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Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne

Titel: Anne - 01 - Anne - 01 - Das Leben wird schöner Anne
Autoren: Berte Bratt
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Und sie wollte sich keinerlei Schwäche gestatten.
    Dennoch gab sie sich an diesem Abend hemmungslos den Tränen hin. Sie weinte und weinte, und sie fühlte sich unbeschreiblich einsam. Wenn man auch stark wie der norwegische Fels ist, tut es doch weh, von dem im Stich gelassen zu werden, den man hebt. So stark ist kein Mensch, erst recht nicht ein achtzehnjähriges Mädchen, daß es das ohne Schmerz aushält.
    An einem der nächsten Tage erhielt Anne ganz überraschend den Besuch von Eva Daell. »Hallo, Anne!« rief Eva. »Wo bist du denn gewesen, Mädchen? Bist du krank oder beleidigt?«
    »Keins von beiden«, sagte Anne. »Ich hatte die letzten Sonnabende zu arbeiten.«
    »Und dann läßt du deine alten Freunde an den sechs anderen Tagen der Woche im Stich? Ich sage dir, du kannst dich auf eine mächtige Strafpredigt von meinen Mannsleuten gefaßt machen - und die kriegst du heute abend! Du wirst mit mir zur Premiere gehen. Hinterher sind wir bei uns zusammen.«
    »Ja, aber Eva. «
    »Unsinn! Du hast zu kommen, verstanden?« Der gute Ausdruck in Evas Augen stand in striktem Gegensatz zu ihrer befehlenden Stimme.
    Anne zögerte. Sie sollte mit Jess und Lotti zusammentreffen, sollte es miterleben, wie die beiden. Nein. Dann aber gab sie sich einen Ruck. »Ja, danke, Eva, ich komme.«
    Am Abend saß Eva zwischen ihrem Sohn und Anne im Theater. Anne trug die Spitzenbluse, den kleinkarierten Rock und die schwarzen, wildledernen Pumps. Evas Herz wurde warm, wenn sie das helle Gesicht sah und die dünne Gestalt in dem einstigen Prachtkleid, das jetzt schon ziemlich abgetragen war.
    Hernach fand sich Anne in der lieben, wohlbekannten Umgebung wieder, die sie von so vielen Besuchen her kannte. Im Eßzimmer war ein kaltes Büfett gedeckt, man aß im Stehen, und die Stimmung der Gäste war schon ziemlich gehoben.
    Jess schaute Anne ein wenig von der Seite an und sprach nicht viel. Aber als Anne jetzt mit ihrem Teller und der Tasse in der Hand aus dem Eßzimmer kam, zog er sie neben sich auf das Ecksofa.
    Ihnen gegenüber saßen Lotti, Timm Jervig und Henrik Höeg, der heute abend in der Heldenrolle einen schönen Erfolg gehabt hatte.
    Onkel Herluf klopfte ans Glas. »Liebe Freunde«, sagte er und stand auf. »Hiermit gestatte ich mir, Ihnen zwei neue Hoffnungen der Kunstwelt vorzustellen: die Schauspielerin und Schriftstellerin Lotti Hagen - und den Gymnasiasten und Komponisten Jess Daell! Die Schauspielerin und der Gymnasiast werden Ihnen von früher her bekannt sein - die Schriftstellerin und den Komponisten werden Sie kennenlernen, wenn das Märchenspiel, das beide zusammen verfaßt haben, am zweiten Weihnachtstag Premiere hat. Nicht wahr, Herr Direktor?«
    Der Theaterdirektor, der ebenfalls anwesend war, nickte und erhob sich. »Liebe Lotti«, sagte er, »es hat mir großen Spaß gemacht, dein Märchenspiel zu lesen. Aber noch amüsanter wird es sein, wenn die Verfasserin selbst die Titelrolle spielt. Und wenn der Komponist«, er deutete auf Jess, »am Dirigentenpult steht.«
    »Und der Mann der Verfasserin spielt den Helden!« rief der Schauspieler Henrik Höeg. »Ja, liebe Anwesende - ich darf es schon jetzt verraten: Bis Weihnachten werden Lotti und ich verheiratet sein!« Hochrufe und Glückwünsche klangen auf. Alles gratulierte dem Brautpaar Lotti und Henrik und dem neugebackenen Komponisten Jess. Anne aber saß ganz still. Wie ein großes weißes Licht hatte es sich in ihr entzündet. Sie versuchte, ihr Mienenspiel zu beherrschen. Aber die Nasenflügel bebten, und ihre Augenlider zuckten - und dann kullerten blanke Tränen über ihre Wangen hinunter.
    Unterm Tisch wurde ihr ein Herrentaschentuch in die Hand gesteckt, und ein Arm legte sich um ihren Hals. »Anne.«, flüsterte Jess in ihr Ohr. Und seine Hand drückte fest die ihre. Keiner merkte etwas bei all dem Lärm, bei all der Fragerei und all den Glückwünschen.
    »Aber, Jess!« rief Timm. »Wie hast du es zuwege gebracht, diese Arbeit so lange vor deinen Eltern zu verheimlichen? Und wie schaffst du die Schule, wenn du die Nächte hindurch Musik schreibst und jeden Abend mit Lotti Besprechungen hast?«
    »Die Schule?« rief Onkel Herluf. »Das Zeugnisheft meines Sohnes ist in einem Zustand, daß ich den Rohrstock auf seinem Rücken tanzen lassen würde, wenn ich nicht ein so alter und hinfälliger Mann wäre.«
    »Es wäre schade um den Rohrstock, Vater«, sagte Jess. »Außerdem vergißt du, daß ich meinen Privatunterricht habe. Du vergißt Anne!«
    Sobald
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