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Applaus für eine Leiche

Applaus für eine Leiche

Titel: Applaus für eine Leiche
Autoren: Léo Malet
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Journalisten. Mein Artikel mißfiel ihm, und er hat dafür gesorgt, daß ich gefeuert wurde. Ein halbes Jahr war ich arbeitslos wegen diesem Kerl! Doch ich habe meine Zwangspause genutzt und beschlossen, den eitlen Gockel bei der nächstbesten Gelegenheit dafür büßen zu lassen...“
    Nach einer Schweigeminute fuhr er fort:
    „Aber eins möchte ich gleich klarstellen: Ich hab ihn nicht um die Ecke gebracht.“
    „Das hoffe ich für Sie“, sagte ich aufrichtig. „Er hat es wirklich nicht verdient, daß irgend jemand wegen ihm das Schafott riskiert.“
    „Ein Dreckskerl war er! Klar, daß sogar noch sein Tod anderen Leuten Scherereien macht... Um wieder auf meine Wenigkeit zurückzukommen: Ich wollte eine ganz besondere Reportage liefern. Hab mich als Statist engagieren lassen, um dem Mann einen ganzen Tag lang auf Schritt und Tritt folgen zu können und dann einen hübschen Artikel zu schreiben. Dazu ein paar weniger hübsche Fotos
    Er kramte in seinen Taschen und zauberte einen winzigen Apparat hervor.
    „Das wär wie ‘ne Bombe eingeschlagen! Es war bekannt, daß Favereau keine Interviews gab und keinen Journalisten in seine Nähe ließ. Zwei Fliegen mit einer Klappe, verstehen Sie? Ich hätte mich selbst und unsere ganze Zunft gerächt. Sie können mir glauben, ich hätte schon den richtigen Aufnahmewinkel gewählt!“
    „Und Sie hatten keine Angst, daß Ihnen beim Crépu dasselbe passieren würde wie beim Réveil ?“
    „Die Aktion war mit meinen Vorgesetzten abgesprochen. Wissen Sie, die Leute beim Crépu arbeiten mit... äh... amerikanischen Methoden. Ich hab meine Idee vorgetragen, und sie waren sofort einverstanden. Meine Rachegelüste hielten sie für eine ausgezeichnete Motivation. Heiliger Strohsack!“ Er lachte laut auf. „Verstehen Sie nicht? Vielleicht glauben sie, daß ich der Täter bin! Können Sie sich den Untertitel unter der Sensationsmeldung ausmalen?“
    „Ein übler Scherz“, bemerkte ich.
    „Übel? Ach was, das wäre die beste Reklame für mich. Schließlich bin ich unschuldig und kann es auch leicht beweisen. Ich hätte große Lust, meinem Chef den Tip zu geben.“
    Jetzt mußte auch ich lachen.
    „Ich glaube, Sie werden Ihren Weg in der Sensationspresse machen!“ sagte ich. „Aber mir ist immer noch nicht klar, warum Sie sich als einen Privatflic bezeichnen...“
    „Das war vorher, während meiner erzwungenen Arbeitslosigkeit. Ich hatte viel Zeit und vertrieb sie mir damit, Favereau zu beschatten. Hab überall rumgeschnüffelt. Doch was Aufregendes konnte ich nicht entdecken, außer seiner Liaison mit Janine Baga. Deswegen bin ich auch auf die Idee gekommen, mich hier einzuschleichen, in die Höhle des Löwen und der Löwin.“
    „Die beiden hatten ein Verhältnis, nicht wahr?“
    „Ein Verhältnis, das keins war. Bei dem Kerl lief alles anders als bei normalen Leuten. Die Beziehung der beiden war mir ziemlich egal. Aber ich hatte bei meinen Schnüffeleien den Eindruck gewonnen, daß Favereau sie geheimhalten wollte. Sehen Sie, deswegen hab ich uns als Kollegen bezeichnet.“
    „Etwas übertrieben, mein Lieber. Gestatten Sie, daß ich das sage. Sie taugen besser zum Reporter. Wenn das alles ist, was Sie rausgekriegt haben! Die Geschichte Favereau-Baga pfeifen die Spatzen von den Dächern. Um nur zwei dieser Spatzen zu nennen: Die Garderobiere von Madame Janine und das Skriptgirl haben sich heute mehr oder weniger offen darüber unterhalten. Sie wußten, daß die beiden Stars zusammen schliefen und daß Favereau hauptsächlich in das Geld seiner Geliebten verliebt war.“
    Marc Covet öffnete schon den Mund, um etwas zu entgegnen. Doch in diesem Augenblick wurde unsere Aufmerksamkeit auf ein Gedränge vor der Tür gelenkt. Ein uniformierter Flic betrat die Kantine. Nachdem er einen mißtrauischen Blick in die Runde geworfen hatte, fragte er wenig liebenswürdig: „Heißt jemand von Ihnen Nestor Burma?“
    Die Ermittlungen konnten beginnen.

Das Requisit

    Wir bahnten uns einen Weg durch die Menge, die sich vor der Totengarderobe drängte. Ein kräftiger Kollege des Uniformierten verwehrte den Neugierigen den Zutritt.
    Man hatte Julien Favereau auf das Sofa gelegt. Die Leichenstarre begann ihr Werk. Die bläulichen Flecken auf dem Gesicht gaben meiner These hinsichtlich der Todesursache recht.
    Vier Leute standen um die sterblichen Überreste des kaltgestellten Don Juan herum. Das Gesamtbild erinnerte irgendwie an die Garderobe der Marx Brothers in der Oper. Nur ruhiger
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