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Arabische Nächte

Arabische Nächte

Titel: Arabische Nächte
Autoren: Laura Parker
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andere Hand unter seinen Nacken, um mehr Nähe zu schaffen. Sie wollte, dass er näher wäre - viel näher!
    Er folgte ihrer Einladung, vermehrte und verfeinerte die Küsse. Und mit jedem Herzschlag wurde ihr Gefühl für Berührung deutlich klarer. Sie fand die subtilen Variationen von Druck und Geschmack seiner Lippen hinreißend. Das feine Gewebe seiner seidenen abe wurde unter ihren Fingerspitzen derb wie Sackleinen. Aus seinen Falten stieg der betäubende Duft eines Kalifengartens auf: Orangenblüten, Jasmin und Nelken, sowie die schärferen Essenzen von Ambra und Moschus. Die Düfte schienen Farben anzunehmen und sie wie eine Aura zu umschweben. Durch die dichte köstliche Spannung, die in ihr wuchs, wurde sie zu spät gewahr, dass er ihr den Schleier von den Haaren zog.
    »Rotes Haar!«, hörte sie ihn ausrufen. Er fuhr mit den Fingern durch ihre Locken, hob sie an und breitete sie auf dem Kissen um ihren Kopf aus. Ein frohlockendes Lachen ließ seine Brust an ihrer erbeben, als er sich über ihr erhob und flüsterte: »Du bist für jeden Harem eine rare Schönheit, bahial«
    Wie bitte - sie, eine Schönheit? Japonica wollte seinem Blick begegnen, ihn festhalten, konnte ihn aber nur verschwommen sehen. »Ich ... ich spüre ...«
    Als seine Züge sich vor ihr auflösen wollten, sah sie trotzdem, dass sein Lächeln sich veränderte. »In deinem Misstrauen warst du klüger. Das macht die Beimischung im Wein ...«
    Sie sah seine Lippenbewegungen, doch ergaben seine Worte keinen Sinn. Im Wunder der Gefühle, die sie durchströmten, gefangen, konnte sie das Wesen über sich nur voller Bangigkeit betrachten. So viele Fragen formten sich in ihrem Kopf zur Hälfte und entglitten ihr ...
    Nie zuvor hatte sie einen Mann umarmt, nie die Hitze eines Männerkörpers an ihrer Haut gefühlt. Diese Hitze wärmte sie und beruhigte sie; doch weckte sie ihr Verlangen nach Dingen, für die sie weder Worte noch das Wissen hatte, sie zu benennen. Alles war zu grell, zu fieberhaft, zu viel!
    »Ach bitte, helft mir!«, flehte sie und griff wieder nach ihm.
    »Ja, das werde ich, bahia.« Es klang, als sei er im Bilde darüber, was sie brauchte, und glücklich, dass sie es von ihm erbat.
    Er rollte sie auf den Rücken und ließ sich auf sie gleiten. Kraftvolle Hände strichen an ihr auf und ab und hoben ihre Gewänder. »Ja, ich werde dir und mir zum Glück verhelfen!«
    Sie trieb auf einer Melodie dahin. Die Musik, eine klagende Flötenweise, begleitet von unregelmäßigen Trommelschlägen, hüllte sie ein, bewegte sich in ihr und trug sie dann in einem eigenen Rhythmus fort. Der Takt wechselte, die Trommelschläge wurden schneller und stärker, als würde sie von ihnen gejagt.
    Benommen, ungeduldig, neugierig und verzweifelt versuchte sie mitzuhalten und passte die Bewegungen ihres Körpers dem drängenden Rhythmus an ... bis sie sich wie ein Derwisch tanzend drehte, im Irrwitz des Augenblicks gefangen.
    Die Milchstraße zog einen hellen Streifen über das mitternächtliche Firmament. Aus der Ferne kam mit dem Wind Gesang von melancholischer Süße, exotisch und schwer. Wüstenblumen würzten die Luft mit herben Düften. Doch die Schönheit der Nacht war für den Hind Div verloren. Sein Bewusstsein formulierte einen Gedanken, der seinen halb benommenen Zustand aber nicht sogleich durchdrang.
    Eine Jungfrau!
    Statt dem erwarteten Mörder!
    Seit Wochen umkreisten ihn Aasgeier, durch die gemeinsame Angst verbunden, er wüsste zu viel und könnte von den Engländern, den Franzosen oder den Afghanen gefangen und gefoltert werden - also sein gesamtes Wissen preisgeben. Einen Ausweg gab es nicht. Keinen Verbündeten, dem zu trauen war. Einige Mordversuche waren unternommen worden, ehe er sich in diesem Haus vor drei Tagen verschanzt hatte. Doch gab es schlimmere Todesarten. Es war immerhin besser, von der Hand eines Meuchelmörders zu sterben, als unwürdig auf der Folterbank oder in siedendem Öl.
    Auch zog er es vor, selbst den Augenblick zu bestimmen, wann er den Täter einließ. Am Tag zuvor hatte er verlauten lassen, heute wolle er für alle Besucher zu Hause sein.
    Es sollte die letzte Nacht seines Lebens sein. Er hatte sich sorgfältig darauf vorbereitet, gebadet, sich angekleidet, und sein Gesicht für den Anlass bemalt. Ein paar Züge vom opiumversetzten Tabak in seiner huqqah hatten seinem Eifer, die Sache hinter sich zu bringen, die Schärfe genommen. Als schließlich eine Fremde an seiner Pforte auftauchte, war er fast
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