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Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Titel: Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
Autoren: Peter F. Hamilton
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hätte diese Grande dame durch und durch ein Original sein können.
    Die Farbe war weiß und glänzend, und schwarze hohe Schornsteine stießen schwarze, ölige Rauchwolken aus. Kolben zischten und klirrten, während sie die schweren Schaufeln antrieben. Fröhliche Menschen standen auf den Decks, attraktive Männer in Anzügen mit langen grauen Jacken, weißen Hemden und schmalen gebundenen Fliegen, die eleganten Frauen in bodenlangen, rüschenbesetzten Kleidern und mit Sonnenschirmchen, die sie lässig elegant auf den Schultern liegend drehten. Kinder sprangen umher, auffällig unbekümmert: die Knaben in Matrosenanzügen, die Mädchen mit bunten Bändern in den Haaren.
    »Das ist nur ein Traum«, flüsterte Jenny zu sich selbst. »Ich lebe in einem Traum.«
    Die stattlichen Passagiere des unheimlichen Schiffes winkten einladend. Fröhliche Geräusche und Lachen hallten über das Wasser. Das mystische Goldene Zeitalter der Erde war zurückgekommen, um sie mit seinen Versprechungen von unberührtem Land und einem unkomplizierten Leben zu locken. Der Schaufelraddampfer brachte alle und jeden, der es wollte, dorthin zurück, wo die Sorgen von heute nicht mehr existierten.
    Der Anblick berührte jeden an Bord der Isakore im Innersten seiner Seele. Nicht einer von ihnen, der nicht den Drang verspürt hätte, in den Fluß zu springen und über den Abgrund zu schwimmen. Den Abgrund: zwischen ihrem eigenen Leben und der Glückseligkeit jenseits, der ewigwährenden, in Gesang und Wein geborenen Freude, die jenseits der grausamen Schwelle wartete, jenseits ihrer eigenen Welt.
    »Nicht!« sagte Murphy Hewlett.
    Jennys Euphorie zersplitterte wie ein Kristall, als die mißtönende Stimme an ihre Ohren drang. Murphys Hand lag auf ihrem Unterarm und drückte schmerzhaft fest zu. Sie bemerkte, daß sie die Muskeln angespannt hatte und geduckt dastand, bereit, über die Reling des Fischerbootes ins Wasser zu springen.
    »Was ist das?« fragte sie benommen. Irgend etwas tief in ihr trauerte über den Verlust, trauerte darüber, von der Reise in eine andere Zukunft ausgeschlossen zu werden. Jetzt würde sie niemals erfahren, ob das Versprechen wahr gewesen war …
    »Verstehen Sie nicht?« fragte Hewlett. »Das dort ist der Feind, was auch immer es sein mag! Sie werden stärker. Es ist ihnen egal, ob wir sie unmaskiert sehen oder nicht. Sie fürchten uns nicht mehr.«
    Das farbenfrohe massive Trugbild fuhr majestätisch den Fluß hinab, und die wunderbare Verlockung hing über dem braunen Wasser wie der Frühdunst in der Morgendämmerung. Jenny Harris blieb noch lange Zeit an der Reling stehen und starrte gedankenverloren nach Westen.
     
    Das Gehölz war ein Ort hektischster Aktivität. Mehr als zweihundert Menschen arbeiteten sich durch die Reihen und brachten die Sammelbehälter unter den weinenden Rosen in Position. Es war früher Duke-Morgen; Duchess war eben hinter dem Horizont versunken und hinterließ am westlichen Himmel einen leichten pinkfarbenen Schimmer. Die beiden Sonnen hatten jede Spur von Feuchtigkeit aus der glutheißen Luft verbannt. Die meisten der Männer und Frauen zwischen den großen weinenden Rosen trugen leichte Bekleidung. Die jüngeren Kinder waren mit Botengängen unterwegs, brachten den Sammlern neue Behälter oder versorgten sie mit eiskalten Fruchtsäften aus großen Krügen.
    Joshua spürte die Hitze trotz seines burgunderroten ärmellosen T-Shirts und der schwarzen Jeans. Er saß auf seinem Pferd und beobachtete die Erntemannschaften bei der Arbeit. Die Behälter, die so sorgfältig unter die Blüten gehängt wurden, waren weiße Konusse aus Pappe mit einer gewachsten, glänzenden Innenseite und einem Durchmesser von dreißig Zentimetern auf der offenen Seite, die sich zu einer versiegelten Spitze hin verjüngten.
    Versteifte Löcher an den Seiten dienten dazu, die Sammelbehälter unter den Blüten an das Spalier zu binden. Jeder der Arbeiter in Sicht trug ein dickes Bündel von Drähten im Gürtel, und keiner brauchte länger als dreißig Sekunden, um einen Behälter am Spalier anzubringen.
    »Gibt es etwa für jede Blüte einen eigenen Sammelbehälter?« fragte Joshua.
    Louise saß neben ihm auf ihrem Pferd. Sie trug eine Reithose und eine einfache weiße Bluse, und ihr Haar wurde im Nacken von einem Band zusammengehalten. Sie war überrascht gewesen, als er ihre Einladung angenommen hatte, die Pferde statt einer Kutsche zu benutzen, um sich über das Gutsgelände zu bewegen. Woher sollte ein
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