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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020
Autoren: Alexander Kröger
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Vorwürfe Kramers doch Regungen hervorgerufen hatten. Er glaubte es Delands Gesicht anzumerken, in dem die Kaumuskeln verborgen zitterten, wohl ein Zeichen, daß die Zähne fest aufeinanderbissen.
    Es war Thomas peinlich, das Donnerwetter heraufbeschworen zu haben und jetzt mit Deland reden zu müssen. Aber in sein Bewußtsein drängte sich die Aufgabe, die Kurve, die er gedanklich schon abgesteckt hatte. Und dann Leute wie Deland und der blasse Student, ein Renitenter und ein Ahnungsloser – das kann heiter werden, dachte er.
    Mit diesen Befürchtungen aber wuchs in Thomas gleichzeitig Neugierde. Wer ist Deland? Was ist das für einer, wie kommt er ausgerechnet in die Antarktis? – Zumal ihm bislang der Eindruck vermittelt wurde, die Möglichkeit, in der Antarktis zu praktizieren, sei eine Art Auszeichnung. – Wie kommt er, der als »Abschaum« bezeichnet wird, nach TITANGORA? Das offenbar wiederholte disziplinwidrige Betragen Delands paßte nicht in das Bild, das Monig sich von einem machte, der ausgezeichnet wurde.
    Während Thomas die Aufgabe erläuterte, beobachtete er Deland. Thomas sprach leise, auch aus Furcht, die Fachkollegen im Büro könnten an seinen Darlegungen etwas Kritikwürdiges finden, zwang jedoch damit seine Helfer, ihm mit voller Aufmerksamkeit zu folgen.
    Der Vorpraktikant tat es mit sichtlichem Eifer, stellte viele, mitunter gesuchte Fragen.
    Anders Deland. Kein Anzeichen, daß er verstand, was Thomas sagte. Ihn zu examinieren scheute er sich, denn Deland war, so schätzte er, sicher fast ein Jahrzehnt älter als er.
    Thomas wies besonders auf die Fehlermöglichkeiten während der Messung hin, versuchte demonstrativ darzulegen, was der Gehilfe nicht machen durfte. Das gleiche: Hier beinahe lästiger Übereifer des einen, dort aufreizender Gleichmut des anderen. Nur zum Schluß ließ sich Deland auf die Frage, ob alles klar sei, ein undeutliches o. k. abringen.
    Gleich als die beiden das Büro verlassen hatten, ging Thomas ins Vorzimmer und erkundigte sich bei Nina: »Was ist das für einer, dieser Deland?«
    Sie schaute hoch. »Na ja«, antwortete sie zögernd. »Er hat wohl eine leichte Störung im vegetativen Nervensystem, ist deshalb nicht schichttauglich und GEOMESS als Gehilfe zugeteilt worden. Er schlägt manchmal ein bißchen über die Stränge.«
    »Aber das rechtfertigt doch Kramers Verhalten nicht«, warf Thomas ein.
    »Die beiden können sich nicht riechen«, sagte Nina. »Wahrscheinlich befürchtet Kramer, daß sich Deland dir gegenüber renitent verhalten könnte. Und das würde ja kein besonderes Licht auf unsere Abteilung…«, Nina lächelte, »und die Mitarbeiter werfen.« Dann sah sie ihn ziemlich lange an. Sie zog die Mundwinkel – ein wenig verächtlich, wie es Thomas schien – nach unten. »Angst?« fragte sie.
    Thomas schüttelte den Kopf. »Nur verlassen möchte ich mich auf die Leute können. Wo kommt er denn her, der Deland? Ich denke, es sind nur Auserwählte hier?«
    »Er gehört zu den Amerikanern«, sagte Nina. »Wir haben hier Leute einer Division, die sich freiwillig verpflichtet hat, als militärische Einheit drei Jahre in der Antarktis zu arbeiten. In der Zwischenzeit macht man sich Gedanken, diese Leute irgendwie einzugliedern. Einige werden sicher auch hier bleiben.«



»Na und?« fragte Thomas geringschätzig, »kann man da nicht solche Leute, die nicht spuren, abschieben? Hier stören sie doch nur.«
    Das hätte er wohl lieber nicht sagen sollen. Nina schaute ihn an, kalt. »Wohin schieben?« fragte sie. »So einer geht woanders erst recht vor die Hunde. Seine Leute haben mit sich zu tun.«
    Thomas biß sich auf die Unterlippe und sagte dann, sich ein Lächeln abquälend: »Ich werde schon auskommen mit ihm.« Überzeugt davon war er nicht. Vor allem, wenn er an die Kurve dachte, war ihm gar nicht wohl, solch einen Mitarbeiter wie Deland zu haben.
    Die Messung verlief besser, als Thomas es sich vorgestellt hatte. Deland arbeitete leger, aber nicht unwillig. Der Student sprang hin und her, versuchte den Arbeitsanweisungen zuvorzukommen. Oft mußte Thomas seinen Eifer bremsen, oft ihm aber für beinahe Selbstverständliches Hinweise geben. Bei Deland war zu spüren, daß er schon öfter an derartigen Messungen teilgenommen hatte. Er reagierte gut auf Thomas’ Lichtsignale, wußte, worauf es ankam.
    An den Krach der »Pferdchen« hatten sie sich gewöhnt. Vor Ort arbeiteten sieben oder acht Leute. Pjotr, der immer noch Frühschicht hatte, unterstützte
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