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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020
Autoren: Alexander Kröger
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es keine Kleinigkeit sein, Panzer in die Antarktis zu transportieren. »Bewährt sich das?« fragte er. »Bestens.«



Thomas hätte gern mehr darüber erfahren. Kramer ließ es jedoch bei seinem »bestens« bewenden. Er ging bereits wieder stolleneinwärts. Sein Schatten, erzeugt von Monigs Lampe, tanzte grotesk vor ihm her.
    Die Stöße schimmerten bald grünblau, bald stechendweiß. Hier und da hingen Eiszapfen, auch Eiswucherungen standen klobig auf den Einbauten. Die Strecke führte schnurgerade stetig abwärts. Rechts am Stoß begleitete sie ein armdickes Kabel, in Schellen direkt an das Eis genagelt.
    Es näherten sich abermals Motorengeräusche, diesmal von hinten. Die »Pferdchen«, dachte Monig belustigt. Sie dröhnten jenseits der Verkleidung an ihnen vorbei. Diesmal waren sie noch lange zu hören.
    Jetzt fragte Thomas: »Wieviel sind es?«
    »Fünfzehn haben wir hier«, sagte Kramer. Seine Stimme hallte hohl. »Davon sind zwölf ständig im Einsatz, zur Zeit jedenfalls.«
    Kramer drehte sich im Gehen halb zu ihm um.
    »Sie fahren immer paarweise«, sagte er. »Zwei nebeneinander und jeweils drei Paare in eine Richtung, drei leer hinunter, drei voll nach oben. Pro fünfhundert Meter Strecke kommt ein neues Paar hinzu, sonst würde sich die Förderzeit verlängern.«
    »Wie kommen sie aneinander vorbei?« Thomas ärgerte sich sogleich über seine Frage. Natürlich müssen sie aneinander vorbei, und da er wußte, daß die Strecke neun Meter breit war, ging das sicher nur über Ausweichstellen.
    »Ausweichstellen«, sagte Kramer. »Das Förderspiel wird von einem Prozeßrechner gesteuert.«
    »Die Förderwagen«, fragte Thomas, »gleislos?«
    Jetzt verhielt Kramer den Schritt. Er sah Thomas kurz an, prüfend, wie ihm schien, und sagte: »Ja, gleislos.«
    Thomas hatte das Gefühl, das einen beschleicht, wenn man meint, sich nicht richtig verhalten zu haben, ohne daß einem klar ist, weshalb.
    Kramer sprach schon weiter. »Also hier«, er deutete nach oben, »beginnt der Zug, den du für die Kurvenangabe brauchst.«
    In der Firste befand sich die Vermarkung eines Festpunktes mit einer Schutzkappe. Es war ein blauer, im Eis befestigter Ring und eine Kunststofftafel mit der eingravierten Nummer 27.
    Die Bedenken, die Thomas tags zuvor schon gekommen waren, als er seinen Arbeitsauftrag erhalten hatte, stellten sich wieder ein. Genaugenommen war es Angst vor der Verantwortung. – So viel Praxis, wie man hier glaubt, habe ich nicht, dachte er. Aber das kann ich doch niemandem sagen. Bislang sind sie schön geradeaus gefahren, fast vier Kilometer. Ausgerechnet jetzt geht dieser Kramer in Urlaub, jetzt, wo die erste Kurve angelegt wird, und ausgerechnet ich muß sie angeben.
    »Du kommst mit drei Aufstellungen hin«, fuhr Kramer fort. »Allerdings mußt du das Auffahren der Kurve täglich kontrollieren. Das Eis arbeitet, und dann die Erschütterungen.«
    Kramer machte Thomas auf die nächsten Festpunkte aufmerksam, gab ihm, ein wenig von oben herab, diesen und jenen Rat. Allmählich ging er Thomas auf die Nerven.
    Vor ihnen wurde es heller. Scheinwerfer ließen das Eis glitzern. Im Näherkommen sah Thomas zwei Schatten hin und her huschen. Ein zischendes Geräusch nahm zu. Schwere Motoren tuckerten im Leerlauf.
    Die Verkleidung war plötzlich zu Ende. Ein Durchbruch von einem Meter Höhe gab nun links den Blick in die Hauptstrecke frei.
    Thomas war beeindruckt. Neun Meter breit und drei Meter hoch – im Halbdunkel. Das ist beeindruckend. Vorn vier auf sie gerichtete Scheinwerfer, trübe in Dunst und Dampf. Dort tat sich was – sie waren vor Ort.
    Plötzlich donnerten Motoren auf, die vier Scheinwerfer rückten heran, wurden klarer.
    Thomas blieb stehen.
    Aus dem Dunst lösten sich zwei Kolosse, Panzer, die schwersten, zugleich schnellsten und zuverlässigsten ihrer Art. Sie waren aber nicht mehr panzertypisch: Der sonst so bedrohlich wirkende Kanonenturm fehlte, die überschwere Panzerung ebenfalls. Zwei durch einen flachen Quader verbundene Raupenketten waren übriggeblieben. Die Piacrylhaube, die den Kopf des Fahrers schützte, wirkte wie eine Blase.
    Eisbruch und Wasser spritzten. Thomas wich bis an das Geländer zurück – auch weil er erschrocken war: Hinter den Ungetümen kam die Ortsbrust in seine Richtung. Deutlich, sich aus dem Wrasen lösend, rückte das Eis, durch die roten Rücklichter der Fahrzeuge gespenstisch funkelnd, auf ihn zu.
    Das Geländer preßte sich ihm in die Rippen. Knapp zwei Meter
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