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Arabellas Geheimnis

Arabellas Geheimnis

Titel: Arabellas Geheimnis
Autoren: JOANNE ROCK
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hatte. „Ich richte Euch schon so her, dass man Euch vorzeigen kann, ob Ihr es wollt oder nicht.“ Eine lange Haarnadel wie ein Schwert in der Hand haltend, drohte sie ihrem störrischen Schützling, während sie gleichzeitig eine jüngere Zofe zu sich winkte. „Jetzt wird Euch Millie noch helfen, Euer Haar für das Fest heute Abend zu bändigen.“
    Da sie eine der Hofdamen war, die keine eigene Zofe besaß, unterwarf sich Arabella Hildas Anordnung und ließ ihre Gedanken wandern, während Millie mit der seidenweichen Bürste im gleichmäßigen Rhythmus über ihre Haare strich.
    Wie so oft in den letzten beiden Wochen seitdem sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, tauchte vor ihrem inneren Auge das Gesicht des Ritters auf.
    Er hatte die Unverfrorenheit besessen, dicht an den Baumkreis heranzutreten, den etliche Leute doch für verzaubert hielten. Keiner, den Arabella kannte, hätte sich einem solchen Ort genähert. Keiner, außer ihrer eigenen Familie.
    Und noch kein Mann hatte es gewagt, sie so kühn anzublicken. Was das betraf, so hatte sie bis zu diesem Tage kaum je einem Mann von Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden. Nach der Erfahrung mit Arabellas Vater, den man nicht hatte zwingen können, die Mutter seiner einzigen Erbin zu heiraten, war Luria, wenn es um die Beweggründe fremder Männer ging, vorsichtig gewesen.
    Die Männer ihres Heimatortes fürchteten und respektierten Zaharia und mieden aus Achtung vor der weisen Frau deren Enkelin. Doch der fremde Ritter hatte sie nicht nur angestarrt, er hatte sogar schamlos die Hand ausgestreckt, um sie anzufassen.
    Seine Gestalt war beeindruckend gewesen. Groß und bedrohlich, mit grauen Augen. Seine ganze Haltung besaß etwas eher Furchterregendes, dazu kam noch der räuberische Blick eines Wolfes.
    Um diesem Blick und dieser Berührung zu entfliehen, war sie gerannt so eilig sie konnte. Als sie schließlich anhielt, um zu schauen, ob er noch immer da war, war es im Wald totenstill gewesen. Niemand war ihr gefolgt. Der Fremde war so schnell wieder verschwunden, wie er aufgetaucht war. Es dauerte lange, bis Arabella endlich zu zittern aufhörte. Ihr wurde klar, dass sie viel zu isoliert aufgewachsen war, wenn das Erscheinen eines Fremden sie so verstören konnte. Wer würde Arabella je weise nennen wie ihre Großmutter, wenn sie vor dem Leben wie ein verschrecktes Häschen davonflitzte?
    „Fertig, Mylady“, erklärte Millie endlich und half Arabella auf die Füße. Mit strahlendem Lächeln standen die Zofe und Hilda nebeneinander. Schließlich zog Hilda Arabella am Arm.
    „Kommt und seht in den Spiegel, Arabella, und versucht das Wunder zu würdigen, welches wir vollbracht haben.“
    Hilda schob sie vor einen Spiegel, der sich im Innern eines Schrankkoffers befand, den man heute in das Gemach geschleppt hatte.
    Neugierig schaute Arabella hinein. Fort waren die ungebändigten Locken, die ihre Mutter im Ärger einmal abgeschnitten hatte. Sie wurden durch glänzende Wellen ersetzt, die selbst in dem stumpfen Spiegelglas noch schimmerten. Arabella streckt die Hände aus, um sich übers Haar zu streichen, doch Hilda und Millie stürzten vor, als wollten sie dagegen einschreiten.
    Pflichtbewusst nahm Arabella die Hände herunter. Sie betrachtete das steife, weiße Unterkleid aus Leinen mit einer Cotehardie aus königsblauem Samt darüber, einer so dunklen und teuren Farbe, dass nur Leute von hohem Stand sie trugen. Heute Nacht würde sie dazugehören. Ihre flachen Schuhe waren unter den langen Röcken kaum zu erkennen, und wenn sie hervorlugten, passten sie farblich zu dem samtenen Gewand.
    Arabella fragte sich, wohin ihr früheres, ungezähmtes Wesen verschwunden war, jetzt, da diese feine Dame seinen Platz eingenommen hatte.
    Als würde sie ihre Gedanken erraten, zwinkerte Hilda ihr zu und drehte sie sanft zur Tür.
    „Ich vertraue darauf, dass die Schönheit Eurer Erscheinung Einfluss auf Eure Manieren hat. Bitte, zerstört das Ergebnis unserer harten Arbeit nicht zu früh.“
    Als Hilda sie losließ, damit sie sich auf den Weg in den Burgsaal machte, fühlte Arabella sich verloren. Genauso, wie sie es sich in den letzten Nächten zu Hause in ihrem Bett vorgestellt hatte. Doch bevor sie im Irrgarten der Gänge, die zum Burgsaal führten, jede Orientierung verlieren konnte, holte Maria sie ein. Ihr helles Haar wurde wie bei einem der Engel auf den religiösen Bildern in der Burg von einem himmelblauen Band umrahmt.
    „Hier entlang“, rief sie, deutete in
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