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Angst in deinen Augen

Angst in deinen Augen

Titel: Angst in deinen Augen
Autoren: Tess Gerritsen
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„Ich zahle Steuern. Ich bezahle Ihr Gehalt. Ich denke, dass ich mehr verdiene, als einfach nur abgebürstet zu werden.“
    „Oh. Die alte Leier vom Diener des Staates. Die habe ich schon so oft gehört …“
    „Das ist mir egal, Hauptsache, ich bekomme endlich eine Antwort von Ihnen.“
    „Ich bin mir nicht sicher, ob Sie meine Antwort hören wollen.“
    „Warum sollte ich nicht?“
    „Ich habe mir Ihr Auto angeschaut und außer schwarzen Lacksplittern, die beweisen, dass der andere Wagen Sie tatsächlich gerammt hat, noch etwas anderes gefunden.“
    „Noch etwas anderes?“ Perplex schüttelte sie den Kopf. „Und was genau ist dieses andere?“
    „Ein Einschussloch. In der Beifahrertür.“
    Nina spürte, wie ihr alles Blut aus dem Gesicht wich. Sie bekam vor Schreck kein Wort heraus.
    Er sprach in sachlichem Ton weiter. Erschreckend sachlich. Er ist kein Mensch, dachte sie. Er ist eine Maschine. Ein Roboter.
    „Die Kugel hat Ihr Fenster durchschlagen. Darum ist die Scheibe auf der Fahrerseite zersplittert, noch ehe Sie von der Straße abgekommen sind und sich überschlagen haben. Die Kugel hat Ihren Hinterkopf nur knapp verfehlt und ein Loch in die Plastikverkleidung der Beifahrertür gerissen. Wahrscheinlich steckt sie immer noch drin. Heute Abend werden wir das Kaliber wissen. Und vielleicht auch die Marke der Pistole. Doch was ich noch immer nicht weiß und was Sie mir werden erzählen müssen, ist, warum jemand versucht, Sie zu töten.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Es muss eine Verwechslung sein“, sagte sie tonlos.
    „Dieser Bursche macht sich eine Menge Mühe. Er jagt eine Kirche in die Luft. Verfolgt Sie. Schießt auf Sie. Das ist nicht nur eine Verwechslung.“
    „Muss es aber!“
    „Denken Sie ganz scharf nach, Nina. Überlegen Sie, wer Sie aus dem Weg räumen will.“
    „Ich habe es Ihnen schon gesagt, ich habe keine Feinde!“
    „Sie müssen welche haben.“
    „Ich habe aber keine. Ich habe …“ Sie schluchzte trocken auf und hielt sich den Kopf. „Ich habe keine“, flüsterte sie schließlich.
    Nach einem langen Schweigen sagte er behutsam: „Es tut mir leid. Ich weiß, dass es schwer fällt zu akzeptieren …“
    „Sie haben keine Ahnung, wie ich mich fühle, Detective. Ich habe bis jetzt immer geglaubt, dass mich die Leute mögen. Oder … wenigstens … dass sie mich nicht hassen. Ich habe immer versucht, mit allen gut auszukommen. Und jetzt erzählen Sie mir, dass da draußen irgendwer ist … irgendwer, der mich …“ Sie schluckte und starrte durch die Windschutzscheibe auf die dunkler werdende Straße.
    Während Nina im Krankenhaus untersucht wurde, lief Sam im Warteraum auf und ab. Ein paar Röntgenaufnahmen später kam sie noch blasser als vorher zurück. Sicher kam es daher, weil die Realität langsam in ihr Bewusstsein einsickerte. Sie konnte die Gefahr nicht mehr leugnen.
    Als sie wieder in seinem Wagen saß, sagte sie nichts, sondern starrte nur wie betäubt vor sich hin. Sam streifte sie ab und zu mit einem Seitenblick und machte sich darauf gefasst, dass sie jeden Moment in Tränen ausbrechen konnte, aber sie rührte sich nicht. Es machte ihn nervös. Und besorgt. Es war nicht normal.
    Er sagte: „Sie sollten heute Nacht nicht allein sein. Gibt es jemand, zu dem Sie gehen können?“
    Ihre Antwort war ein fast unmerkliches Schulterzucken.
    „Zu Ihrer Mutter?“, schlug er vor. „Ich fahre Sie nach Hause, dann können Sie sich ein paar Sachen zusammenpacken und …“
    „Nein. Nicht zu meiner Mutter“, murmelte sie.
    „Warum nicht?“
    „Ich … ich will … ich will ihr keine Unannehmlichkeiten machen, darum nicht.“
    „Unannehmlichkeiten? Ihrer Mutter?“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Entschuldigen Sie, dass ich frage, aber sind Mütter nicht dazu da? Um uns aufzuheben, wenn wir hingefallen sind, und uns den Staub aus den Kleidern zu klopfen?“
    „Die Ehe meiner Mutter ist nicht … na ja …“
    „Sie kann ihre Tochter nicht in ihr eigenes Haus einladen?“
    „Es ist nicht ihr Haus, Detective. Es gehört ihrem Mann. Und er hält nicht sehr viel von mir. Um die Wahrheit zu sagen, beruht dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit.“ Sie schaute geradeaus, und in diesem Moment kam sie ihm sehr tapfer vor. Und sehr allein.
    „Seit dem Tag ihrer Heirat kontrolliert Edward Warrenton jede Kleinigkeit im Leben meiner Mutter. Er drangsaliert sie, und sie lässt es sich, ohne mit der Wimper zu zucken, gefallen. Weil sein Geld sie für alles, was er ihr antut,
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