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Anleitung zur Selbstorganisation

Anleitung zur Selbstorganisation

Titel: Anleitung zur Selbstorganisation
Autoren: Fredmund Malik
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können. 6 Kunden stellen aber
keine Ansprüche
in diesem Sinne.
Sie kaufen oder sie kaufen nicht
. Sie stellen Ansprüche im Sinne der Erfüllung ihrer Kaufverträge. Mit Stakeholder-Ansprüchen hat das rein gar nichts zu tun.
    Am Unternehmen als solchem sind Kunden im Grunde nicht interessiert, sondern ihr Interesse gilt der
Leistung
des Unternehmens. Sie sind interessiert an dem, was zu kaufen ist. Daher darf man auch nie auf Kundenloyalität bauen. Es mag diese geben, aber man darf sich niemals auf sie verlassen. Kunden wollen bessere Leistung, als sie sonstwo bekommen können. Kunden sind Leute, die Nein sagen können – weil es nicht nur diesen einen, sondern in einer Konkurrenzwirtschaft auch andere Lieferanten gibt. Jeder vernünftige Unternehmer hält sich als Kunde mehr als einen Lieferanten, um nicht abhängig zu sein – selbst wenn er dafür, was die Regel ist, höhere Preise zu bezahlen hat. Darin liegt ein weiterer Beweis gegen die ökonomische Gewinnmaximierungs-These: Unternehmerische Unabhängigkeit und Wahlfreiheit ist wichtiger als das letzte Prozent Gewinn …
    Ob und in welcher Weise Ansprüche Dritter, also von Stakeholdern, überhaupt zu erfüllen sind und wie diese sich legitimieren, ist eine andere Frage. Klar ist jedoch, dass keine Ansprüche erfüllt werden können, wenn ein Unternehmen seinen originären Zweck nicht erfüllt, nämlich Leistung für Kunden zu erbringen und das besser als der Wettbewerb.
    Für legitime Ansprüche an das Unternehmen brauchen wir zunächst den schwammigen Begriff des Stakeholders nicht zu bemühen. Zuallererst muss das Unternehmen
vertraglich
und
gesetzlich
legitimierte Ansprüche erfüllen. Niemand bei Verstand spricht in diesem Zusammenhang von Anspruchsgruppen. Dass das Unternehmen in ein vielgestaltiges, komplexes Netz von Vertragsbeziehungeneingebunden ist, die es zu erfüllen hat, ist eine Selbstverständlichkeit, und dass es gesetzliche Vorschriften einzuhalten hat, ebenfalls. Die Ansprüche der Mitarbeiter zum Beispiel manifestieren sich in den Arbeitsverträgen und im Arbeitsrecht. Es sind keine Ansprüche, sondern
Rechte
. Dasselbe gilt für den Staat, der seine gesetzlichen Rechte auf Steuern, Abgaben, Umweltverträglichkeit usw. geltend macht. Dieselben Überlegungen gelten zunächst für alle Gruppen oder Institutionen, die in diesem Sinne legitime Ansprüche an ein Unternehmen stellen können. Erst danach und darüber hinaus stellen sich weitere Fragen nach Ansprüchen und ihrer Legitimität.
    Die berechtigten Anliegen, die wegen der Sozialunverträglichkeit des Neoliberalismus in den Vordergrund gerückt sind, etwa die Forderung nach Social Responsibility und Corporate Citizenship, können ohne Customer-Value als Zweck nicht befriedigt werden, egal wie man den Legitimitätsstatus solcher Ansprüche herleitet oder postuliert.
    Man ist frei, falsch zu entscheiden
    Niemand kann gezwungen werden, die Zweck-Entscheidung so zu treffen und nicht anders, als ich das hier vorschlage. Wer das Unternehmen als ein Gewinnmaximierungs-System sehen will, ist frei, es zu tun. Man kann diese Entscheidung nur an den Konsequenzen beurteilen, die mutmaßlich aus ihr folgen. Ich denke, dass man beweisen kann, dass ein Unternehmen auf die Dauer nicht funktionieren kann, wenn es auf Gewinnmaximierung gerichtet ist.
    In einer freien Gesellschaft ist man eben frei, sich auch für etwas Falsches zu entscheiden. Nach Anhören aller Argumente pro und contra kann ein Aufsichtsrat oder Eigentümer frei entscheiden, das Unternehmen
nicht
nach Customer-Value führen zu lassen. Ob man das in einen Zusammenhang mit Ethik stellen will, kann lange diskutiert werden.
    Wenn wir als ethisches Gebot das hippokratische Prinzip akzeptieren »
Niemals wissentlich schaden – primum non nocere« –
dann ist es unethisch, gegen den Customer-Value zu entscheiden. Customer-Value alsoberster Zweck folgt aber nicht allein nur aus diesem ethischen Gebot, sondern viel direkter daraus, dass jede nicht auf den Kunden gerichtete Zweck-Orientierung das richtige Funktionieren des Unternehmens behindert.
    Milton Friedman, der extremste unter den liberalen Ökonomen, hat, vielleicht unbeabsichtigt, was ich nicht prüfen kann, die beste Antwort gegeben: »
The business of business is business«
7
.
Hätte er – immerhin Nobelpreisträger – »
profit«
sagen wollen, hätte er das wohl getan. Er sagte bei dieser Gelegenheit aber »
business«.
Business kann man nur mit Kunden machen …
    Mission
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