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Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock
Autoren: George R.R. Martin
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beiden Händen senkrecht nach oben.
    Sandy schob das Gewehr beiseite und stand auf.
    Er hatte drei Schritte zur Rückseite des Turms hin gemacht, und sie trat hinter den Lautsprechern hervor und starrte ihn an. Ihr Gesicht war verwirrt und wütend. »Was tust du?« fragte sie, schrie ihn über die Musik weg an. »Zurück mit dir. Schieß!« Mirrors mußte es ihr gesagt haben, dachte Sandy. Sie war so geschmeidig und leise, daß er nicht einmal gehört hatte, wie sie auf den Turm geklettert war.
    »Das ist es, was du willst«, rief er zu ihr zurück. »Die ganze Zeit bin ich es gewesen, stimmt’s? Der Joker im Spiel. Der Attentäter.«
    »Erschieß ihn!« schrie sie. Sie war jetzt nicht schön. Ihr Haar flatterte in einem finsteren, eisigen Wind, und ihr Gesicht war vor fast animalischem Zorn verzerrt.
    »Schmier dir doch die verfluchten Spaghetti in die Haare!« erklärte ihr Sandy.
    Well you’re a killer too
    All the dead look just like you
    When they’re playin’ the armageddon rag!
    YEAH! They’re playin’ that armageddon rag!
    Sie sprang auf ihn zu und packte ihn. »Los!« schrie sie. »Los, oder ich brech dir dein verfluchtes Genick, genau wie Gort. Los! LOS!«
    Sandy entspannte sich. Irgendwie hatte er keine Angst.
    Er hatte keine Angst mehr. »Das ist der Tag Armageddon, Baby«, sagte er zu ihr, »und du und ich, wir haben verschiedene Seiten gewählt. Erschieß ihn selbst.«
    Die Nazgûl schlitterten in die Bridge hinein, den langen Instrumentalteil, die Gitarren schrillten und heulten, die Drums stampften, der Baß rumorte ganz tief, während das ungeheure Publikum unten sich schüttelte und mit den Füßen stampfte und ohrenbetäubend Beifall schrie. Ananda schaute von Panik erfüllt auf und hielt sich mit der Hand in der Luft im Gleichgewicht. »Es ist zu spät, verflucht«, kreischte sie. »Ich mach’s selbst.« Sie war unglaublich schnell. Im einen Moment ließ sie ihn los, im nächsten hatte sie schon das Gewehr, »Es wird nicht klappen«, rief Sandy ihr zu. Hobbins tobte herum, tanzte zu dem Song und lachte. Eine halbe Million Menschen lachte und tanzte mit ihm. »Halt still«, murmelte Ananda. »Halt still, verflucht!«
    Er trat hinter sie. »Die Entscheidung liegt nicht bei dir. Es wird nichts bedeuten. Ich mußte es sein, der Joker im Spiel, der schießt und alles tötet, woran ich immer geglaubt habe. Gib’s auf, ’nanda. Es wird nicht klappen.«
    Sie beachtete ihn nicht. Das Gewehr bewegte sich in kleinen Kreisen, als sie Hobbins damit folgte. »Ahhhh«, hauchte sie schließlich. Sie drückte auf den Abzug. Das Jaulen des Schusses ging im Jaulen der elektrischen Gitarren unter.
    Hobbins taumelte zurück, als Sandy eben sein Fernglas hob. Eine Schockwelle ging durch die Menge. Faxon hörte auf zu spielen. Maggios Gitarre kreischte im Feedback und verklang. Gopher Johns Drums ertönten einen Moment lang einsam und verloren, bis auch er erstarrte.
    Stille, wie angehaltener Atem.
    Hobbins warf weißes Haar aus seinen Augen zurück und grinste. »Tut mir leid, Charlie«, sagte er. »Müssen die Drogen gewesen sein.« Sie lachten, Tausende von ihnen. Hobbins Gesicht war rot, aber es war ein heftiges Erröten, kein Blut. Er sah direkt zu Sandy und Ananda und entlockte seiner Gibson einen kurzen, ausgelassenen Klang, einen Akkord, der sich brodelnd emporschwang. Dann führte er die Nazgûl in den Song zurück, und Musik erfüllte die Dunkelheit.
    Über ihnen rissen die Wolken auf. Sandy sah Sterne an einem klaren Himmel funkeln.
    »Nein«, sagte Ananda mit vor Ungläubigkeit belegter Stimme. Sie lud erneut durch und wurde mit dem Klicken eines leeren Magazins belohnt. Wieder und wieder feuerte sie; das Gewehr klickte und klickte.
    »Man hat nur einen Schuß«, sagte Sandy. »Du hast danebengeschossen.«
    Sie legte das Gewehr weg, sprang auf und kam schnell auf ihn zu. »Es war ein volles Magazin! Ich hab’s selbst geladen! Und ich konnte nicht danebenschießen, ich hatte ihn direkt im Fadenkreuz.«
    »Dann hast du ihn vielleicht getötet«, sage Sandy traurig.
    Ananda verstand nicht; sie war wütend und verwirrt. Unten spielten die Nazgûl den »Resurrection Rag«, wie er nie zuvor gespielt worden war, und eine halbe Million Menschen klatschten mit und lächelten und tanzten zu dem Beat. Sandy fühlte sich kraftlos und müde und dennoch irgendwie sehr gut. Es war, als ob er etwas gefunden hätte, etwas Wertvolles, das er vor langer, langer Zeit verloren hatte.
    This is the day we’d dreamed
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