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Ann Pearlman

Ann Pearlman

Titel: Ann Pearlman
Autoren: Apfelblüten im August
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einen Ständer dafür? Der kostet noch mal hundert.«
    »Vielleicht später.«
    Als er das Keyboard in die Schachtel packte, legte er noch das Heftchen mit der Gebrauchsanweisung obendrauf.
    Im Bus nach Hause stellte ich die Schachtel auf den Platz neben mir, als würde da noch ein Mensch sitzen, und ließ schützend meine Hand darauf ruhen.
    Mein Dad verlor nie ein Sterbenswörtchen darüber. Wahrscheinlich hat er gar nichts davon gemerkt.
    Mom war nicht da, als ich heimkam. Ich packte meinen neuen Besitz aus und begann sofort zu spielen. Das Keyboard hatte sogar einen Anschluss für Kopfhörer, so dass Mom mich nicht üben hörte. Jetzt hatte ich endlich herausgefunden, wie man ein Teenager war. Wenn ich meine Musik spielte, konnte ich alles ausblenden, was um mich herum vorging. Das Keyboard mit dem Klang der Welt unter meinen Fingerspitzen und den Kopfhörern, mit denen ich nichts anderes mitkriegte als das, was ich spielte. Meine perfekte Flucht.
    Als Mom das Keyboard in meinem Zimmer stehen sah, runzelte sie die Stirn und fragte: »Wo hast du das her?«
    »Dad hat es mir zum Geburtstag geschenkt.«
    »Wann denn? Dein Geburtstag ist ein halbes Jahr her.«
    »Letzten Monat«, erwiderte ich achselzuckend und wandte mich ab. »Du kennst doch Dad. Er ist immer zu spät dran. Oder vergisst meinen Geburtstag ganz. Es war im Sonderangebot.« Ich wusste, dass sie ihn nie danach fragen würde. Sie erträgt es nicht, mit ihm zu reden. Und dann fragte ich sie, ob ich ihr meinen neuesten Song vorspielen soll, und sie hörte eine Weile zu, doch ich merkte an ihren Augen, dass sie an ganz andere Dinge dachte.
    »Klingt toll, Kleines.«
    Das mechanische Lob, das Eltern ihren Kindern machen, wenn sie eigentlich nicht bei der Sache sind.
    Schließlich stand Mom auf und verließ mein Zimmer, um all die Sachen zu erledigen, die sie erledigen musste.
    An diesem ersten Tag sagte ich Aaron nichts davon. Ungefähr einen Monat vor Levys Geburt färbte ich mir die Haare in meinem Naturton, und dann erzählte ich ihm die ganze Geschichte. Die Untreue meines Vaters ließ mir immer noch keine Ruhe. Später hab ich angefangen, mir Strähnen in Platin und Knallrot machen zu lassen, das sieht auf der Bühne besser aus. Und darauf kommt es jetzt an.
    Das ist also die Geschichte, wie ich Special Intent kennenlernte: Er hat die Wand mit einer Farbrolle angestrichen, und ich hatte einen Mini-Pinsel für die Ränder. So kam es, dass ich nach Detroit zog, wo alles um uns herum zusammenzufallen drohte, und mit meinem Keyboard, meinem Freund, seinen Leuten und unserem braunhäutigen, ringellockigen, großäugigen, langwimprigen Baby herumhing. So kam es auch, dass wir jetzt auf der Schwelle stehen.
    Man weiß nie, was als Nächstes Wunderbares passiert, selbst wenn gerade alles ganz mies läuft.
    Und ausgerechnet als mir das durch den Kopf geht und unser wunderschöner Levy mit der Gabel einen Rhythmus trommelt, sagt Aaron zu mir: »Babe, man kann nie wissen, was für eine großartige Sache schon auf uns wartet.« Und beweist, dass unsere Gedanken trotz meines Misstrauens aufeinander abgestimmt sind.

2
    Ein anderer Mann
    Sky
    A n diesem Abend schlafen Troy und ich nicht miteinander. Als er von der Arbeit nach Hause kommt, hat er Schüttelfrost. »Ich glaube, ich habe mir eine Grippe eingefangen«, erklärt er, während er sich die Treppe hinaufschleppt, um sich im Bett zu verkriechen.
    »Daddy, guck mal, was ich gemacht habe.« Rachel zerrt ihn die Stufen wieder herunter und zeigt auf ihr Töpfchen. »Guck mal. Guck!« Sie nimmt den Deckel ab.
    Im Töpfchen befindet sich inzwischen noch mehr Pipi und auch ein bisschen Kaka. »Hey, da bin ich aber sehr stolz auf dich.« Er beugt sich zu ihr, will sie hochheben und herumwirbeln, aber er schafft nur eine halbe Drehung, dann setzt er sie hastig wieder ab. Als er die Hand ausstreckt, um sich an der Wand abzustützen, merke ich, wie krank er wirklich ist.
    »Sie hat das den ganzen Tag aufgehoben, um es dir zu zeigen«, erkläre ich und wende mich dann Rachel zu. »Komm, wir bringen es ins Klo und sagen Tschüss.« Ich gehe mit dem Töpfchen voraus, und Rachel folgt mir.
    »Freust du dich, Daddy?«
    Troy geht in die Hocke, damit er mit ihr auf einer Höhe ist, und streicht ihr übers Haar. »Ich bin stolz auf dich, Rachel, sehr, sehr stolz.« Dann blickt er zu mir hoch. »Genau wie Mommy. Ziele setzen und keine Zeit verschwenden.«
    Rachel grinst, beugt sich zu ihm und legt die Arme um seinen Hals. Als sie
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