auch so. »Miles hatte recht.«
    »Miles und wie weiter?« Nach dieser Frage stelle ich mir vor, wie Mayeux einen Kugelschreiber über ein Notizbuch hält.
    »Brauche ich einen Anwalt, Detective?«
    »Was?« Drewe steht auf, läuft schnell zum Schrank und zieht sich einen Morgenmantel über.
    »Immer mit der Ruhe«, sagt Mayeux. »Mein Gefühl verrät mir, daß Sie nur ein verantwortungsvoller Bürger sind, der das Richtige tun will und sich dabei verheddert hat. Ich sage Ihnen gleich, das passiert öfter, als es eigentlich der Fall sein sollte. Aber wenn Sie einen Anwalt hinzuziehen wollen, bringen Sie ruhig einen mit.« Er hält einen Herzschlag lang inne. »Doch wenn Sie meinen Rat hören wollen, ich würde mir das Geld sparen. Wir wollen nur erfahren, was Sie wissen, Mr. Cole. Wenn Sie nichts zu verbergen haben, brauchen Sie auch keinen Anwalt.« Mayeux’ Stimme wird leiser. »Außerdem ist der erste Eindruck immer sehr wichtig. Für gewisse Leute werden Sie viel unschuldiger wirken, wenn Sie nicht von Anfang an einen Anwalt dabei haben.«
    Eins ist sicher. Detective Michael Mayeux ist nicht Polizist geworden, weil es ihn auf einen Krabbenkutter zufällig nach New Orleans verschlagen hat. Er versteht sich darauf, Leute dazu zu bringen, das zu tun, was er von ihnen will. Dieses Talent habe ich mit ihm gemeinsam, und ich stelle diese Tatsache fest, wie ein guter Kämpfer die Stärke eines möglichen Gegners einschätzt.
    »Ich nehme an, Sie möchten, daß ich mit Sheriff Buckner nach New Orleans fahre?«
    »Nein, Sir. Kommen Sie mit dem eigenen Wagen, fliegen Sie rüber, wie immer Sie wollen. Versuchen Sie nur, es bis Mittag zu schaffen. Ich habe hier unten ein sehr ungeduldiges Publikum.«
    Ich treffe eine schnelle Entscheidung. »Hören Sie, Detective, nach diesem Anruf kann ich sowieso nicht mehr schlafen. Ich spreche mit meiner Frau, ziehe mich dann an und fahre los. Je eher ich aus der Sache raus bin, desto besser fühle ich mich.«
    »Gute Antwort, Mr. Cole.«
    »Wir sehen uns dann so in etwa fünf Stunden.«
    »Ich warte auf Sie.«
    Als ich Drewe die Lage erklärt habe, ist Sheriff Buckners Streifenwagen leise verschwunden. Meine Frau will mich nach New Orleans begleiten, aber ich rede es ihr aus. Zum einem muß sie sich um ihre Patientinnen kümmern. Zum anderen weiß ich nicht, wie tief die Polizei mit ihren Fragen bohren wird. Ich bezweifle, daß es irgendeinem Mann gefallen würde, wenn man in Anwesenheit seiner Frau sein Leben mikroskopisch genau durchleuchtet; denn in letzter Zeit ist eins meiner Geheimnisse – wie die alte Schrotkugel in meiner Wade – immer dichter an die Oberfläche gewandert. Eine mit der richtigen Schärfe gestellte Frage könnte diese Oberfläche glatt durchtrennen.
    Ich ziehe in Betracht, Miles in New York anzurufen und ihm zu sagen, was im Gange ist, sehe dann aber davon ab. In dieser Hinsicht sind Drewe und ich uns einig. Da ich der Polizei den Namen einer EROS-Kundin verraten habe, muß ich mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer Klage rechnen. Ich beruhige mich mit dem Gedanken, daß dieser Vertrauensbruch gerechtfertigt sei, weil ich tödliche Gefahren für andere EROS-Kundinnen wahrnehme, aber wer kann das in den USA der neunziger Jahre schon sagen? Jan Krislov, die sechsundfünfzigjährige Witwe, der EROS gehört, ist im ganzen Land als Anwältin des Rechts auf Privatsphäre bekannt. Sie hat auch mehr Geld als Gott. Und auf jeden Fall bessere Anwälte.
    Doch unter all dieser Besorgnis spüre ich noch tiefere Bedenken. Drewe sieht das ähnlich. Ganz früh in unserem Leben waren Miles Turner und ich fast wie Brüder. Dann haben wir uns viele Jahre lang kaum noch gesehen. Nicht ganz vor einem Jahr trat er wieder in mein Leben und holte mich zu EROS. Erweitere deinen Horizont, sagte mein persönlicher Mephistopheles. Bist du es noch nicht leid, Geld zu verdienen? Stelle dich neuen Herausforderungen. Das macht mehr Spaß, als du gehabt hast, seit wir unsere Babysitterin beschwatzt haben, ihren BH auszuziehen.
    Jetzt habe ich gar keinen Spaß mehr.

3
    L
ieber Vater,
    wir sind am Nachmittag in Michigan gelandet. So grau nach dem dekadenten
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