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Ange Pitou, Band 1

Titel: Ange Pitou, Band 1
Autoren: Alexander Dumas
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Grünling herbeieilt in der Hoffnung, seinem Feinde eine Feder zu entreißen, während er meistens die seinigen dabei verliert. Die Kameraden von Pitou bedienten sich einer wirklichen Nachteule, eines natürlichen Hähers, um, gut oder schlecht, das Geschrei von einem oder dem andern dieser Tiere nachzuahmen. Ange Pitou aber vernachlässigte immer diese Vorbereitungen, verachtete eine solche List. Mit seinen eigenen Hilfsquellen kämpfte er, mit seinen natürlichen Mitteln stellte er die Falle. Mit seinem eigenen Munde bildete er die kreischenden, widerlichen Töne, die nicht allein die andern Vögel, sondern auch die von derselben Gattung herbeiriefen, die sich durch dieses gut nachgeahmte Geschrei täuschen ließen. Was die Jagd an Pfützen betrifft, wohin die Vögel zum Trinken kamen, so war diese für Pitou eine Eselsbrücke, und er hätte sie als Gegenstand der Kunst sicher verachtet, wäre sie in Bezug auf den Ertrag minder ergiebig gewesen. Nichtsdestoweniger, und trotz der Verachtung, die er selbst gegen diese so leichte Jagd hegte, wußte nicht einer von den Erfahrensten gleich Pitou eine Pfütze mit Farnkraut zu bedecken, wenn sie zu groß war, um völlig überspannt zu werden; nicht einer wußte wie er die passende Neigung seinen Leimruten zu geben, so daß die schlauesten Vögel weder darunter, noch darüber trinken konnten; nicht einer besaß die Sicherheit der Hand und die genaue Kenntnis der verschiedenen Mischungsverhältnisse von Baumharz, Oel und Vogelleim, damit dieser Leim weder zu flüssig noch zu spröde werde.
    Da nun die Achtung, die man den Eigenschaften der Menschen zollt, nach dem Schauplatz, wo sie dieselben, und nach den Zuschauern, vor denen sie dieselben produzieren, wechselt, so genoß Pitou in seinem Dorfe Haramont mitten unter seinen Bauern – das heißt unter Menschen, die gewohnt sind, wenigstens die Hälfte ihrer Mittel von der Natur zu verlangen, wie alle Bauern, einen instinktartigen Haß gegendie Civilisation haben – ein Ansehen, das bei seiner armen Mutter die Vermutung nicht aufkommen ließ, er gehe auf einem falschen Wege, und die vollkommenste Erziehung, die man einem Menschen mit großen Kosten geben könne, sei nicht diejenige, welche sich ihr ausgezeichneter Sohn unentgeltlich selber gab.
    Als aber die gute Frau krank wurde, als sie den Tod herannahen sah, als sie begriff, sie werde ihr Kind allein und vereinzelt in der Welt zurücklassen, da fing sie an zu zweifeln und suchte eine Stütze für die zukünftige Waise. Sie erinnerte sich sodann, daß zehn Jahre vorher ein junger Mann mitten in der Nacht an ihre Thüre geklopft, der ihr ein neugeborenes Kind gebracht, für das er nicht nur bar eine ziemlich runde Summe zurückgelassen, sondern auch eine andere, noch viel größere Summe beim Notar in Villers-Cotterets deponiert hatte. Von diesem geheimnisvollen jungen Mann hatte sie anfangs nichts weiteres gewußt, als daß er Gilbert heiße. Doch vor drei Jahren hatte sie ihn wieder erscheinen sehen: er war damals ein Man von siebenundzwanzig Jahren, mit etwas steifer Haltung, mit dogmatischem Wort und einem etwas kalten Wesen. Diese erste Eislage war aber geschmolzen, als er sein Kind wiedergesehen; und da er es schön, stark und freundlich, und, wie er es selbst verlangt, nur naturwüchsig erzogen gefunden, so hatte er der guten Frau die Hand gedrückt und ihr bloß die Worte gesagt:
    Rechnet auf mich im Notfall.
    Dann hatte er das Kind genommen, sich nach dem Wege nach Ermenonville erkundigt, mit seinem Sohne eine Pilgerfahrt nach dem Grabe von Rousseau gemacht und war nach Villers-Cotterets zurückgekehrt. Verführt ohne Zweifel durch die gesunde Luft, die man hier atmete, sowie durch das Gute, das ihm der Notar von der Pension des Abbes Fortier gefügt, hatte er den kleinen Gilbert bei dem würdigen Mann zurückgelassen, dessen philosophisches Aussehen er mit dem ersten Blick gewürdigt; denn in jener Zeit war die Philosophie eine so große Macht, daß sie sich selbst bei den Geistlichen eingeschlichenhatte. Nachdem er seine Adresse dem Abbé Fortier hinterlassen, reiste er wieder nach Paris zurück.
    Die Mutter von Pitou kannte alle diese einzelnen Umstände. In dem Augenblick, wo sie sterben sollte, erinnerte sie sich der Worte: Rechnet auf mich im Notfall. Das war eine Erleuchtung. Ohne Zweifel hatte die Vorsehung dies alles so gelenkt, damit der arme Pitou mehr fände, als er vielleicht verlor. Sie ließ den Geistlichen kommen, da sie nicht zu schreiben
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