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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
Autoren: Bernard Cornwell
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Schwelle und Stufen; gleich darauf quoll eine Rauchwolke aus der Türöffnung hervor, die uns verkündete, daß die Frauen das Ehelager des alten Königs verbrannten. Der Rauch drang wirbelnd durch Tür und Fenster der Halle ins Freie, und erst als er sich verzogen hatte, kam Königin Helledd von Powys die Stufen herabgeschritten, um vor ihrem Ehegemahl, König Cuneglas von Powys,
    niederzuknien. Sie trug ein Gewand aus weißem Leinen, das dort, wo ihre Knie den schlammigen Boden berührt hatten, deutliche Schmutzflecken aufwies. Cuneglas hob sie auf und küßte sie; dann geleitete er sie in die Halle zurück. Iorweth, oberster Druide von Powys und heute in einen schwarzen Mantel gehüllt, folgte dem König in die Frauenhalle. Die überlebenden Krieger von Powys, die in dichten Reihen aus Eisen und Leder die Holzwände der Halle säumten, sahen zu und warteten.
    Während sie warteten, stimmte ein Kinderchor das Liebesduett von Gwydion und Aranrhod an, das Lied von Rhiannon und anschließend die endlos langen Verse von Gofannons Marsch nach Caer Idion; und erst als der letzte Gesang verklungen war, trat Iorweth, nunmehr in schneeweißer Robe und mit einem schwarzen, von Mistelzweigen gekrönten Stab in der Hand, vor die Tür, um zu verkünden, die Tage der Trauer seien vorüber. Die Krieger jubelten und lösten sich aus den Reihen, um ihre eigenen Frauen zu suchen. Morgen sollte Cuneglas auf Dolforwyns Gipfel zum König ausgerufen werden, und falls ihm jemand das Recht auf die Herrschaft in Powys streitig machen wollte, so bot ihm diese Ausrufung Gelegenheit dazu. Außerdem würde ich Ceinwyn zum ersten Mal nach der Schlacht wiedersehen.
    Am folgenden Tag starrte ich, während Iorweth die Riten der Akklamation zelebrierte, immer nur Ceinwyn an. Sie stand da und beobachtete ihren Bruder, während ich sie voll Staunen darüber, daß eine Frau so lieblich sein konnte, bewundernd ansah. Jetzt bin ich alt, es ist also möglich, daß meine Erinnerung Prinzessin Ceinwyns Schönheit übertreibt, aber das glaube ich eigentlich nicht, denn nicht umsonst wurde sie seren genannt, der Stern. Sie war von durchschnittlicher Größe, aber sehr grazil gebaut, und da sie so zierlich war, wirkte sie sehr zerbrechlich, ein Eindruck, der, wie ich später erfuhr, gründlich täuschte, denn Ceinwyn besaß einen stählernen Willen. Ihre Haare waren ebenso blond wie die meinen, nur waren die ihren blaßgolden, während die meinen eher die Farbe von schmutzigem Stroh aufwiesen. Ihre Augen waren blau, ihr Auftreten war zurückhaltend und ihr Antlitz so süß wie Honig aus einer wilden Wabe. An jenem Tag trug sie ein blaßblaues Leinengewand, das mit dem silberweißen, schwarz gefleckten Pelz eines Hermelins besetzt war, dasselbe Gewand, das sie getragen hatte, als sie meine Hand berührte und meinen Eid entgegennahm. Ein einziges Mal nur begegnete sie meinem Blick und lächelte verhalten, und ich schwöre, mein Herz hat mindestens einen Schlag ausgesetzt.
    Die Riten der Königs-Akklamation in Powys waren den unseren nicht unähnlich. Cuneglas wurde um Dolforwyns Steinkreis herumgeführt, man überreichte ihm die Symbole des Königtums, ein Krieger rief ihn zum König aus und fragte, ob es einer der Anwesenden wage, die Ausrufung anzufechten. Die Herausforderung wurde mit Schweigen beantwortet. Zwar rauchte hinter dem Steinkreis noch die Asche des großen Totenfeuers und kündete vom Tod eines Königs, aber das Schweigen im Umfeld der Steine bewies, daß nunmehr ein neuer König regierte. Dann wurden Cuneglas Geschenke überreicht. Ich wußte, daß Arthur selbst noch ein grandioses Geschenk überbringen würde; aber er hatte mir Gorfyddyds Kriegsschwert gegeben, das auf dem Schlachtfeld gefunden worden war und das ich nun als Zeichen für Dumnonias Wunsch, Frieden mit Powys zu halten, Gorfyddyds Sohn zurückgeben durfte.
    Nach der Akklamation gab es ein Festmahl in der einsamen Halle, die auf Dolforwyns Gipfel stand. Es war ein karges Mahl, reicher an Met und Ale als an Speisen, aber es bot Cuneglas Gelegenheit, den Kriegern die Hoffnungen zu schildern, die er für seine Herrschaft hegte.
    Zunächst sprach er von dem Krieg, der jetzt beendet war. Er nannte die Toten von Lugg Vale beim Namen und versicherte seinen Männern, daß diese Krieger nicht umsonst gestorben seien. »Was sie bewirkt haben«, sagte er, »ist Frieden zwischen den Britanniern. Frieden zwischen Powys und Dumnonia.« Das löste einiges Grollen unter den Kriegern aus, doch
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