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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey
Autoren: Ein Mann von Ehre
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unmittelbarer Nähe zur Ifield Road ab. Er würde es verkaufen müssen, falls er die Position im Foreign Office nicht bekommen sollte – so wie seine Mutter ihr Auto verkaufen mußte. Auf dem Weg nach Hause warf ihm ein Mädchen beim Vorübergehen einen koketten Blick zu; er bemerkte es nicht einmal. Auf der Treppe nahm er drei Stufen auf einmal, erreichte im Nu den fünften Stock, und als er den Schlüssel ins Schloß steckte, rief von drinnen eine Stimme: »Die Tür ist doch nur eingeklinkt!«
»Mist!« brummte Adam leise.
»Wie war’s?« wollte Lawrence wissen, als Adam ins Wohnzimmer trat.
»In Anbetracht der Umstände ganz erträglich«, antwortete Adam, dem nichts einfiel, was er hätte sonst noch sagen können. Er lächelte verlegen. Lawrence hatte seine BankerMontur bereits ausgezogen. Er trug Blazer und Flanellhose. Ein wenig kleiner und gedrungener als Adam, mit drahtigem blondem Haar und einer mächtigen, gewölbten Stirn schien er mit seinen grauen, prüfenden Augen jede Situation gleich zu erfassen.
»Ich habe deinen Vater bewundert«, sagte Lawrence. »Er hat alle Menschen so behandelt, als ob sie ihm ebenbürtig wären.«
Adam konnte sich noch genau erinnern, wie nervös er gewesen war, als er Lawrence auf einem Elternsprechtag im Wellington College seinem Vater vorgestellt hatte; doch die beiden hatten sich sofort angefreundet. Lawrence hatte allerdings nie viel auf Gerüchte gegeben.
»Mit deiner Erbschaft kannst du jetzt wahrscheinlich privatisieren«, meinte Lawrence dann in etwas leichterem Ton.
»Nur wenn die fragwürdige Bank, bei der du arbeitest, innerhalb weniger Tage aus fünfhundert fünftausend Pfund machen kann.«
»Zur Zeit ist das eher schwierig – Harold Wilson hat doch gerade erst verkündet, daß Löhne wie Preise eingefroren werden sollen.«
Adam schaute mit einem freundlichen Lächeln hinüber. Obwohl er inzwischen über Lawrence hinausgewachsen war, erinnerte er sich noch gut an die Zeit, als Lawrence ihm wie ein Riese vorgekommen war.
»Schon wieder zu spät, Scott«, pflegte Lawrence zu sagen, wenn Adam im Korridor der Schule an ihm vorbeihastete, und Adam hatte den Tag herbeigesehnt, an dem auch er einmal alles so locker und überlegen im Griff haben würde. Oder war Lawrence einfach von Natur aus so perfekt? Seine Anzüge wirkten stets frisch gebügelt, seine Schuhe frisch gewichst, sein Haar war nie unordentlich. Und dabei machte er den Eindruck, als koste ihn das keinerlei Mühe. Adam konnte es nicht begreifen, wie Lawrence das schaffte.
Adam hörte die Badezimmertür aufgehen. Er warf Lawrence einen fragenden Blick zu.
»Das ist Carolyn«, flüsterte Lawrence. »Sie wird über Nacht bleiben … glaube ich.«
Eine hochgewachsene, schöne Frau trat ein, der Adam ein schüchternes Lächeln zuwarf. Das lange, blonde Haar wippte ihr auf den Schultern; was jeden Mann schwach machen mußte, war jedoch ihre Figur. Wie machte Lawrence das bloß?
»Hättest du nicht Lust, mit uns essen zu gehen?« fragte Lawrence, während er einen Arm um Carolyns Schultern legte, eine Spur zu begeistert. »Ich habe da ein neues italienisches Restaurant an der Fulham Road entdeckt. Es hat kürzlich erst eröffnet.«
»Vielleicht komme ich später nach«, meinte Adam. »Ich muß mir auch noch ein paar Dokumente von heute nachmittag ansehen.«
»Ach, halt dich doch nicht mit unbedeutenden Details deiner Erbschaft auf. Komm mit und gib alles bei einer Spaghettischlacht aus.«
»O la la, Sie haben einen Haufen Pinke-Pinke geerbt?« fragte Carolyn mit hoher, kieksiger Stimme. Es hätte wohl niemand überrascht zu erfahren, daß sie eben zur Debütantin des Jahres gewählt worden war.
»Ach nö«, entgegnete Adam. »Beim Minus auf meinem Konto bleibt gar nicht viel.«
Lawrence lachte. »Na schön, du kannst ja nachkommen, wenn du ausgerechnet hast, daß für einen Teller Spaghetti genug übrigbleibt.« Er zwinkerte Adam zu – der übliche Wink: Sieh zu, daß du nicht in der Wohnung bist, wenn wir zurückkommen; oder bleib wenigstens auf deinem Zimmer und tu so, als würdest du schlafen.
»Ja, kommen Sie doch nach«, gurrte Carolyn; es klang ganz so, als meinte sie es wirklich. Der Blick ihrer haselnußbraunen Augen blieb an Adam haften, als Lawrence sie entschlossen zur Tür führte.
Adam blieb regungslos stehen, bis Carolyns durchdringende Stimme nicht mehr vom Treppenhaus zu hören war. Erst dann zog er sich zufrieden in sein Zimmer zurück und sperrte sich ein. Er ließ sich in den einzigen bequemen
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