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Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner
Autoren: Michael Lewin
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nicht, was ich sagen sollte.
    »Wollen Sie, daß ich's versuche?«
    Wenn ich einen Schlüssel hätte, könnte ich sie überraschen.
    War das gut? Oder würde das irgendwas zum Knallen bringen? Oder würde ein Klopfen an der Tür etwas zum Knallen bringen?
    »Machen Sie«, sagte ich.
    Sie machte. Ich saß im Wagen und zappelte rum. Ich machte mir Sorgen wegen der Koffer. Ich wußte, was die Scum Front in ihren Koffern transportierte.
    Was, wenn sie neue Bomben machten? Was, wenn sie drauf und dran waren, sich in einer spektakulären letzten Geste in die Luft zu sprengen? Gab es irgendeinen Grund zu glauben, daß sie das tun würden?
    Nun, ich würde trotzdem reingehen. Kam überhaupt nicht in Frage, daß ich so kurz vorm Ziel aufgab.
    Dann machte ich mir Sorgen, weil ich kein Testament gemacht hatte. Also schrieb ich eins auf ein Stück Papier aus meinem Notizblock. Alles für mein einziges Kind bis auf meine Bücher. Die gehen an meine Freundin. Und die besten Wünsche für Miller. Meine Mutter als Testamentsvollstrecker mit jeder Vollmacht. Keine achthundert Dollar für Frank.
    Als Bobby Lee zurückkam, grinste sie das betörendste zahnlückige Grinsen, das mir je untergekommen war. Sie ließ sich auf den Sitz fallen und klimperte mit einem Schlüssel.
    »Das ging aber schnell«, sagte ich.
    »Ein Zeichen, daß ich es mit einem Mann zu tun hatte«, sagte sie.
    Ich wollte etwas bemerken, aber sie unterbrach mich. »Der Angestellte gestern beklagte sich, daß er zwei Schichten machen müsse. Also mußte es heute wieder derselbe sein. Er mag Geld.«
    »Ich möchte, daß Sie etwas bezeugen.«
    »Wovon reden Sie?«
    Ich unterzeichnete das Testament und reichte es ihr.
    Aber nicht mal das wischte das Lächeln weg. »Geben Sie mir den Stift«, sagte sie und schrieb ihren Namen neben meinen. »Sie sind so ungefähr der verrückteste Typ, für den ich je gearbeitet habe.«
    »Heute glaube ich das selber«, sagte ich.
    »Also«, sagte sie, »Sie gehen in das Zimmer. Soll ich auch mitkommen?«
    »Nein.«
    »Was soll ich dann tun?«
    »Ich würde sagen, wenn ich nicht rauskomme, rufen Sie die Bullen.«
    »Wie lange geb ich Ihnen?«
    »Keine Ahnung. Beurteilen Sie das selber, aber lassen Sie mir etwas Zeit.«
    »Wenn ich recht verstehe, glauben Sie, daß diese Frauen gefährlich sind.«
    »Das glaube ich eigentlich nicht, aber es könnte trotzdem sein.«
    »Sind Sie sicher, daß Sie tun wollen, was Sie da tun, was immer es auch sein mag?«
    »Nein. Ich bin mir sicher, daß ich es nicht nicht tun will.«
    »Wenn Sie jemand anderes wären«, sagte sie, »würde ich fragen, was das wieder heißen soll. Wann gehen Sie?«
    »Jetzt«, sagte ich. Und stieg aus dem Wagen.
    *
    Zimmer Nummer siebenundvierzig erreichte man vom Parkplatz aus über eine kleine Steigung. Ich ging direkt zu dem Gehweg vor der Tür.
    Ich fühlte mich nackt. Das lag nicht daran, daß ich keine Waffe hatte. Es lag daran, daß ich keine Ideen hatte.
    Außerdem hatte ich Angst. Ich ging zur Tür und lauschte. Nichts.
    Ich versuchte durchs Fenster zu sehen, aber die Vorhänge waren zugezogen.
    Ich drehte mich wieder zu Bobby Lee um. Sie sah mir teilnahmslos zu.
    Ich ging zu der bewußten Tür und ließ den Schlüssel ins Schloß gleiten. Ich machte eine leichte Drehung mit dem Handgelenk. Die Tür öffnete sich.
    Ich schob mich vorsichtig hindurch. Die Luft in dem geschlossenen Zimmer roch abgestanden. Ich fand den Lichtschalter. Ich legte ihn um.
    Sie waren alle da. Alle vier.
    Sie lagen jeweils zu zweit in den Doppelbetten, aber sie trugen Straßenkleidung.
    Sie waren reglos. Sie waren still. Sie waren tot.
     
     

61
    Ich ging rückwärts aus dem Zimmer und zog die Tür hinter mir zu. Ich ächzte nach frischer Luft.
    Es war richtig, wenn die Leute im Zimmer siebenundvierzig sich wegen ihrer Taten schuldig fühlten. Sie sollten für die Angst, die ihre ›Bomben‹ verursacht hatten, leiden.
    Aber sie sollten nicht tot sein. Nein.
    Nein, wirklich nicht. Das war einfach nicht richtig.
    Dafür war die Bedrohung, der sie sich ausgesetzt hatten, nicht groß genug.
    Die Bedrohung für sie war ich.
    Ich lehnte mich neben der Tür an die Wand. Dann ließ ich mich zu Boden gleiten und setzte mich auf den Gehsteig.
    Ich hörte ein Geräusch vom Parkplatz. Bobby Lee hatte die Tür ihres Wagens geöffnet.
    Sie sah, daß ich sie gesehen hatte. Sie hielt inne.
    Ich schüttelte den Kopf. Nein. Es war falsch.
    Sie stieg wieder in den Wagen. Um zu warten. Um zu sehen, was ich
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