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Angst

Titel: Angst
Autoren: Catherine Coulter
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Nationalfriedhof angeht, werden sie bald losfahren. Es ist bloß eine Frage der Zeit.«
    Connie nickte und verschwand lautlos in dem Wäldchen an diesem Ende des Motels, um in einem großen Bogen zurück zu den anderen Agenten und den örtlichen Polizisten zu gelangen.
    »Ich stimme Connie zu«, flüsterte Savich. »Die Sache stinkt zum Himmel.«
    Dane rieb die behandschuhten Hände aneinander. »Aber was sollen wir sonst machen?«
    Uns bleibt nichts anderes übrig als abzuwarten, dachte Savich. Warum sollte Moses Grace den Komiker Pinky zum Arlington Nationalfriedhof bringen wollen? Savich blickte stirnrunzelnd auf seine Hände und bewegte die Finger, um die Blutzirkulation anzuregen. Nichts ergab einen Sinn, und das jagte ihm Angst ein. Eigentlich hatte er Connie fragen wollen, ob mit Sherlock alles in Ordnung war, aber bestimmt ging es ihr gut. Er hoffte, dass wenigstens Ruth bei ihrem Höhlenausflug mehr Spaß hatte als er hier.
    Als ihm wieder Raymond Dykes, der Motelbesitzer, einfiel, zog er erneut die Stirn in Falten. Anfangs hatte Dykes ihnen bereitwillig Auskunft gegeben, war erstaunlich kooperativ gewesen. Er hatte sich weder sonderlich beschwert noch irritiert gezeigt. Natürlich hatten sie ihm zugesichert, dass der Steuerzahler für jeden entstehenden Verdienstausfall aufkommen würde, aber trotzdem - Savich hätte mehr Protest erwartet. Unvermittelt erinnerte er sich an die kleine, angeschlagene rote Schüssel am Ende des grün lackierten Tresens. Darin hatten mindestens ein halbes Dutzend ausgespuckter Kaugummis geklebt. War das nicht seltsam? Denn während sie sich unterhielten, hatte Dykes nicht Kaugummi gekaut. Stammten diese Kaugummireste etwa von Claudia?
    Savich schaute auf seine Mickey-Mouse-Uhr. Es war exakt drei Minuten später als das letzte Mal, an dem er einen Blick darauf geworfen hatte. Eine eiskalte Windböe drang durch den Wollschal, den er sich um den Hals gewickelt hatte, und ließ ihn frösteln. Er stellte sich seinen Sohn Sean vor, der mit seinem Stoffbären Gus in den Armen in seinem warmen Bettchen schlief, in eine weiche Decke gekuschelt, und von Tomatensuppe mit Popcorn träumte, seinem neuesten Lieblingsessen.
    Dann sah er hinüber zu Dane, der sich etwa zwanzig Meter entfernt von ihm hinter einen Müllcontainer gekauert hatte, ganz in der Nähe des dichten pechschwarzen Waldes. Was mochte sein Kollege nach so vielen Stunden des Uberwachens in der beißenden Kälte denken?, fragte sich
    Savich. Regungslos verharrte Dane in seiner Position. Er war ein absoluter Profi und ging keinerlei Risiko ein. Falls Moses oder Claudia zufällig aus dem Fenster schauten und auch nur die geringste Bewegung bemerkten, war Pinky Womack ein toter Mann. Moses Grace und Claudia mussten bald aufbrechen, noch vor Morgengrauen. Der Einsatzbefehl der Scharfschützen des FBI war klar und unmissverständlich - den alten Mann und die Frau erschießen, bevor sie Pinky töten konnten. Nur so hätte Pinky eine echte Chance, jemals wieder Blondinenwitze in Miss Lillys Bonhomie Club zum Besten zu geben.
    Ein einziger, nicht gedämpfter Schuss durchschnitt fast anstößig laut die Nacht. Sowohl Savich wie auch Dane griffen sofort nach ihren SIG-Sauer-Dienstwaffen. Doch sie hörten weder Stimmen noch irgendwelche Geräusche aus dem Richtmikrofon. Nicht einmal ein Wimmern von Pinky. Hatte die Kugel Pinky etwa mitten ins Herz getroffen?
    Savich wusste, dass dieser unerwartete Schuss die lähmende Kälte im Bruchteil einer Sekunde vertrieben und jeden Beamten in höchste Alarmbereitschaft versetzt hatte. Hatten die Entführer Pinky getötet und schickten sich jetzt an herauszukommen?
    Savich und Dane vernahmen leises Stimmengewirr von der anderen Seite des Motels. Höchstwahrscheinlich hatten Sherlock und Connie einen kleinen Wortwechsel mit Chief Tumi und seinen Männern, die das Gebäude mit gezückten Waffen stürmen wollten. »Niemand bewegt sich«, sagte Savich mit klarer Stimme in das Funkgerät an seinem Handgelenk. »Wir können euch hören. Bleibt, wo ihr seid und verhaltet euch ruhig!«
    »Sie haben den Schuss gehört, Agent Savich«, entgegnete Chief Tumi durch das Funkgerät. »Sie müssen Pinky getötet haben. Schnappen wir uns die Mistkerle!«
    »Niemand bewegt sich, Chief«, wiederholte Savich. »Agent Carver und ich sichern diese Seite hier. Ich werde Ihnen sagen, wann wir hineingehen.«
    Chief Tumi war sauer, das konnte Savich an dem keuchenden Atmen erkennen, das über das Funkgerät zu ihm drang.
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