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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park
Autoren: Lauren Willig
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namens Dove Mountain.»
    Jon riss die Augen auf. «Hey, würdest du mir die Kristallkugel auch mal leihen? Dann könnte ich bei der Lotterie ein Vermögen machen.»
    «Es ist keine Kristallkugel.» Clemmie zog aufs Geratewohl eines der Bilder heraus und reichte es John. «Das ist eines der Bilder aus Grannys Schlafzimmer. Dreh’s um.»
    «Dove Mountain, 1976 », las er. «Aber woher weißt du denn –»
    «Die Handschrift», sagte Clemmie. «Die hatte ich vorher schon mal auf alten Fotos von Bea gesehen. Sie ist hier ein bisschen krakeliger, aber es ist eindeutig dieselbe.»
    Jon betrachtete sie mit unverhüllter Bewunderung. «Hut ab. Das ist erstklassige Detektivarbeit.»
    «Keine Detektivarbeit», widersprach Clemmie. «Zufall. Das Bild war hinten aufgerissen. Ich konnte es praktisch nicht übersehen.»
    Jon sah sich die beschädigte Pappe an. «Das sieht aber nicht aus wie aufgerissen», sagte er. «Eher wie aufgeschnitten.»
    «Und wer hört sich jetzt an wie Nancy Drew?», spottete Clemmie, bevor ihr die Bedeutung seiner Worte aufging. «Jon, Mom hat gesagt, sie hätte sie mir zugedacht. Ausdrücklich.»
    Jon nahm den Ordner auf den Schoß. «Und das hier hatte sie ausdrücklich Anna zugedacht.»
    Ihre Blicke trafen sich. «Ist das nun als Wiedergutmachung oder als Verhöhnung zu verstehen?», fragte Clemmie. «Zu erfahren, dass sie es die ganze Zeit gewusst und ihr nie etwas davon gesagt hat …»
    «Wir wissen nicht, ob das Addies Entscheidung war», hielt Jon ihr vor. «Bea hat da vielleicht auch ein Wörtchen mitgeredet. Sie hatte sich ja zu dieser Zeit völlig neu erfunden. In jeder nur möglichen Weise. Es wäre ihr wahrscheinlich sehr schwer gefallen, ihrer neuen Familie die Existenz einer früheren Familie zu erklären.»
    «Okay. Und wer war sie?» Clemmie war sich nicht sicher, ob sie die Frage richtig stellte. Es ging mehr darum, was für ein Mensch sie gewesen war, diese Frau, die ein Teil von ihr war und doch nicht zu ihr gehörte.
    Jon schaute in seine Unterlagen. « 1972 hat Beatrice Desborough unter dem Namen Elizabeth Goldsmith gelebt. Sie war kanadische Staatsbürgerin und mit einem Amerikaner namens Carl Goldsmith verheiratet. Getraut wurden die beiden 1946 .»
    Wie trocken das klang, nichts als Namen und Daten. «Steht was drüber drin, wie sie hierhergekommen ist?»
    «Nicht viel», sagte Jon. «Aber es gibt eine Militärakte über sie. Sie war im Zweiten Weltkrieg beim Frauenkorps der Kanadischen Luftwaffe. Sie ist geflogen. Aber das ist schon alles. Darüber, wie sie von Kenia nach Kanada gekommen ist, steht hier nichts.»
    Und nichts über ihre Gefühle, nichts darüber, was eine Frau dazu getrieben hatte, spurlos zu verschwinden und ihren Mann und ihre Kinder zurückzulassen. «Hat sie noch andere Kinder gehabt?»
    Jon schüttelte den Kopf. «Nein. Nur Stiefkinder.»
    Ein bestimmter Ton in seiner Stimme rührte sie an. «Hey.» Sie legte ihre Hand auf seine. «Jon …»
    «Warte, das ist noch nicht alles», sagte er schnell. «Schau dir das an.»
    Er entzog ihr seine Hand und nahm eine Fotografie heraus, die dem Bericht beilag. Es war ein Abzug in Standardgröße, ein Schnappschuss, mit einem billigen Apparat aufgenommen. Das Foto war überbelichtet, die Farben hatten einen Stich ins Orange, und die Menschen darauf waren nicht klar zu erkennen. Doch sie konnte immerhin erkennen, dass das Bild an einem Swimmingpool aufgenommen war. Zwei Frauen saßen auf Liegestühlen, die eine in einer Art Kaftan und einem breitkrempigen Sonnenhut, die andere in einem Badeanzug mit Röckchen. Auf einem Tischchen zwischen den beiden waren Gläser und Bücher zu erkennen.
    Clemmie drehte das Foto um. Keine Namen, nur
Dove Mountain, 1974
.
    Auf den Fotos von der Wand hatte
1976
gestanden. «Granny ist eine Zeitlang jedes Jahr in ein Spa nach Arizona gefahren.»
    «Hm», machte Jon. «Ich glaube, du hast ihr Spa gefunden.»
    Clemmie betrachtete das Bild, die zwei Frauen, die so freundschaftlich nebeneinander in der Sonne Arizonas lagen. Der breitkrempige Hut verbarg Beas Gesicht. Auf Grannys Gesicht lag der Schatten des Sonnenschirms. Es gab nichts, woran man hätte sehen können, was sie empfunden, was sie gedacht hatten. Doch Clemmie bildete sich ein, wenn sie die Augen schmal genug zusammenkniffe, könnte sie erkennen, dass die zwei Frauen lächelten.
    Jedes Jahr war Granny Addie im Februar, um die Zeit von Grandpa Fredericks Todestag, nach Arizona gereist. Es war ihre Auszeit.
Besser als
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