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Anna Strong Chronicles 01 - Verführung der Nacht

Anna Strong Chronicles 01 - Verführung der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 01 - Verführung der Nacht
Autoren: Jeanne C. Stein
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sollte er sich das nicht so vorstellen? Schließlich hat fast jeder Abend, seit ich ihn kenne, so geendet. Es wird ihn wohl überraschen, dass dieser Abend so ganz anders enden wird.
    Aber leicht wird das nicht. Ich muss meinen Geist sauber schrubben und jede Spur der Sorge um David daraus tilgen, die Erinnerungen an meine morgendliche Entdeckung und den Hass, der sich in meinem Magen verhärtet wie trocknender Beton. Avery muss glauben, ich sei noch dieselbe Frau, mit der er heute Morgen geschlafen hat. Wenn er irgendeinen Verdacht schöpft, wird er mich töten, daran zweifle ich nicht.
    Ich streiche mit den Händen über meinen Körper. Ich weiß nicht, wie ich in Averys Meisterwerk der Verführung aussehe. Es gibt keine Spiegel im Haus, und selbst wenn, könnte ich sie nicht gebrauchen. Ich kann auch kein Makeup auftragen oder irgendetwas mit meinem Haar anstellen, außer es zu kämmen. Also zupfe ich mit den Fingern mein von der Dusche nasses Haar zurecht und verteile ungeduldig etwas Lipgloss auf meine trockenen Lippen.
    Ich will es hinter mir haben. Es ist eine Ironie, dass ich Averys eigene Stärke gegen ihn einsetzen werde. Er hat mir mit seinem Blut auch seine Kraft gegeben. Das hat Williams gespürt, als ich ihn angegriffen habe, und deshalb konnte ich ihn besiegen. Das begreife ich jetzt.
    Ich schaue auf die Uhr. Es ist zehn vor acht. Der Wagen muss jeden Moment kommen. Wird Avery selbst darin sitzen? Ich glaube es nicht. Ich glaube, er will mir einen großen Auftritt lassen. Vielleicht soll ich irgendeine vergoldete Treppe herunterschweben oder wie eine Vision in einem von Kerzen erleuchteten Garten erscheinen. Schließlich ist er Romantiker.
    Und ich bin darauf hereingefallen.
    Ich seufze und schlüpfe in echte Fick-mich-Schuhe, Slingpumps mit 10-ZentimeterAbsätzen von Manolo Blahnik. Avery hat an alles gedacht. Die Schuhe habe ich unten in dem Kleidersack gefunden.
    Punkt acht Uhr biegt eine schwarze MercedesLimousine in die Auffahrt ein.
    Ich öffne die Tür, um den Fahrer zu begrüßen, und bin nicht erstaunt, als ich sofort spüre, dass er ein Vampir ist. Er muss sehr jung verwandelt worden sein, denn er sieht aus, als wäre er Mitte zwanzig. Sein schlanker Körper steckt in einem schwarzen Smoking. Er hebt zwei Finger und lächelt zur Begrüßung. Ich lese in seinen Gedanken, dass ihm das Kleid gefällt und er die Frau darin »scharf« findet. Anscheinend ist es ihm egal, dass ich das alles mitverfolgen kann, auch die körperlichen Reaktionen. Die Dreistigkeit der Jugend.
    Aber mir ist es auch egal. So egal, dass ich ihn nicht einmal frage, wie lange er schon Vampir ist. Ich will nur, dass er mich zu Avery bringt. »Sind schon unterwegs«, sagt er grinsend. Als ich auf dem Rücksitz Platz genommen habe, setzt er sich ans Lenkrad. Von dem Moment an sind mir seine Gedanken verschlossen. Ich blicke mich in der Limousine um, sehe Lautsprecher und höre ein sanftes Rauschen. Avery hat auch dieses Auto mit seinem persönlichen Schutzschild ausgestattet. Eigentlich bin ich darüber erleichtert.
    Denn das bedeutet, dass ich meine Gedanken nicht hüten muss. Der Fahrer dreht sich um und sieht mich an. »Mein Name ist Robert«, sagt er. »Und Dr. Avery lässt ausrichten, Sie sollten sich zurücklehnen, sich entspannen und die Fahrt genießen. In der Minibar ist gekühlter Champagner.« »Wo fahren wir denn hin?«
    Wieder dieses Lächeln. »Das ist eine Überraschung.« Dann wendet er sich wieder ab, drückt auf einen Knopf, eine verdunkelte Scheibe fährt zwischen uns hoch, und ich bin allein auf dem Rücksitz, allein mit meinen Gedanken und einer Flasche 1962er Dom Perignon. Die Nacht ist mondlos, die Luft still.
    Ich beobachte durch die Fenster, dass wir die Küste hochfahren. In Del Mar biegt Robert auf eine Seitenstraße ab, die sich von der Küste ins Vorgebirge emporschlängelt. Ich lehne mich zurück, nippe Champagner aus einer Kristallschale und genieße die Vorfreude auf das gewaltige Chaos, das ich in Averys Welt anrichten werde.
    Dasselbe Chaos, das er in meiner angerichtet hat. Die Vorstellung von seinem lichterloh brennenden Haus wärmt mich und stärkt meine Entschlossenheit. Doch all das muss ich jetzt sogar aus meinem Unterbewusstsein verdrängen.
    Ich muss eine andere Art von Feuer schüren. Er muss glauben, ich käme in Liebe zu ihm, bereit, das Leben anzunehmen, das er mir bietet. Und es ist wirklich nicht so schwierig, diesen Schalter umzulegen. Immerhin glüht die Leidenschaft, die sich
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