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Anastasya (German Edition)

Anastasya (German Edition)

Titel: Anastasya (German Edition)
Autoren: Kerstin Mitterer
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Hände, meine Linke, seine Rechte, wurden auf ein Podest gelegt – es sah aus wie ein Podest, war aber ein Altar.
    Darius berührte zuerst Marius‘, dann meine. Als nächstes hob er sie etwas hoch und brachte sie zusammen. Dabei sprach er ein paar Worte, die er in seiner Predigt bereits erwähnt hatte.
    Ich beobachtete seine  Mimik, Gestik und lauschte seinen Worten. Dem zufolge, was er sagte, wusste er sehr viel. Er hatte viel erlebt und uns alle bereits mehrmals durch sehr schwere Zeiten gelenkt. „…Ich habe euch alles gegeben, was in meiner Würde  stand, und werde es auch weiterhin tun. Ich werde vor nichts zurückschrecken, unsere Gesetze, die einst mit viel Bedacht verfasst wurden, zu hüten und ihnen im Falle eines Verstoßes Folge  zu leisten“, er klang nicht nur klug, sondern sogar ziemlich weise.
    Er war nicht einfach nur König. Er war ein alter Mann, der schon ein langes Leben auf dieser Welt hinter sich hatte und so wie alle anderen auch, genoss er es noch immer in vollen Zügen.
    Wir alle liebten das Leben. Egal, ob die Sonne schien oder nicht, ob der Mond voll oder nur halb zu sehen war, – wobei die Vollmondnächte bevorzugt wurden – wir lebten. Sehr lange. Und wenn man so lange lebte, wurde einem irgendwann bewusst, wie schön es eigentlich wirklich war.
    Auf jede Aktion folgt eine entgegengesetzte, gleich große Reaktion. Jetzt mischte er sich auch schon in meine Gedanken ein… Ein Bisschen Privatsphäre wenn ich bitten darf!
    Ja, Marius. Genau so ist das.
    Ich habe mein Elternhaus verlassen, alles aufgegeben, was ich hatte und fand mich irgendwann an der Seite eines sehr engagierten Gemeinderatsmitglieds. Als ich diesen verlor, verlor ich ebenfalls alles. Ein Zuhause, Freunde, Familie.
Und wieder wurde mir etwas zurückgegeben. Ich hatte Lena, Marius, und war dabei in eine neue Familie einzutreten.
    Ich war überglücklich, als Darius das Band herbeibringen ließ. Lena hatte mir erzählt, dass ich gestrahlt hatte vor Glück. Das Band bedeutete nur eines, Zusammenhalt. Heute wir vor tausenden von Jahren wurden die Vampire bei der Heirat mit einem seidenen Band verbunden, welches erst nach der Hochzeitsnacht abgelegt wurde,  und so lange als Symbol der Gemeinsamkeit galt.
    Der Stoff war sehr weich, selbst als er meine Hand umschlang. Sie war ganz nahe bei Marius‘ Hand. Ich hatte die Finger ausgestreckt, er verschränkte sie jetzt mit seinen. Zusammenhalt.
    Liebe, symbolisiert durch ein Band.
    Ein kleines Stück Stoff.
    MEIN kleines Stück Stoff.
    MEIN Marius.
     
    Niemand, keine andere Frau würde jemals wieder auch nur an Marius denken – und falls doch, würde mein triumphales Grinsen in ihren Köpfen auftauchen. Ich fühlte mich unglaublich stark, mit einem Moment war ich Teil etwas sehr großem, einer neuen Familie, einer Gesellschaft, von der ich zwar bisher Abschaum war, die mich aber nie groß beachtet hatte und von der unverkennbaren Zweisamkeit von Marius und Anastasya.
    Ich betrachtete unsere Hände. Anastasya… hör meinem Vater zu… Sie waren verschmolzen, wir gehörten jetzt zusammen.
    Anastasya, hallo…
    Ich war davon so abgelenkt, dass ich weder die Worte seines Vaters, noch seine Gedanken hörte.
    Mir blieb unbemerkt, dass es längst an der Zeit war, ihn zu küssen. Ich starrte immer noch mit einem zufriedenen Blick auf unsere Hände, bis er mit der anderen Hand mein Kinn berührte und meinen Kopf langsam nach oben bewegte. Ich schaute ihm tief in die Augen und küsste ihn.
    Na endlich…
    Marius küsste mich. Leidenschaftlicher, wilder, jedoch liebevoller denn je. Diese drei Eigenschaften unterschieden sich grundlegend, er schaffte es aber dennoch, sie in einer einzigen kleinen Zungenbewegung zu vereinen.
    Ich war, wie sonst auch immer, sehr beeindruckt.
    Dieser Mann raubte mir in einer Sekunde den letzten Nerv und war in der nächsten meine einzige Stütze. Ich brauchte ihn, sowie er mich brauchte. Wir waren beide jung, dumm und unerfahren, aber gemeinsam würden wir alles schaffen, was es zu schaffen gab. Wir ergänzten uns zu einem halbwegs verantwortungsbewussten Wesen, dem man die ein oder andere Aufgabe zutrauen konnte – zumindest sah ich das so.
    Der Kuss war unglaublich. Nein, ich war nicht beeindruckt, ich war hin und weg von ihm. Er hatte sich, genau wie ich, schon den ganzen Tag auf diesen Moment gefreut. Endlich war alles vorbei, endlich war all die Aufregung hinüber, jetzt hatten wir es geschafft. Wir gehörten jetzt endlich zusammen. Es fühlte
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