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Ashton, der Heißbluetige

Titel: Ashton, der Heißbluetige
Autoren: Connie Brockway
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Eingangshalle auf noch in einem der kleinen Salons.
    Im Haus sei es warm, erklärte Carr gelassen. Das Gedränge, die Aufregung, der Lärm - sie war, schließlich und endlich, Gesellschaften wie diese nicht gewöhnt. Es war gut möglich, dass sie im Garten, von dem aus man einen wunderschönen Ausblick auf die See hatte, die frische Nachtluft genießen gegangen war. Einige der Gäste erboten sich, ihn auf seiner Suche zu begleiten.
    Die Gärten waren wunderschön. Papierlaternen waren entlang der Einfriedung aufgehängt worden, und kleine Kerzen flackerten lustig in den bunten Glaskugeln, die die Pfade säumten. In einer entlegenen Ecke fanden sie einen Schal aus hauchdünner Seide an einem offenen Tor.
    Carr hob ihn mit dem leisen Zungenschnalzen eines pflichtbewussten Ehemannes auf. Seine Gattin, so schien es, hatte eine Vorliebe für das Meer. Mit einem reuigen Schulterzucken wandte er sich zur Burg um und verkündete, auch wenn es ihn dränge, seine Gemahlin zu suchen, so verlange es die Etikette jedoch eindeutig, dass bei einer festlichen Gesellschaft unmöglich alle beiden Gastgeber abwesend sein durften.
    Leicht beschwipst und keineswegs abgeneigt, eine Rolle in dem kleinen häuslichen Drama zu übernehmen, versprachen seine Begleiter, die umherwandernde Dame zu finden. Sie schritten durch das Tor, lachten und riefen ihren Namen, während Carr zurückblieb.
    Eine Stunde später stürzten sie durch die Terrassentüren in den Ballsaal. Mit verrutschten Perücken und in Unordnung geratener Kleidung standen sie zitternd am Rande der Tanzfläche, ernüchtert, bestürzt und die Gesichter gerötet.
    Langsam verebbte die Unterhaltung. Nach und nach wandte sich jeder erst ihnen zu, dann unwillkürlich ihrem Gastgeber. Die, die Carr am nächsten standen, traten zurück, ließen ihn allein in der Mitte stehen. Gut aussehend, den Kopf hoch erhoben, das Gesicht angespannt vor schlecht verhohlenen Gefühlen, verlangte er eine Erklärung von ihnen.
    „Es hat einen Unfall gegeben“, rief einer der aufgelösten Ballbesucher. „Lady Carr. Sie ist von den Klippen gestürzt.“ „Wo ist sie?“ Carr zitterte am ganzen Körper. „Ist sie ... am Leben? Gott, Mann, antworte!“
    Der Gefragte rang um Fassung und schüttelte den Kopf. „Wir haben ihren Körper unten auf den Felsen gesehen. Wir haben versucht, zu ihr hinabzusteigen, aber vergeblich. Die See hat sie geholt.“

1. Kapitel
    London, Whitechapel,
    März 1760
    Lord Tunbridge betrog.
    In dem düsteren, verräucherten Hinterraum der Rose Tavern war den jungen Männern aller Übermut längst vergangen. Zuerst ihre Geldbörsen, dann ihre Schmuckstücke und schließlich auch ihr Erbe waren in Lord Tunbridges Hände übergegangen. Die jungen Herren lümmelten, übel riechend und in Hoffnungslosigkeit versunken, wie sie nur ein vier Tage andauerndes, hemmungsloses Trinkgelage erzeugen konnte, auf ihren Stühlen, während vor ihrem geistigen Auge Schreckensbilder väterlicher Wut oder - schlimmer noch - des Schuldturms vorüberzogen. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis sie aus den Fängen Lord Tunbrigdes entlassen wurden.
    Denn auch wenn sie wussten, dass Lord Tunbridge betrog - niemand hatte ein derart teuflisches Glück -, konnte doch keiner von ihnen sagen, wie. Und ganz gewiss würde niemand es wagen, Tunbridge, einen berüchtigten Duellanten, der nachweislich fünf seiner Gegner getötet hatte, darauf anzusprechen.
    Nur zwei Männer spielten weiter, Lord Tunbridge und Lord Merrick. Eine Schankmagd mit schlaffen Lippen saß auf Tunbridges Schoß, und in der drückenden Hitze des Raumes glitzerten auf ihrer rosa Haut Schweißtropfen, während die Kälte vor der Tür jene, die so unvorsichtig waren, sich draußen aufzuhalten, daran erinnerte, dass der Winter erst seit kurzem vorüber war.
    Tunbridge, dessen Finger, weißen Schlangen gleich, zwischen den Stapeln aus Silber- und Goldmünzen vor ihm hin und her glitten, schenkte dem Frauenzimmer keine Beachtung. Es war kein so großer Haufen Münzen wie jene, die bereits am heutigen Abend an diesem Tisch ihre Besitzer gewechselt hatten, aber es war dennoch eine anständige Summe, genug, die schlimmsten Verluste auszugleichen.
    Tunbridges kalter Blick richtete sich auf sein Gegenüber. Bislang war es Merrick besser ergangen als seinen Gefährten. Es ging das Gerücht, seit er vor wenigen Monaten in London angekommen war, nachdem er zwei Jahre lang als Gast in einem der Gefängnisse Louis XV. verbracht hatte,
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