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Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Titel: Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)
Autoren: Angelika Mann
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sogenannte Stufenlage einzunehmen.Da lag ich nun und überlegte fieberhaft, was zu tun sei. Mir war klar, dass ich meine Rolle auf keinen Fall so spielen konnte wie immer. Ich konnte schlichtweg nicht mehr laufen. Unsere Intendantin hatte einen Drehstuhl ohne Seitenlehnen, dafür aber mit Rollen. Das passte. Die nächsten Vorstellungen spielte ich auf diesem Stuhl und meine Kollegen hatten sogar Spaß daran, mich über die Bühne zu rollen.
    Seitdem achte ich auf meine Gesundheit, laufe alle drei Tage 3.000 Meter und mache die Muskulatur stärkende Übungen. Und ich versuche – das allerdings seit meiner Pubertät – ein einigermaßen erträgliches Gewicht zu halten. Leider hat der Schöpfer bei mir an Höhe gespart, meinem Körper dafür aber die Eigenschaft verpasst, jede Form von Nahrung – und wenn ich sie auch nur sehe oder rieche – in Fett zu verwandeln.
    Als kleines Mädchen hat man mich sogar aufs Land geschickt, damit ich zunehme, weil ich immer so dünn war. Wahrscheinlich war ich einmal zu oft dort, denn mit 16 Jahren fing ich an, in die Breite zu gehen. Bauch, Beine, Po sage ich nur, später auch Oberarme und Kinn.
    Meine Mutter hatte den Krieg erlebt und immer dafür gesorgt, dass ordentlich gegessen wurde. Auch ich sollte immer schön aufessen. Mama kochte sehr gut und ich mochte alles, was auf den Tisch kam. Nur bei einem Hühnerfrikassee, das sie mit der Haut des Tieres gekocht hatte, streikte ich und saß geschlagene sechs Stunden vor dem schließlich kalten Teller. Diesen Kampf gewann ich.
    Mit Mitte zwanzig war ich schon ein ganz schönes Kaliber. Das war nicht schön, die Jungs wollten immer schlanke Mädchen. Als mir ein sehr netter Herr sagte, „Lütte, du bist ’ne ganz süße Frau aber entschieden zu dick“, legte sich ein Schalter in meinem Kopf um. Ich ging ins Krankenhaus und bat um Hilfe. Zuerst wurde ich voneiner Diätassistentin beraten und sollte in einer bestimmten Zeit eine bestimmte Menge abnehmen. Wenn ich das geschafft hätte, würde man mich zu einer Nulldiät auf die Station aufnehmen. Ich hielt mich diszipliniert an den Plan und auf einmal erkannten mich meine eigenen Kollegen nicht mehr. Über viele Jahre hielt ich dieses normale Gewicht. In den Köpfen des Publikums blieb ich allerdings immer die „kleene Dicke“.
    Selbst nach der Geburt meiner Tochter gelang es mir, wieder halbwegs in Kleidergröße 40 zu passen. Teilweise habe ich das allein geschafft, bin aber auch mal zu einer Diätgruppe gegangen. Während meiner Zeit am Kölner Schauspiel legte ich leider wieder zu. Über die Jahre wurde es immer mehr. Im Herbst 2008 Tages bot mir eine Ärztin an, bei ihr eine Eiweiß-Formula-Diät zu machen. Das Besondere war, dass ich zusätzlich eine Ultraschallbehandlung an den „schlimmen Stellen“, also an Bauch, Beinen und Po, bekam. Danach folgte eine Art Lymphdrainage. Ich nahm in vier Monaten 25 Kilo ab, an Bauch, Beinen und Po! Plötzlich konnte ich mir wieder eine Hose in Größe 40 kaufen, taillierte Kleider tragen und Gürtel. Welch ein Glück das ist, kann nur der verstehen, der auch ständig mit den Pfunden kämpfen muss.
    Ich habe das über die Jahre halten können. Schwer wird es nur immer, wenn wir auf Tournee sind. Auf der Bühne muss ich als Hausfrau essen. Kartoffelsalat, Pudding und Eis. Und das am Abend! Und dann sitzen wir jeden Tag mindestens vier Stunden im Bus. Wer beruflich viel auf Achse ist, wird das kennen. Das Essen in den Raststätten ist zwar gar nicht so übel – es gibt durchaus auch Salate und Gemüse – aber es ist unverschämt teuer. Wenn man dann so gegen vierzehn Uhr am Hotel ankommt, ist meist die Küche schon geschlossen. Besonders ungünstig ist es, wenn man in einem Hotel in einem Industriegebiet untergebracht ist. Da gibt es ja ringsherum keine Restaurants. Der Küchenbetrieb in den Hotelsstartet zwar meist ab achtzehn Uhr wieder, aber zu der Zeit sind wir schon längst wieder in unserem Theater und mit dem Soundcheck und dergleichen beschäftigt. Oft bleibt einem nichts anderes übrig, als sich morgens heimlich ein Brötchen am Frühstücksbuffet zu schmieren, um irgendwie über den Tag zu kommen. Brötchen sind jedoch Gift für mich. Und immer wieder Eiweiß-Pulver geht ja auch nicht. Es wird wohl mein ewiges Problem bleiben. Ich habe einfach zu viel Körper.
    2012 war wieder vollgepackt mit „Heisse Zeiten“-Vorstellungen. Gleich im Januar ging es für sechs Wochen nach Frankfurt/Main an das „Fritz Rémond Theater“. In
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