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Asmoduin: Nervensäge aus der Hölle

Asmoduin: Nervensäge aus der Hölle

Titel: Asmoduin: Nervensäge aus der Hölle
Autoren: Jens Schumacher
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Arbeitstag, im Wohnzimmer vor dem Fernseher eingeschlafen war.
    Der Wecker auf dem Nachttisch tickte überlaut, wie um mich daran zu erinnern, dass ich morgen in aller Früh aus den Federn musste.
    Ich ignorierte ihn. Die Neugierde machte mich hellwach. Ich angelte mir zwei Schokoriegel aus dem Geheimvorrat unter dem Bett und kehrte zu den Zahlen zurück.
    Bereits beim Entschlüsseln hatte ich festgestellt, dass es sich um ein Gleichungssystem mit mehreren Unbekannten handelte: Drei Zahlen mussten mithilfe mathematischer Gesetzmäßigkeiten ermittelt werden – eigentlich kein Problem für mich. Teile der Gleichung waren allerdings in Form logarithmischer Funktionen angegeben. Wollte man die Unbekannten herausfinden, musste man zuerst diese Zwischenrechnungen ausknobeln.
    Ich fühlte mich herausgefordert. Schon kratzte mein Bleistift wild über das Papier, meine Backenzähne zermalmten konzentriert Schokolade, Karamell und Erdnüsse. Zwischenergebnisse füllten ein Karoblatt, dann ein zweites …
    Die Gleichung war ein richtiges Biest! Ziffer um Ziffer musste ich mich vorankämpfen. Irgendwann, ich hatte die Zeit längst aus dem Auge verloren, näherte ich mich der letzten Zeile. Zitternd vor Erschöpfung notierte ich x 1 , x 2 und x 3 , gefolgt von drei Gleichzeichen. Dann schrieb ich die drei fehlenden Unbekannten auf, lehnte mich zurück und starrte das Ergebnis an.
    Just in diesem Moment begann draußen vor dem Fenster die Turmuhr der Marktkirche zu schlagen.
    Mitternacht!
    Unvermittelt wurde einer der Glockenschläge von einem dumpfen
Puff
übertönt, etwa so, als würde man ein Fertiggericht in der Mikrowelle erhitzen, ohne vorher den Deckel einzustechen. Und es kam von irgendwo hinter meinem Rücken!
    Ich fuhr herum.
    Noch während ich durch das halbdunkle Zimmer peilte, stieg mir ein eigentümlicher Geruch in die Nase, scharf und stechend und irgendwie verbrannt.
    Alarmiert sprang ich auf. Was konnte sich entzündet haben? Hatte meine nachmittägliche Aktion mit Hammer und Nagel den Stromleitungen in der Wand ärger zugesetzt, als ich geahnt hatte? Mit einem Mal dämmerte mir, wo mir dieser Geruch schon einmal begegnet war: im Chemieunterricht in der sechsten Klasse. Es war Schwefel! Und in einer ganz bestimmten Ecke des Zimmers schien der Gestank am durchdringendsten zu sein.
    Dort, wo die Gerümpeltruhe stand.
    Der Lichtkreis der Arbeitsleuchte erhellte nicht viel mehr als die Schreibtischplatte und den Drehstuhl. Die Truhe, ein klobiges Monstrum aus unbehandelter Eiche, kauerte wie ein sprungbereites Tier in tiefem Schatten. Zögernd ging ich hinüber und lüpfte den Deckel. Fast rechnete ich damit, dass mir gelbe Dampfschwaden entgegenquellen würden. Doch nichts geschah.
    Im Innern der Truhe wirkte alles unverändert. Ein Berg Gerümpel und obenauf: die Maske. Und doch … bei genauerem Hinsehen
hatte
sich etwas verändert!
    Etwas Unsichtbares schien mich aus den Tiefen der Truhe anzustarren. Eine Gänsehaut kroch über meine Unterarme. Plötzlich hatte ich den Eindruck, als wäre ich nicht mehr allein im Zimmer.
    Ein Lufthauch streifte mein Gesicht, als ob etwas hastig an mir vorüberhuschte. Sehen konnte ich nichts, und als ich den Kopf drehte, war nirgendwo im Zimmer etwas Verdächtiges zu erkennen.
    Und dann war die Truhe auf einmal wieder bloß eine Truhe, gefüllt mit den sorgsam gehüteten Kuriositäten eines Dreizehnjährigen. Ich ignorierte das mulmige Gefühl in meiner Magengrube, trat ans Fenster und riss es auf. Kühle Nachtluft strich ins Zimmer, wehte den unerklärlichen Gestank fort.
    Mit schnellen Schritten durchquerte ich das Zimmer und knipste jede Lampe an, die ich finden konnte. Kein Zweifel: So musste es sich anfühlen, wenn Erwachsene sagten, sie seien überarbeitet! Ich war früh aufgestanden, hatte acht Schulstunden abgesessen und am Nachmittag auf dem Trödel unverantwortlich lange Wegstrecken zu Fuß zurückgelegt. Anschließend hatte ich bis Mitternacht in einem ungelüfteten Zimmer gehockt und Rechenaufgaben gelöst. Völlig logisch, dass mir meine Nerven einen Streich spielten, oder?
    Ich beschloss, ins Bett zu gehen. Der Schwefeldunst war verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben. Mir wurde kühl, also schloss ich das Fenster.
    Mit einem letzten Blick auf den Haufen vollgekritzelter Blätter knipste ich die Schreibtischlampe aus. Das Ergebnis der Gleichung verwirrte mich nach wie vor.
    Wer dachte sich eine so vertrackte Gleichung aus, nur damit am Ende
drei Mal derselbe
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