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Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten

Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten

Titel: Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Rasen mitten in einem ganz gewöhnlichen Wohnviertel gab es keine Hinweise. Darauf mochte ich wetten. Sie hatten die Leiche an einem Platz abgeworfen, der so steril und wenig zweckdienlich war wie die abgewandte Seite des Mondes.
     
    Nebel waberte über dem kleinen Viertel wie wartende Geister. Er hing so tief, dass man wie durch Nieselregen ging. Winzige Wasserperlen saßen auf der Leiche, wo der Nebel kondensiert war. In meinen Haaren bildeten sie graue Perlenketten.
     
    Ich stand im Vorgarten eines kleinen, hellgrünen Hauses mit weiß gestrichenen Zierleisten. An einer Seite lugte ein Maschendrahtzaun hervor, der den rückwärtigen Garten einzäunte. Es war Oktober, und das Gras war hier trotzdem noch grün. Der Wipfel eines Zuckerahorns ragte über das Dach. Seine Blätter hatten das typische Gelborange und leuchteten wie loderndes Feuer. Der Nebel unterstrich diese Wirkung, die Farben schienen in die nasse Luft auszubluten.
     
    An der ganzen Straße standen kleine Häuser und herbstlich leuchtende Bäume auf saftig grünem Rasen. Es war so früh am Morgen, dass die meisten Leute noch nicht zur Arbeit oder zur Schule oder sonst wohin gefahren waren. Folglich war es ein ziemlicher Menschenauflauf, der da von den uniformierten Polizisten zurückgehalten wurde. Man hatte Pflöcke in den Boden gehauen, die das gelbe Absperrband spannten. Die Leute drängten sich so dicht an das Band, wie sie es eben wagten. Ein zwölfjähriger Junge hatte sich bis in die erste Reihe durchgeschoben. Er starrte den Toten mit großen Augen an, sein Mund war nach einem aufgeregten kleinen Hauchlaut offen geblieben. Wo waren seine Eltern? Begafften wahrscheinlich genauso die Leiche.
     
    Die Leiche war weiß wie Papier. Das Blut sammelt sich immer an der tiefsten Stelle des Körpers. In diesem Fall hätten sich dunkelviolette Flecke an Gesäß, Rücken und den Unterseiten von Armen und Beinen bilden sollen. Doch es gab dort keine Leichenflecke, dazu hatte er zu wenig Blut im Körper. Die Mörder hatten ihn vollständig ausbluten lassen. Gut bis zum letzten Tropfen? Ich kämpfte gegen ein Schmunzeln an und verlor. Wenn man sich oft genug Leichen ansieht, bekommt man einen eigenartigen Humor. Das muss so sein, sonst wird man total verrückt.
     
    »Was ist so lustig?«, fragte jemand.
     
    Ich zuckte zusammen und fuhr herum. »Mensch, Zerbrowski, schleichen Sie sich nicht so von hinten an.«
     
    »Ist die 1 a-Vampirtöterin etwa schreckhaft?« Er grinste mich an. Sein widerspenstiges braunes Haar stand in drei verschiedenen Büscheln ab, als hätte er vergessen, sich zu kämmen. Sein Schlips hing auf Halbmast über einem blauen Hemd, das verdächtig nach einer Schlafanzugjacke aussah. Die Farbe des Anzugs biss sich damit.
     
    »Netter Schlafanzug.« Er zuckte die Achseln. »Ich habe auch einen mit kleinen Tufftuff-Loks drauf. Katie findet das sexy.« »Ihre Frau steht auf Eisenbahnen?«, fragte ich ihn. Sein Grinsen wurde breiter. »Wenn ich sie trage.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich wusste ja, dass Sie verdorben sind, Zerbrowski, aber Kleinkinderschlafanzüge, das ist wirklich krank.«
     
    »Danke«, sagte er lächelnd, blickte auf den Toten hinab, und das Lächeln verschwand. »Was halten Sie davon?« Er deutete auf die Leiche.
     
    »Wo ist Dolph?«
     
    »Im Haus bei der Frau. Sie hat ihn gefunden.« Er tauchte die Hände in die Hosentaschen und wippte auf den Absätzen. »Sie nimmt es mächtig schwer. Wahrscheinlich die erste Leiche, die sie außerhalb einer Beerdigung gesehen hat.«
     
    »Die normalen Leute sehen Tote nur auf Beerdigungen, Zerbrowski.« Er schlug hart mit den Sohlen auf und stand still. »Wäre es nicht schön, normal zu sein?« »Manchmal«, antwortete ich.
     
    Er grinste. »Ja, ich weiß, was Sie meinen.« Er holte ein Notizbuch aus der Jackentasche, das aussah, als hätte es jemand in der Faust zerdrückt. »Lieber Himmel, Zerbrowski.«
     
    »He, das ist nichts weiter als Papier.« Er versuchte, es glatt zu streichen, gab aber schließlich auf. Den Stift bereits zum Schreiben ansetzend, warf er sich in Pose. »Erleuchten Sie mich, oh übersinnliche Expertin.«
     
    »Werde ich es vor Dolph wiederholen müssen? Ich würde es lieber nur einmal erzählen und mich dann nach Hause ins Bett begeben.« »He, ich auch. Was glauben Sie, warum ich einen Schlafanzug anhabe?« »Ich hielt es für einen gewagten Modeauftritt.« Er sah mich an. »Aha.«
     
    Dolph kam aus dem Haus. Die Tür sah nicht aus, als würde
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