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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey
Autoren: Ein Mann von Ehre
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kümmerten, war er beliebt. Bei den Übungen im Feld war niemand ein so fähiger Taktiker wie er, und bei den ersten Fronteinsätzen zeigte sich sofort, daß er vom Vater auch die Tapferkeit geerbt hatte. Doch als das Kriegsministerium sechs Jahre später in der London Gazette die Namen der Subalternoffiziere veröffentlichte, die zum Captain befördert wurden, befand sich kein Lieutenant Scott auf der Liste. Seine Altersgenossen waren überrascht, die älteren Offiziere des Regiments hüllten sich in Schweigen. Und schließlich mußte Adam sich eingestehen, daß es ihm nicht gestattet werden würde, wieder gutzumachen, was seinem Vater vorgeworfen worden war – was auch immer es gewesen sein mochte.
Zum Captain wurde Adam erst befördert, nachdem er sich im malaiischen Dschungel beim Nahkampf gegen die unaufhörlichen Angriffswellen chinesischer Soldaten hervorgetan hatte. Dann nahmen ihn die Kommunisten gefangen und steckten ihn in ein Lager, wo er Einsamkeit und Qualen von einer Grausamkeit durchlitt, auf die ihn die gründlichste Ausbildung nicht hätte vorbereiten können. Acht Monate später gelang ihm die Flucht – bei der Rückkehr zur Front erfuhr er, daß ihm »posthum« die höchste Tapferkeitsauszeichnung verliehen worden war. Als Captain Scott im Alter von neunundzwanzig Jahren sein Stabsexamen ablegte, anschließend aber an der Generalstabsakademie nicht aufgenommen wurde, gab er endgültig jede Hoffnung auf, einmal Regimentskommandeur zu werden. Er reichte einige Wochen danach seinen Abschied ein; Erklärungen, er habe diesen Schritt getan, um mehr Geld zu verdienen, hätte ihm aber auch niemand abgenommen.
Adam diente seine letzten Monate beim Regiment ab, als seine Mutter ihm mitteilte, der Vater habe nur noch wenige Wochen zu leben. Adam beschloß, ihm seinen Abschied vom Militär zu verschweigen; er wußte, daß Pa nur sich selbst die Schuld dafür gegeben hätte. Und so hatte der Vater nun wenigstens sterben können, ohne erfahren zu müssen, wie sehr noch das Leben seines Sohnes von dem geheimnisvollen Stigma geprägt war.
Beim Erreichen der Londoner Vororte mußte Adam, wie so oft in letzter Zeit, erneut an die drängende Frage denken, wie er eine gutbezahlte Arbeit finden sollte. Seit sieben Wochen war er arbeitslos, aber in dieser Zeit hatte er häufiger mit dem Filialleiter seiner Bank als mit potentiellen Arbeitgebern gesprochen. Sicher, das Foreign Office hatte ihn zu einem zweiten Vorstellungsgespräch gebeten; aber die Mitbewerber, die er beim ersten Termin kennengelernt hatte, waren beeindruckende Leute, und im Unterschied zu ihnen hatte er kein Universitätsstudium vorzuweisen. Trotzdem, das erste Gespräch schien ihm recht günstig verlaufen zu sein, und er war sogar bald darauf hingewiesen worden, das Foreign Office habe schon viele ehemalige Offiziere übernommen. Als Adam am Vorsitzenden des Auswahlkomitees dann auch noch das Abzeichen eines hohen Ordens für militärische Tapferkeit auffiel, kam ihm die Vermutung, daß er vielleicht gar nicht für eine Schreibtischtätigkeit in Betracht gezogen wurde.
Adam tastete noch einmal nach dem Brief in der Innentasche seines Jacketts, als er mit seinem Motorrad in die King’s Road einbog, und ertappte sich bei dem lieblosen Wunsch: Hoffentlich ist Lawrence noch nicht von der Arbeit in seiner Bank zurück. Nicht, daß Adam sich hätte irgendwie beklagen können, im Gegenteil: Es war außerordentlich großzügig von seinem alten Schulfreund gewesen, ihm in seiner geräumigen Wohnung für nur vier Pfund pro Woche ein so nettes Zimmer unterzuvermieten.
»Du kannst mir ja mehr zahlen, wenn du erst einmal Botschafter bist«, hatte Lawrence gesagt.
»Du redest schon wie ein Mietwucherer«, hatte Adam erwidert und den Mann, den er während der gemeinsamen Schulzeit auf dem Wellington College bewundert hatte, breit angegrinst. Lawrence war so ganz anders als er; Lawrence schien alles nur so zuzufliegen: gute Examen, Jobs, sportliche Erfolge und Frauen – Frauen ganz besonders. Es hatte niemanden überrascht, als er einen Studienplatz am Balliol College in Oxford bekommen und sein Studium der Politik- und Wirtschaftswissenschaften dann mit Auszeichnung abgeschlossen hatte. Als Lawrence anschließend eine Stellung in einer Bank annahm, blieb freilich allen fast die Spucke weg. Es war das erstemal, so kam es jedenfalls allen vor, daß Lawrence sich auf etwas einließ, was eigentlich unter seinem Niveau lag.
Adam stellte sein Motorrad in
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