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Anubis - Wächter im Totenreich

Anubis - Wächter im Totenreich

Titel: Anubis - Wächter im Totenreich
Autoren: Jason Dark
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schaute hoch zu den Sternen und schnupperte gegen den Wind. Er wußte aus Erfahrung, wann etwas Neues auf ihn zukommen würde, und seiner Meinung nach konnte es sich nur um einen bevorstehenden Sandsturm handeln.
    Auf eine Zeit wollte er sich nicht festlegen. Es konnte Stunden dauern, aber auch sehr schnell gehen. Jedenfalls war es ratsam, den Hafen anzulaufen.
    Er schaute über Bord. Zur Strommitte hin, wo sich die Untiefen befanden und der Nil sehr gefährlich war, überschlugen sich die Wellen. Hervorgerufen durch die Schraube eines Patrouillenbootes der Armee. Sie lagen immer auf der Lauer, denn die letzten Kriege waren noch nicht vergessen, auch wenn zwischen Israel und Ägypten ein Friedensvertrag geschlossen war. Die Wogen erfaßten das Fischerboot, hoben es hoch, schickten es wieder zurück in Wellentäler und ließen es tanzen, bis sich das Wasser verlaufen hatte.
    Mit der Ausbeute an Fischen war Sadir nicht zufrieden. Es wurden immer weniger, je mehr der große Fluß verschmutzte. Niemand nahm Rücksicht. Abwässer flössen in den Strom, aber wo kein Kläger war, da gab es auch keinen Richter.
    Irgendwann in naher Zukunft würde Sadir arbeitslos sein. Das hatte er dann der so hochgepriesenen Zivilisation und deren Auswüchsen zuzuschreiben.
    Er seufzte noch einmal auf und kletterte in den Bauch des kleinen Fischerbootes. Hier unten, wo es feucht, muffig und auch nach öl sowie faulen Fischen roch, arbeitete Ghamal, Sohn des Sadir. Er war jetzt achtzehn Jahre alt geworden, hatte vier Jahre die Schule besucht und war danach mit seinem Vater rausgefahren. Ghamal saß zwischen den Holzbottichen. Fast bis zum Rand waren sie voll mit Fischen, deren Leiber silbrig glänzten, aber die Fülle hatte nichts zu bedeuten. Gebückt blieb Sadir stehen. »Was sagst du zu dem Fang?«
    Ghamal drehte seinem Vater das Gesicht zu. Die Geste, mit der er die Schultern hob, wirkte hilflos. »Es sind zwar viele Fische, mehr als am gestrigen Tag, aber die meisten können wir wegwerfen. Sie sind krank, Vater.«
    Sadir nickte betrübt. »Ich hatte es mir schon gedacht. Wir werden den Fluch der Technik nicht los.«
    »Kann man nichts machen?«
    »Nein. Mir scheint es, daß Allah uns verlassen hat, mein Sohn, und das ist schlimm genug.«
    »So darfst du nicht reden. Es gibt bestimmt eine Hoffnung.«
    »Die ist immer da, aber nicht für uns Fischer.«
    Ghamal stand auf. Er trug eine zerschlissene Hose und darüber ein Hemd, dessen Saum bis in seine Kniekehlen fiel. »Ich glaube, daß es sich ändern wird.«
    »Wie kommst du darauf?«
    Ghamal mußte zu seinem Vater hochblicken. »Die alten Götter werden es sich nicht gefallen lassen, daß man den großen Fluß zerstört, der schon vor 5000 Jahren sein Bett gefunden hat. Das kannst du mir glauben. Ich habe die Zeichen erkannt.«
    »Welche Zeichen?«
    »Anubis!«
    Sadir zuckte zurück. »Sprich den Namen nicht aus!« hauchte er und schaute sich um, als würden irgendwo Zuhörer lauschen. »Es ist gefährlich, ihn zu erwähnen.«
    »Ich mache es trotzdem. Anubis wird vieles richten. Er hat die Toten als Wächter begleitet, er wird sie wieder zurückholen. Ich spüre es, ich habe Zeichen gesehen.«
    »Welche?« fragte Sadir gespannt.
    »Ich sah in der letzten Nacht einen Kopf«, wisperte der Junge.
    »Den des Schakals?«
    »Ja. Und er schwebte über dem Wasser. Er stand dort wie ein Mond. Grün leuchtete er. Ich konnte sogar in seine Augen schauen, fiel auf die Knie und senkte den Blick« Ghamal verstummte.
    Sadir räusperte sich. »Weiter, mein Sohn, berichte weiter! Was geschah dann?«
    »Als ich mich wieder aufrichtete und über das Wasser schaute, war der Kopf verschwunden.«
    Der Alte nickte. Zwischen den beiden stand für eine Weile das Schweigen. Schließlich räusperte sich Sadir. »Mit wem hast du schon darüber gesprochen?«
    »Bisher nur mit dir.«
    »Dann werde ich es auch für mich behalten. Ich wünsche mir vieles, aber nicht die Zeichen des Schreckens. Anubis soll die Seelen über den Totenfluß begleiten. Mehr auch nicht. Ich kann ihn hier nicht gebrauchen. Nicht mehr. Wir müssen die Götter ruhen lassen.«
    »Sie werden dich nicht fragen, Vater!«
    »Leider nicht, aber…«
    Ghamal faßte seinen Vater an der Schulter. »Wenn sie tatsächlich kommen, Vater, dann müssen wir bereit sein. Wir können uns nicht gegen sie stellen, sonst sind wir verloren. Und ich spüre, daß ihre Zeit nahe ist.«
    »Sag das nicht!«
    »Doch, Vater, doch. So ist es!«
    Sadir schüttelte den
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