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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
Autoren: Bernard Cornwell
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konnte; denn wenn er die Sachsen besiegen wollte, würde er tatsächlich jeden Speer brauchen, den er auftreiben konnte, und deswegen würde er jetzt nichts tun, was seine Chancen auf einen Sieg im Frühling schmälern würde. Er lächelte mir zu, als wollte er damit die scharfe Ablehnung meiner Bitte ausgleichen. »Sollte der Kessel aber doch existieren, kann er auch noch ein bis zwei Jahre in seinem Versteck bleiben«, sagte er. »Bis dahin aber, Derfel, habe ich vor, Euch reich zu machen. Wir werden Euch mit Geld verheiraten.« Er klopfte mir auf den Rücken. »Ein letzter Feldzug noch, mein lieber Derfel, ein letztes großes Töten, dann werden wir endlich Frieden haben. Absoluten Frieden. Und dann brauchen wir keinen Kessel mehr.« Sein Ton war triumphierend. In jener Nacht, mitten unter den Toten, sah er den Frieden tatsächlich vor sich.
    Wir schlenderten auf die Feuer zu, die rund um die römische Villa brannten, in der Ceinwyns Vater Gorfyddyd auf dem Totenbett lag. Arthur war glücklich in jener Nacht, wahrhaft glücklich, denn er sah, daß sich sein Traum erfüllte. Und es schien alles so einfach zu sein. Es würde noch einen letzten Krieg geben und danach ewigen Frieden. Arthur war unser Kriegsherr, der größte Krieger von Britannien, doch in jener Nacht nach der siegreichen Schlacht inmitten der kreischenden Seelen der in Rauch gehüllten Toten, sehnte er sich nur noch nach Frieden. Cuneglas von Powys, Gorfyddyds Erbe, teilte Arthurs Traum. Tewdric von Gwent war sein Verbündeter, Lancelot sollte das Königreich Siluria erhalten, und zusammen mit Arthurs dumnonischem Heer würden die vereinigten Könige von Britannien die eindringenden Sachsen schlagen. Unter Arthurs Protektion würde Mordred Dumnonias Thron besteigen, und Arthur würde sich zurückziehen, um den Frieden und den Wohlstand zu genießen, den Britannien seinem Schwert verdankte. So sah Arthur die Zukunft vor sich. Aber er hatte die Rechnung ohne Merlin gemacht. Merlin war älter, weiser und raffinierter als Arthur, und Merlin hatte die Spur des Kessels gewittert. Er würde ihn finden, und seine Macht würde sich über Britannien verbreiten wie ein Gift. Denn es war der Kessel von Clyddno Eiddyn. Es war der Kessel, der die Träume der Menschen zerbrechen ließ. Und Arthur war trotz seiner praktischen Natur ein Träumer.

    In Caer Sws war das Laub schwer von der Reife des Sommers.
    Da ich König Cuneglas und seine geschlagenen Mannen nach Norden begleitet hatte, war ich der einzige Dumnonier, der anwesend war, als König Gorfyddyds Leichnam auf Dolforwyns Gipfel eingeäschert wurde. Ich sah die Flammen seines Totenfeuers hoch in die Nacht lodern, als seine Seele die Schwerterbrücke überquerte, um zu ihrem Schattenkörper zu gelangen. Das Feuer war von einem Doppelkreis von PowysSpeerträgern umringt, deren brennende Fackeln sich gemeinsam wiegten, als ihre Träger die Totenklage von Beli Mawr anstimmten. Die Männer sangen sehr lange. Ihre Stimmen hallten von den nahen Bergen wider wie ein Geisterchor. Es herrschte große Trauer in Caer Sws. So viele waren zu Witwen und Waisen geworden, und am Morgen nach der Einäscherung des alten Königs, als sein Totenfeuer noch eine Rauchsäule zu den nördlichen Bergen hinüberschickte, gab es noch mehr Grund zur Trauer, weil die Nachricht von Rataes Fall eintraf. Ratae war eine große Festung an der Ostgrenze von Powys gewesen, aber Arthur hatte sie an die Sachsen verraten, um ihnen den Frieden abzukaufen, während er gegen Gorfyddyd kämpfte. Bisher wußte noch niemand in Powys von Arthurs Verrat, und ich erzählte es ihnen nicht. Ceinwyn bekam ich drei Tage lang nicht zu sehen, denn so lange wurde um Gorfyddyd getrauert, und zum Totenfeuer durften die Frauen nicht erscheinen. Statt dessen hüllten sich alle Frauen am Hof von Powys in schwarze Wolle und wurden in ihrer Frauenhalle eingeschlossen. Während der drei Tage gab es in ihrer Halle keine Musik, zu trinken erhielten sie nur Wasser, und ihre einzige Nahrung war trockenes Brot und ein dünner Haferbrei. Draußen vor der Halle versammelten sich die Krieger von Powys zur Akklamation des neuen Königs, während ich, Arthurs Befehlen folgend, in Erfahrung zu bringen suchte, ob jemand Cuneglas das Recht auf den Thron streitig machen würde, doch nirgends vernahm ich ein Wort des Widerspruchs.
    Als die drei Tage vorüber waren, wurde die Tür zur Frauenhalle aufgestoßen. Eine Dienerin erschien in der offenen Tür und streute Gartenraute auf
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