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Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin

Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin

Titel: Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin
Autoren: Jeanne C. Stein
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– die sie zu einer Abtreibung gedrängt hätten. Sie kam also jetzt erst zu uns, weil sie fürchtete, dass Trish in ernsthaften Schwierigkeiten steckte – irgendetwas mit Drogen und einem Mordfall – und nicht wusste, an wen sie sich sonst wenden sollte. Außerdem wusste sie, womit ich meine Brötchen verdiene.
    Ich bin Kopfgeldjägerin, und Leute aufzuspüren ist mein Beruf. Und wir haben ihr das abgekauft.
    Es stellte sich aber heraus, dass fast alles an dieser Geschichte gelogen war. Carolyn hatte Trish gegen Geld Männern ausgeliefert, die sie missbrauchten.
    Sie ist jetzt tot, und der Dreckskerl, der in erster Linie für das verantwortlich ist, was Trish durch-machen musste, ist ebenfalls tot. Drei weitere Männer warten auf ihren Prozess. Wir hoffen, dass sie gestehen werden, damit Trish diesen Alptraum nicht noch einmal durchleben muss. Ihr ist aber auch klar, dass es anders laufen könnte.
    Doch jetzt ist sie hier neben mir – eine langbeinige Dreizehnjährige, die kurz davorsteht, zur Frau zu werden, und die lächeln und lachen und sich sicher fühlen kann in dem Wissen, dass sie eine Familie gefunden hat, in der sie nichts zu fürchten braucht.
    Falls es zum Schlimmsten kommen sollte und sie vor Gericht aussagen müsste, weiß sie, dass wir ihr beistehen werden. Bis dahin werden wir aber erst einmal die Weihnachtsfeiertage genießen. Als Familie.
    Trish hält in jeder Hand einen Ohrring. »Ich kann mich zwischen diesen beiden nicht entscheiden. Welcher gefällt dir besser?«
    Einer ist ein Knoten aus Gold, etwa so groß wie eine Zehn-Cent-Münze. Der andere ist ein filigraner Kreole.
    »Die Kreolen. Mom trägt gern Kreolen.«
    Trish hält sich den Ring ans Ohr und schaut in den Spiegel. »Mir gefallen sie auch.«
    Sie übergibt die Kreolen der Verkäuferin. »Wir nehmen die hier, bitte.«
    Die Verkäuferin ist Mitte dreißig, hat glattes, braunes Haar und trägt Lippenstift in einer Farbe, mit der ich wie eine Nutte aussehen würde. An ihr wirkt sie vornehm. Sie lächelt, legt das Vorlagetablett mit den übrigen Ohrringen hinter den Tresen und nickt mir zu.
    Ich interpretiere ihr Nicken schon richtig, verweise sie aber mit einem Schulterzucken an Trish. »Meine Nichte möchte sie kaufen.«
    Eine sorgfältig in Form gebrachte Augenbraue hebt sich ein ganz klein wenig. »Und wie möchten Sie bezahlen, Miss?«, fragt sie.
    Trish erwidert das Lächeln. »Bar.«
    Die Verkäuferin nickt und wendet sich ab, um den Betrag in die Kasse einzugeben.
    »Bist du sicher, dass du genug Geld dabeihast?«, flüstere ich. »Ich kann dir gern –«
    Trishs Gesicht glüht. »Ich will das selbst machen«, sagt sie. »Ich weiß nicht, wo ich ohne Oma und Opa Strong gelandet wäre. Ich will ihnen zeigen, wie dankbar ich für alles bin, was sie für mich getan haben.«
    Ich drücke ihre Schulter. Leider weiß ich ziemlich genau, wo sie jetzt wäre. Entweder bei einem elenden Miststück, ihrer echten Großmutter nämlich, oder bei irgendwelchen Pflegeeltern. Schwer zu sagen, welche Alternative die schlimmere gewesen wäre.
    Deshalb habe ich mich ja auch für diese Lüge entschieden. Weder Trish noch meine Eltern wissen, dass sie in Wahrheit nicht das Kind meines Bruders ist. Ein Gentest hat das erwiesen, und ich habe ihn verschwinden lassen. Ich werde nie erfahren, ob Carolyn die Wahrheit kannte oder nicht. Das spielt auch keine Rolle. Trish ist da, wo sie hingehört, und wenn es nach mir geht, wird sie genau da bleiben.
    Die Verkäuferin tritt wieder zu uns. »Das macht zweihundertsiebenundneunzig Dollar und achtzig Cent«, sagt sie zu Trish.
    Trish grinst mich an, holt drei Hundert-Dollar-Scheine aus ihrem Portemonnaie und gibt sie ihr.
    Carolyn Delaney hat in ihren letzten Monaten auf Erden nur eine gute Tat getan, nämlich eine Lebensversicherung abgeschlossen, in der Trish als Begünstigte genannt ist. Vielleicht hat sie gespürt, dass die Geschichte, in die sie sich und ihre Tochter verstrickt hatte, nicht gut ausgehen würde. Vielleicht war das ihr jämmerlicher Versuch, Trish um Verzeihung zu bitten, falls dieses böse Ende eintreten sollte. Jedenfalls wurde der Großteil des Geldes fürs College zurückgelegt, aber meine Eltern fanden, Trish sollte auch etwas für sich selbst ausgeben dürfen.
    Und was hat Trish damit gemacht? Das meiste davon hat sie für Geschenke an ihre neue Familie ausgegeben.
    Trish freut sich so sehr darüber, dass sie die Ohrringe selbst bezahlen kann. Dieser Anblick wird nur noch von ihrem
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