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Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)

Titel: Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)
Autoren: Angelika Mann
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telefonierte und ich hörte, wie sie sagte: „Tja, Madame macht sich ein paar schöne Tage und ich habe hier die Plagen am Hals.“ Das hat mich tief getroffen. Ich hätte ihr gerne gesagt, dass ich sie doof finde, war ja aber für die nächsten Tage auf sie angewiesen. Also tat ich, als hätte ich nichts gehört und kam mirdabei vor wie eine Verräterin. Zum Trost gab es von Opa wenigstens etwas Geld. Er hatte ein „Schüttelportemonnaie“, und ich durfte mir immer alles Kleingeld nehmen, was beim Schütteln herausrutschte. Er hat aber immer nur geschüttelt, wenn Tante Gitta nicht in der Nähe war, denn sie konnte es nicht leiden, wenn Opa uns Geld schenkte.
    Zu ihrer Ehrenrettung muss ich aber sagen, dass sie Opa, als er krank war, mit Hingabe gepflegt hat. Leider hat sie auch nach seinem Tode nicht so recht aufhören können mit ihren Schwindeleien und Lästereien hinter dem Rücken anderer. Und so war sie in ihren letzten Jahren sehr allein, denn viele Leute hatten sich von ihr zurückgezogen. 1997 klingelte eines Abends die Polizei an meiner Tür und teilte mir mit, dass man sie tot in ihrem Haus in Berlin-Buch aufgefunden hätte.

■ Umzug und ab ins Heim
    Kurz und gut, wir zogen von Steglitz nach Berlin-Buch. Opa wohnte mit Tante Gitta im Pölnitzweg in einer wunderschönen Villa. Die hatte zu Nazi-Zeiten mal einer stinkreichen Familie gehört. Es gab einen riesengroßen Garten, zur Straße raus mit großen Tannenbäumen. Hinter dem Haus lag eine schöne Wiese mit einer Schaukel und einem kleinen Ententeich. Fast alle Zimmer hatten Balkone, und es gab eine Terrasse. Ich erinnere mich, dass ich dort immer auf dem Töpfchen saß und versuchte, zur Treppe zu rutschen um zu sehen, was sich im Garten so abspielte.
    Dass ich schon immer hoch hinaus wollte, zeigt sich daran, dass ich mir in die Schaukel, die rundum geschlossenwar, einen kleinen Tritt hineinstellte, um so mehr von der Welt zu sehen. Als ich jedoch hinaufgeklettert war, siegte die Angst und ich traute mich nicht mehr hinunter. Opa musste mich retten. Und das nicht nur einmal.
    Meine Mutter muss damals schon geahnt habe, dass ich keine 1,80 Meter werde und nannte mich nie Angelika sondern immer Lütte, Lüttchen, Lüttekind oder Lüttjepüttje. Übrig geblieben ist Lütte. So wird man mich wohl auch noch nennen, wenn ich Oma bin.
    In der obersten Etage unseres Hauses wohnte Familie Martens. Professor Wilhelm Martens, von mir ein Leben lang Onkel Wilhelm genannt, war Geiger bei der StaatskapelleBerlin und spielte außerdem im zugehörigen Streich-Quartett unter der Leitung von Kapellmeister Prof. Egon Morbitzer. Da auch mein Papa Geige spielte, war ich schon im zarten Kindesalter stets von wunderbarer Musik umgeben.

    Warten auf Papi
    Leider lebte ich nur kurze Zeit in diesem Paradies, dabei schien zuerst alles rosig: Meine Mama erwartete meinen Bruder Eckart, ich war quietschfidel, uns stand eine glückliche Zukunft bevor. Ausgerechnet in dieser Zeit verliebte sich mein Vater in eine andere Frau. Das war schrecklich für uns alle. Meine Eltern trennten sich, und mein Vater zog mit seiner neuen Frau nach Bernburg an der Saale. Das war sicher besser so, denn Berlin-Buch war so etwas wie eine Kleinstadt. Jeder kannte jeden, es wohnte ja größtenteils Klinikpersonal dort. Anfang der 1950er Jahre galt es als Skandal, wenn ein Mann – noch dazu ein Arzt – Frau und Kinder verließ. Aber ich will darüber nicht urteilen, das Leben geht eben seltsame Wege.
    Ich sehe noch deutlich vor mir, wie meine Mutter mit mir und meinem kleinen Bruder Ecki auf einem Pferdewagen saß und wir in die neue Wohnung zuckelten, nicht sehr weit entfernt von unserer schönen Villa. Wir bezogen drei Zimmer im Viereckweg in der unteren Etage. Meine Mutter war nun mit uns allein.
    Über uns wohnte der Hauswirt mit Frau und zwei Söhnen. Anfangs saß die Frau oft bei uns und tratschte über die Nachbarschaft. Aber diese Freundschaft sollte nicht sehr lange dauern. Der Hauswirt führte ein strenges Regiment und es gefiel ihm gar nicht, dass Familie Mann nicht nur freitags baden wollte. An einem Sonntagmorgen donnerte er an unsere Tür und verlangte, sofort das Badewasser abzustellen. Es gab sogar eine kleine Rangelei. Für uns Kinder war das sehr beängstigend. Ja, mit solchen unangenehmen Dingen hatte sich meine Mamanun allein herumzuschlagen. Sie musste auch wieder arbeiten gehen und wir bekamen ein Kindermädchen. Das ging nicht gut, und irgendwann beschloss Mama schweren
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