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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett)
Autoren: Susanne Gerdom
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ihr wachen, damit wir sofort reagieren können, wenn sich etwas an ihrem Zustand ändert.«
    »Lassen wir sie hier liegen?«, fragte Mellis und sah sich unbehaglich in der Baumhöhle um. Sie hatte den Kopf ein wenig eingezogen, als drückte die niedrige Decke sie hinunter.
    Jinqx, die neben Anna hockte und ihre Hand hielt, nickte müde. »Sie ist ein Mensch. Diese Umgebung bietet Schutz und Ruhe. Geht nur hinaus, ich bleibe hier bei ihr.«
    Die Grennach-Älteste blieb, als die anderen die Höhle verließen. Der Schock über das, was geschehen war, hatte noch tiefere Falten in ihr zerfurchtes Gesicht gegraben. Jinqx sah sie an und schüttelte leise den Kopf.
    »Mach dir keine Vorwürfe«, sagte sie. »Ich bin schuld daran. Ich hätte nicht allein mit ihr beginnen dürfen – aber ich dachte, ich könnte sie halten. Sie hat in den wenigen Tagen große Kraft gewonnen. Zu große Kraft, denn sie beherrscht sie einfach noch nicht.«
    Tallis lehnte sich an die Wand der Höhle. »Auch du solltest dir nichts vorwerfen. Es sind die Herzen, sie sind stärker als wir alle zusammen. Es war ein Fehler meiner Ahninnen, sie zu schaffen; damit haben wir der Magie eine Form und eine Stärke gegeben, die unsere Fähigkeiten übersteigt. Die Magie der Welten ist nichts, was ein Mensch oder eine Grennach jemals beherrschen kann. Es wäre besser, wenn ...« Sie verstummte und schloss die Augen.
    »Du musst nicht mit mir wachen«, sagte die Krähe nach einer langen Weile des Schweigens. »Schick mir den Jungen, er kann sein Lager hier aufschlagen und mich ablösen, wenn ich Schlaf brauche.«
    Tallis schüttelte den Kopf, ohne die Augen zu öffnen. »Es kann gut sein, dass du mich brauchst. Du bist eine weise und starke Zauberin, Sturmkrähe, aber die Herzen sind Grennach-Magie. Du kennst die eine ihrer Seiten – ich die andere.«
    Jinqx akzeptierte schweigend die sanfte Zurechtweisung. Sie rückte sich bequemer zurecht und entspannte Muskeln und Geist gerade so weit, dass sie nicht in Schlaf sank. Annas Gesicht, wächsern und still im gedämpften Licht der Glühsteine, sah mit halb geöffneten Augen blicklos zur Decke der Höhle hinauf. Nichts störte die Ruhe als der leise Atem der beiden wachenden Frauen.

    Sie flog unter einem düsteren Himmel, an dem fremde Sterne in einem beunruhigenden Glanz erstrahlten. Die Luft war warm und still, nichts regte sich, nichts außer ihr schien zu leben. Sie wusste nicht, wie lange sie schon so dahinflog, sie hatte vergessen, was ihr Ziel war und woher sie kam. Sie flog, und die warme, stille Luft trug sie.
    Irgendwann wurde sie müde, und sie landete am Ufer eines Meeres, das grau und reglos unter dem düsteren Himmel lag. Weit in der Ferne, wo Himmel und Meer zu etwas verschmolzen, das weder das eine noch das andere war, blinkten Sterne, die größer und näher zu sein schienen als die kalten Lichtpunkte über ihrem Kopf. Sie sehnte sich danach, diese Sterne zu berühren, aber sie wusste, dass die Kraft ihrer Schwingen nicht ausreichen würde, sie dorthin zu tragen. Mit einem tiefen, hoffnungslosen Seufzer verwandelte sie sich zurück in ihre menschliche Gestalt und setzte sich auf einen vom Wasser glatt geschliffenen Felsen.
    »Wonach suchst du?«, fragte eine Stimme. Ohne Überraschung wandte sie den Kopf und sah die große, weißhaarige Frau an ihrer Seite an. Wortlos deutete sie auf die beiden hellen Lichter am Horizont.
    Die alte Frau kniff ein wenig kurzsichtig die Augen zusammen und folgte ihrem Fingerzeig. »Ah, ja«, sagte sie. »Das ist ein sehr weiter Weg, wenn du ihn gehen willst.«
    »Zu weit für mich«, antwortete Anna.
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Solange du das denkst, wirst du scheitern«, sagte sie mit stillem Humor. »Weißt du, wo du bist?«
    Anna verneinte. Die Frau nickte bedächtig. »Das ist dumm. Wie kannst du einen Weg dorthin finden, wenn du nicht einmal weißt, wo ›hier‹ ist?«
    »Könnt Ihr mir nicht sagen, wo wir sind?«, bat Anna.
    Die alte Frau lachte. »Oh, ich weiß, wo ich bin. Aber das würde dir nicht viel weiterhelfen, oder?«
    Anna dachte nach. »Nein«, sagte sie schließlich. »Nein, das hilft mir nicht weiter.« Sie stand auf. »Danke schön«, sagte sie höflich. »Ich muss gehen. Man wartet auf mich.«
    Die Frau sah zu ihr auf. »Lass sie warten«, sagte sie scharf. »Denk lieber nach, statt loszurennen. Was willst du erreichen?«
    Anna starrte die beiden Sterne an. Sie lockten mit süßen Stimmen.
    »Das sind keine Sterne«, sagte sie. »Es sind
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