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Assassini

Assassini

Titel: Assassini
Autoren: Thomas Gifford
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Papst gewählt zu werden, hatte nur eine vergleichsweise simple, ja plumpe Transaktion erfordert, die aber keinen Zweifel am Erfolg ließ: Mit Hilfe des einflußreichen amerikanischen Laien Curtis Lockhardt waren große Geldsummen nach einem ausgeklügelten System unter bestimmten Kardinälen aufgeteilt worden. Salvatore Kardinal di Mona hatte auf diese Weise einen geschlossenen Block sicherer Wähler unter Führung Kardinal D’Ambrizzis gegossen. Mit Geldern zu arbeiten – Bestechungsgeldern, um der Sache den richtigen Namen zu geben – war eine alte Tradition, die schon mehr als einem ehrgeizigen papabile geholfen hatte, sein Ziel zu erreichen. Seit er Papst geworden war, hatte er allerdings versucht, das Verschwörertum und die Pfuscherei und die Verleumdungen und die Heimlichtuerei in der Kurie zu ersticken, so gut es ihm möglich war. Aber er mußte zugeben, daß er in einer stickigen Treibhausgemeinschaft wie der des Vatikans in diesem Kampf auf verlorenem Posten stand. Man konnte die menschliche Natur nicht ändern; ganz bestimmt nicht in einem Palast mit mindestens tausend Zimmern. Calixtus war es nie gelungen, genaue Zahlen zu erfahren, aber das spielte auch keine Rolle: Die offensichtliche Realität war schlichtweg die, daß sich in einigen dieser tausend Zimmer immer und unvermeidlicherweise irgend jemand befand, der nichts Gutes im Schilde führte. Über die Jahre hinweg hatte es sehr an seinen Kräften gezehrt, ständig wenigstens den Anschein zu erwecken, die Intrigen und Machenschaften der Kurie in Grenzen halten zu wollen. Dennoch war dieses Unterfangen fast genauso oft erheiternd wie enttäuschend gewesen. Jetzt aber war es ganz und gar nicht mehr erheiternd.
    Das Bett, auf dem er lag – einst die Ruhestätte des Borgia-Papstes Alexander VI. – war ein prunkvolles Stück, über dessen lange, wechselhafte Geschichte nachzudenken Calixtus stilles Vergnügen bereitete. Alexander VI. hatte dieses Bett zweifellos zu besseren, vergnüglicheren Zwecken benutzt, als er es getan hatte, aber so, wie die Dinge lagen, würde er, Calixtus, immerhin in diesem Bett sterben. Die übrigen Einrichtungsgegenstände des päpstlichen Schlafgemachs konnten nur als chaotisches apostolisches Sammelsurium bezeichnet werden – einige schwedische Möbel jüngeren Datums, die einst im Besitz Pauls VI. gewesen waren; ein Fernseher und ein Videorecorder; riesige gotische Bücherschränke mit gläsernen Türen, die einst Pius’ XII. umfangreiche Sammlung von Nachschlagewerken beherbergt hatten; Tische und Stühle und ein Schreibtisch sowie ein Betschemel, der in einer Vorratskammer aufgestöbert worden war, bedeckt vom Staub zweier oder dreier Jahrhunderte. Es war eine seltsame Umgebung, doch in den vergangenen acht Jahren hatte Calixtus sie sein Heim genannt. Als er dies alles jetzt mit mürrischem Blick betrachtete, empfand er eine gewisse Erleichterung, daß er diesen Kram nicht mit dorthin nehmen mußte, wo er bald ein neues Heim finden würde.
    Langsam schwang er die Beine über die Bettkante und schob die nackten Füße in die Gucci-Slipper. Er erhob sich, schwankte leicht, hielt sich jedoch mit Hilfe eines Gehstocks mit Goldknauf auf den Beinen, den ein afrikanischer Kardinal ihm in weiser Voraussicht vor einem Jahr zum Geschenk gemacht hatte. Er war nicht sicher, welche seiner beiden Krankheiten für welche Symptome verantwortlich waren, aber die Benommenheit führte er eindeutig auf den Hirntumor zurück. Inoperabel, selbstverständlich. Soviel er den Diagnosen der altersschwachen, tatterigen, vatikanerprobten Knochensäger, die ihn behandelten, entnehmen konnte, würde es ein Fotofinish um die Entscheidung geben, welches seiner beiden erkrankten Organe ihn schließlich ins Jenseits befördern durfte: das Herz oder das Hirn. Was Calixtus betraf, war es ihm vollkommen gleichgültig.
    Doch in der Zeit, die ihm verblieb, mußten noch einige Dinge erledigt werden.
    Wer wurde sein Nachfolger?
    Und was konnte er tun, um diesen Nachfolger zu bestimmen?

Malibu
    Schwester Valentine weinte; der Tränenstrom schien nicht versiegen zu wollen, und das widerte sie an. Sie hatte in ihrem Leben schon einige leichtsinnige Dinge getan; sie hatte die Gefahr gesucht und mehr als genug davon gefunden, und sie hatte gelernt, was es heißt, Angst zu haben, wirkliche Angst. Doch es war jene Angst gewesen, die sich aus einer bestimmten Situation ergab; eine spontane, plötzliche Angst, die jeder von Valentines damaligen Freunden und
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