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Angst

Titel: Angst
Autoren: Catherine Coulter
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Leute? Moses Grace und Claudia - mit diesen Namen war Pinkys Entführerbrief unterschrieben worden, genau wie hier im Gästebuch des Motels. Warum sollten Kidnapper mit ihren Namen hausieren gehen? Sie müssen die Namen erfunden haben, dachte Savich. Moses Grace und Claudia, wer auch immer sie sein mochten, wussten nicht, dass die Polizei hier war und darauf wartete, dass sie herauskamen.
    Savich war so müde, dass er spürte, wie die Gedanken aus seinem Kopf purzelten, bevor er sie zu Ende führen konnte. Nur der grimmige, beißend kalte Wind direkt aus der Antarktis hinderte ihn am Einschlafen. Seine Füße wurden langsam taub, und er stampfte fest auf. Die Einsatztruppe war schon seit elf hier. Jetzt war es fast drei Uhr am Samstagmorgen, und sie durften sich nicht an ihrem tragbaren Öfchen wärmen, da Moses Grace und Claudia das Licht hätten sehen können. Die Agenten waren hinter Bäumen in der Nähe des Hooter’s Motel in Deckung gegangen, draußen in der Pampa von Westmaryland.
    Warum dieser Moses Grace sich ausgerechnet Pinky Womack als Opfer ausgesucht hatte, war Savich ein Rätsel. Pinky war ein durchschnittlicher Bühnenkomiker mittleren Alters, der im Bonhomie Club auftrat und dreißig lahme Witze in zehn Minuten herunterrasselte, falls man ihm die Gelegenheit bot. Er selbst hatte nicht viel Geld, und seine Familie bestand lediglich aus einem alleinstehenden Bruder, der noch weniger besaß. Als einer von Miss Lillys Alibiweißen war er eine Ausnahme im Bonhomie Club. Er war bereits einen Tag lang verschwunden gewesen, als sein Bruder, Cluny Womack, den Brief an Pinkys Küchenschrank geklebt fand. Hey, Savich, wir haben Pinky. Wir sehen uns. Und unterschrieben war er mit Moses Grace und Claudia. Die geschwungene Handschrift war die eines jungen Mädchens, die I waren mit kleinen Herzen versehen.
    Der Brief war direkt an ihn adressiert. Moses Grace und Claudia wussten also nicht nur, wer er war, sondern auch, dass er selbst ebenfalls im Bonhomie Club auftrat. Und sie kannten Pinky. Was führten sie bloß im Schilde?
    Er und seine Mitarbeiter hatten völlig im Dunkeln getappt, bis Rolly, ein Informant von Agentin Ruth Warnecki, sie am Abend auf ihrem Handy angerufen hatte. Da Ruth nicht in der Stadt war, war das Gespräch zu Agentin Connie Ashley weitergeleitet worden. Rolly lebte auf der Straße und war ein verrückter Kauz, aber er hatte sie schon des Öfteren auf die richtige Fährte gebracht. Ruth nannte ihn ihren Psychospitzel, da seine Informationen immer mit einem halben Liter warmem Blut, Null negativ, bezahlt werden mussten. Sie hatte ein Abkommen mit einem Typen von der örtlichen Blutbank, der ihr bei Bedarf abgelaufene Beutel Null negativ gab.
    Rolly hatte Connie erzählt, dass er ein neues dunkles
    Bier aus Slowenien oder irgendeinem anderen Land am Arsch der Welt probiert hatte, von dem gemunkelt wurde, ihm sei ein Tröpfchen Blut beigemischt, doch er hatte nichts herausschmecken können. Abschließend hatte Rolly hinzugefügt, er habe vor einem Tag und Nacht geöffneten Supermarkt in der Webster Street gestanden, als er zufällig mitanhören musste, wie dieser alte Mann und ein Mädchen nur wenige Schritte von ihm entfernt damit prahlten, dass sie den alten Pinky einfach so aus seinem Apartment geschleift hatten, als er sich gerade eine Wiederholung von Miami Vice im Kabelfernsehen anschaute.
    Rolly sagte, der Kerl habe gekrächzt wie ein alter Bussard und gewirkt, als stehe er bereits mit einem Bein im Grab; zudem hatte er sich fast die Lunge aus dem Leib gehustet - allerdings hatte Rolly zu große Angst gehabt, um ihn sich genauer anzusehen. Der Alte nannte das Mädchen Claudia und Süße und Schätzchen. Die blutjunge Lolita klang aufgekratzt und sah aus wie eine reife Frucht, die darauf wartete, gepflückt zu werden.
    Bis in seine angespitzten Eckzähne habe er gespürt, dass die beiden gefährlicher waren als ein Ausflug in die Hölle, so Rolly. Dann hätten sie darüber geredet, wie sie Pinky ins Hooter’s Motel nach Maryland bringen würden, und wären über Agent Dillon Savich und seine inkompetenten Mitarbeiter hergezogen, die sie mit den Keystone Cops verglichen und die sich ihrer Meinung nach wie die letzten Trottel anstellten. Rolly hatte keine Ahnung, warum sie eine Absteige in der hintersten Ecke von Maryland ausgewählt hatten. Claudia hatte gekichert und verkündet: »Nun, Moses Grace, ich werde Pinky mit Butter bestreichen und ihn in einen großen Toaster stecken, falls
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