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Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Titel: Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)
Autoren: Rina Bachmann
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jault immer kläglicher. Das Mädchen steht langsam auf und streichelt dem Hund über den Rücken. „Ist schon gut, Freundchen“, sagt es mit ruhiger Stimme, richtet sich gerade auf, beide Füße fest auf dem sandigen Boden, und dreht sich dem Leittier zu. Der Hund fängt an zu winseln. Das Kind steht wie eine Statue da und sieht dem Wolf ohne zu blinzeln direkt in seine gelben Augen, der Blick gebieterisch und stark.
    Der Wolf knurrt, reißt das Maul weiter auf. Seine scharfen Zähne sind von der untergehenden Sonne leicht rötlich gefärbt, die Augen an die schmalen Augen des Mädchens geheftet.
    Das Mädchen zeigt keine Reaktion auf seine Drohgebärden und starrt ihn nur unverwandt an.
    Das Tier macht keinen weiteren Schritt nach vorne, das Rudel wartet geduldig.
    Wie lange geht diese Partie, ein paar Minuten oder eine Ewigkeit? Schließlich blinzelt das Leittier, senkt den Kopf, dreht sich um und verschwindet in der Dämmerung, sein Rudel hinter ihm.
    Wirbelwind heult über der Steppe. Oder ist es der Wolf, der auf eine sichere Beute verzichtet hat? Das Mädchen steht noch eine Weile da und blickt auf die Stelle, wo sich das Biest gerade noch geduckt hat. Dann dreht es sich um, streichelt den leise winselnden Hund, setzt sich wieder auf die alte Decke und würfelt erneut die kleinen runden Steine.
     
    Anna wurde auf einmal ihrer eingeschlafenen Beine bewusst. Dutzende Ameisen liefen von den Füßen hoch und pickten bei jeder Bewegung mit winzigen Nadeln in die Haut. In den Wunden an der rechten Hand und am Hals pochte das Blut. Die Stellen fühlten sich an, als stünden sie in Flammen.
    Die junge Frau erhob sich langsam, trottete strauchelnd in Alphiras Schlafzimmer und holte eine große alte Decke mit Mond und Sternen, die sie schon seit dem Tag kannte, an dem sie vor einer gefühlten Ewigkeit in diesem Haus aufgetaucht war. Die Decke war damals dunkelblau gewesen, die Sterne und der Mond von einem kräftigen, leuchtenden Gelb. Jetzt waren die Farben ausgeblichen. Sie gaben dem allgegenwärtigen Grau ihren Platz: Hellgrau für Sterne und Dunkelgrau für den Hintergrund. Die Jungmagierin lächelte traurig. Die alte Decke ist wie die Oberwelt . Früher gab es da draußen die wunderschönsten Farben, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte. Diese Welt hat sich verändert . Etwas hat sie verlassen, was für das erfüllte, sinnvolle Leben früher gesorgt hat . Sie deckte Alphira von Kopf bis Fuß zu und ging zum Ausgang.
    An der Türschwelle drehte sie sich noch einmal um, warf einen nachdenklichen Blick auf die Großmagierin zurück und sagte: „Ja, du hast recht. Es ist an der Zeit zu beweisen, dass ich kein kleines Mädchen mehr bin. Ich will die Oberwelt wieder so haben, wie sie gewesen ist, als du mich hierhergebracht hast: so strahlend schön, so glücklich und zufrieden. Es war noch die Welt, wo Träume wahr wurden. So soll sie wieder sein. Und ich muss zusehen, dass ich es hinbekomme.“
    Anna schloss die Tür fest hinter sich und lief in ihr Zimmer hoch. Sie wollte den kleinen Drachen holen, aber der Nachttisch, auf den sie ihn am Abend zuvor gestellt hatte, war leer. Sie guckte hinter den Nachttisch, unter das Bett, sogar im Bad prüfte sie alles gründlich. Der Drache war nicht da. Sie blickte fassungslos um sich. „Wo mag er sein? Wie ist er hier weggekommen? Ich habe ihn doch hier gelassen!“

Kap itel 4. Bei der Hüterin des Wissens.
    Ohrenbetäubendes, mehrstufiges Poltern ließ die Wände beben und die Türen zuschlagen. Anna schnappte sich eine Kerze und lief dem Krach nach. Aus dem Wohnzimmer zur Seitentür, immer weiter die schmale, steile Steintreppe herunter, bis sie in einem dunklen engen Raum vor einer schweren eisernen Kellertür stand. Sie war einen Spalt offen. Alte, abgestandene Luft stieß ihr in die Nase. Sie schob die Tür, die sich nur mit viel Mühe aufziehen ließ, ein wenig weiter auf und spähte hinein.
    Undurchschaubare Schwärze blickte ihr entgegen. Ihr kam sie wie eine alte Hexe vor, die mit hochgehobenen Händen hinter dem Türrahmen auf sie wartete, bereit, sie zu verschlingen. Die Jungmagierin schluckte, zog die Tür, die dabei schrill quietschte, weiter auf und schritt über die Schwelle. Ein schmaler Tunnel mit einem niedrigen Gang nach rechts zeichnete sich im Flackern der Kerze ab. Unsicher trippelte sie hinein. Die schwere Tür fiel nach einem hohen Aufquieken mit einem dumpfen Schlag, der noch einige Sekunden nachhallte, hinter ihr zu. Der Durchzug blies die
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