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Arschloch!

Arschloch!

Titel: Arschloch!
Autoren: Mauricio Borinski
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existiert die familiäre Arbeitsatmosphäre bloß auf dem Papier des Kundenkatalogs.
    Kurz vor Feierabend ruft Anne alle zusammen und bittet um unsere Aufmerksamkeit. Daniela wirft mir einen Blick zu, zeigt auf Anne und verdreht die Augen. Dann hält sie ihren Zeigefinger vor den Mund und deutet an, dass Anne sie ankotzt. Ich lächele sie an.
    „Ich komme gerade von einem Meeting mit dem Chef und soll euch mitteilen, dass die Verkaufszahlen nicht so hoch waren wie erwartet. Die Firmenleitung denkt über Kürzungen nach. Jeder einzelne sollte sich anstrengen, sonst rollen Köpfe!“, sagt Anne, nachdem etwas Ruhe eingekehrt ist. Sie wünscht uns noch alles Gute und dann verschwindet sie wieder an ihren Arbeitsplatz.
    Daniela gesellt sich zu mir. „Hast du Anne gesehen? Sie spielt sich vielleicht auf. Und wie sie da vor uns stand.“ Daniela zieht ihre Oberlippe unter die Nase und imitiert unsere Chefin: „Strengt euch an, sonst rollen Köpfe!“, wiederholt sie übertrieben nasal. „So ein Schwachsinn. Die macht doch den ganzen Tag nichts als rumzusitzen und dem Chef in den Arsch zu kriechen. Gut, dass die nicht auf deiner Party erscheint! Das würde ich nicht aushalten!“
    29.01.2005
    Ich betätige den Türöffner, hole meine Digitalkamera aus dem Schlafzimmer und eile rüber in den Hausflur, in dem Absätze laut klackern. Es ist Daniela und wie bereits angekündigt hat sie zwei Freundinnen im Schlepptau. Alle sind dem Dresscode entsprechend gekleidet. In Weiß. Wie die Unschuld, die Kapitulation und der Frieden. Wir begrüßen uns kurz per Bussi, dann bitte ich sie hinein in die Wohnung. Sie sind überrascht von der tollen Dekoration. Mit den bestellten Palmen und Kokosnüssen sieht meine Wohnung klasse aus. Man kommt sich so vor wie in einer Neckermann Werbung für eine Strandbar in Thailand, die nur 200 Meter Fußmarsch vom Hotel entfernt liegt. Natürlich einen Tag vor der Flutwelle. Ich reiche ihnen ein Glas Prosecco, führe sie auf den roten Teppich und halte meine Kamera hoch. „Darf ich ein Foto machen?“
    „Klar!“
    Die drei Mädels stecken ihre Köpfe zusammen und lächeln ins Objektiv. Ich schieße das erste Foto des Abends und mache danach noch eine Aufnahme mit dem Selbstauslöser. Ich zwischen den drei Bunnys. Mit breitem Grinsen und Schumi-Daumen.
    Wir setzen uns ins Wohnzimmer auf mein schwarzes Ledersofa und den dazugehörigen Sessel. Die weiße Kleidung kommt auf der Couch wunderbar zur Geltung. Ich frage die Damen, ob sie etwas trinken wollen.
    „Hast du noch Prosecco?“
    „Natürlich. Aber zuerst würde ich gerne den Spendenbetrag kassieren. Dann könnt ihr euch bedienen, solange der Vorrat reicht.“
    „Ja, natürlich“, sagen sie im Chor und reichen mir je 20 Euro. Ich habe mich kurzer Hand dazu entschlossen, alles ein wenig zu vereinfachen und einen Festpreis zu nehmen. Nur die Cocktails kosten extra.
    „Das Geld, das dabei rumkommt, wird auf ein Spendenkonto eingezahlt.“
    „Das ist doch eine tolle Idee!“
    „Auf jeden Fall. Hast dir ja richtig Mühe gegeben!“
    „Natürlich!“
    Nach einer kurzen Pause sage ich: „Ich ziehe mich eben um. Bin sofort zurück!“
    „Klar, mach das!“, antwortet Daniela und schaut sich in meiner Wohnung um. Ich begebe mich in mein Schlafzimmer und ziehe mir in Windeseile eine schwarze Jeans und einen schwarzen Pullover an. Da ich der Gastgeber bin und mich um alles kümmern muss, ist es angebracht, dass ich komplett in Schwarz auftrete. Ich laufe in die Küche, werfe das Geld in meine Spardose, die ich in weiser Voraussicht mit einem Kensington-Lock vor Diebstahl gesichert habe. Schließlich kann man nie wissen was für asoziales Pack sich unter meinen Gästen befindet. Ich schnappe mir eine Flasche Prosecco aus dem Kühlschrank, laufe zurück ins Wohnzimmer und setze mich neben Daniela. Sie macht mir Komplimente zu meiner Wohnung. Das Laminat mit seinen Leuchtreihen sei total stylish, mein schwarzes Ledersofa super schön, die Dekoration klasse und mein riesiger Fernseher mit einer Bildschirmdiagonale von 106 cm die absolute Bombe. Und das, obwohl er nicht einmal ein Plasmafernseher ist. Ich präsentiere ihnen noch meine Handys, die in chronologischer Reihenfolge des Herstellungsjahres in meinen beleuchteten Glasvitrinen und auf ihren individuellen Sofas aufgestellt sind. Sie bestaunen sie und ich höre bei der ganzen Schwärmerei ein bisschen Neid heraus. Ich erwähne nicht, dass alles von meinem Vater gesponsert wurde. Jedes Handy, jede
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