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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
Autoren: Bernard Cornwell
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gestern bewiesen.«
    Ich verzog das Gesicht, denn übertriebene Komplimente verursachten mir stets Unbehagen; doch wenn dieses Lob bedeutete, daß ich der richtige Mann als Arthurs Botschafter in Powys sei, war ich glücklich, denn dort wäre ich wieder in Ceinwyns Nähe. Noch immer bewahrte ich die Erinnerung daran, wie sie meine Hand berührt hatte, genau wie ich die Brosche bewahrte, die sie mir vor so vielen Jahren geschenkt hatte. Noch ist sie nicht mit Lancelot vermählt, sagte ich mir, und alles, was ich wollte, war die Chance, meine unrealistischen Hoffnungen zu nähren. »Und wenn Cuneglas zum König ausgerufen worden ist«, erkundigte ich mich, »was soll ich dann tun?«
    »Ihr wartet auf mich«, bestimmte Arthur. »Ich werde so bald wie möglich nach Powys kommen; wenn wir den Frieden besiegelt haben und Lancelot glücklich verlobt ist, kehren wir nach Hause zurück. Und nächstes Jahr, mein Freund, werden wir die Heere Britanniens gegen die Sachsen führen.« Er sprach mit einer außergewöhnlichen Begeisterung für das Kriegshandwerk. Er war gut im Kampf und genoß die Schlachten wegen der entfesselten Erregung, die sie seiner sonst so zurückhaltenden Seele bescherten, suchte aber niemals den Krieg, solange ein Frieden möglich war, weil er auf das Schlachtenglück nicht bauen konnte. Die Launen von Sieg und Niederlage waren zu unberechenbar, und Arthur haßte es, wenn schöne Ordnung und behutsame Diplomatie den
    Unwägbarkeiten des Kampfes geopfert wurden. Nur würden Diplomatie und Takt die eindringenden Sachsen, die sich wie Ungeziefer westwärts über Britannien verbreiteten, niemals aufhalten. Arthur träumte von einem wohlgeordneten, gerecht regierten, friedlichen Britannien; die Sachsen hatten in diesem Traum keinen Platz.
    »Dann marschieren wir im Frühling?« fragte ich ihn.
    »Sobald sich das erste grüne Laub zeigt.«
    »Dann möchte ich Euch zuvor um eine Gunst bitten«, sagte ich.
    »Und welche?« fragte er, hocherfreut, daß ich mir für meinen Anteil am Sieg etwas wünschte.
    »Ich möchte mit Merlin ziehen, Lord«, sagte ich. Er antwortete nicht gleich. Statt dessen starrte er auf die nasse Erde, auf der ein stark verbogenes Schwert lag. Irgendwo im Dunkeln stöhnte ein Mann, schrie auf und verstummte.
    »Der Kessel«, sagte Arthur schließlich mit schwerer Stimme.
    »Ja, Lord«, bekannte ich. Merlin war während der Schlacht zu uns gekommen, um beide Seiten zu bitten, den Kampf einzustellen und ihn auf der Suche nach dem Kessel von Clyddno Eiddyn zu begleiten. Der Kessel war das kostbarste Kleinod Britanniens, die magische Gabe der alten Götter, und seit Jahrhunderten verschwunden. Sein ganzes Leben widmete Merlin der Aufgabe, jene Kleinodien zurückzuholen, und der Kessel war sein größter Schatz. Wenn er den Kessel finden könne, erklärte er uns, werde er in der Lage sein, Britannien seinen rechtmäßigen Göttern zurückzugeben.
    Arthur schüttelte den Kopf. »Glaubt Ihr wirklich, der Kessel von Clyddno Eiddyn sei während all der langen Jahre versteckt gehalten worden?« fragte er mich. »Während all der langen Römerjahre? Er wurde nach Rom geschafft, Derfel, und eingeschmolzen, um Fibeln, Spangen oder Münzen daraus zu machen. Es gibt keinen Kessel!«
    »Merlin sagt, es gibt ihn, Lord«, widersprach ich.
    »Merlin hört auf Altweibermärchen«, schalt Arthur zornig.
    »Wißt Ihr, wie viele Männer er für seine Suche nach dem Kessel verlangt?«
    »Nein, Lord.«
    »Achtzig, hat er mir erklärt. Oder hundert. Oder, noch besser, zweihundert. Er will nicht einmal sagen, wo sich der Kessel befindet, er will nur, daß ich ihm eine Armee gebe und sie irgendwohin in ein wildes Land marschieren lasse. Nach Irland, vielleicht, oder in die Wildnis im Norden. Nein!« Er versetzte dem verbogenen Schwert einen Fußtritt und stieß mir dann einen Finger tief in die Schulter. »Hört zu, Derfel, im nächsten Jahr brauche ich jeden Speer, den ich auftreiben kann. Wir werden die Sachsen ein für allemal erledigen, deswegen kann ich es mir nicht leisten, achtzig oder hundert Mann bei der Jagd nach einer Schüssel zu verlieren, die vor fast fünfhundert Jahren verschwunden ist. Sobald Aelles Sachsen besiegt sind, könnt Ihr Euch diesem Unsinn widmen, wenn Ihr unbedingt wollt. Aber ich sage Euch, es ist Unsinn. Es gibt keinen Kessel.« Er wandte sich ab und machte sich auf den Rückweg zu den Feuern. Ich folgte ihm, wollte mit ihm diskutieren, aber ich wußte, daß ich ihn niemals umstimmen
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