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Anastasya (German Edition)

Anastasya (German Edition)

Titel: Anastasya (German Edition)
Autoren: Kerstin Mitterer
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waren.
    Immerhin waren wir uns dabei einig, dass wir zu Jared und Liljana gehen sollten.
    Der Weg war nicht wirklich weit, aber es regnete. Und da Daniel nicht gerne nass wurde, fuhr er mit dem Auto. Das dauerte natürlich…
    Ich mochte die Musik nicht, die im Radio ertönte. Es war zu künstlich. Von den Leuten, die man heutzutage hört konnte keiner mehr richtig Singen oder Gitarre spielen, es wurde viel zu viel verändert und der Klang war einfach… grottenschlecht. Konnte schon sein, dass man dazu gut tanzen konnte, aber man konnte auch zu älterer Musik gut tanzen. Was war aus dem guten alten Klavier geworden? Kaum jemand brauchte noch ein Orchester. Naja eigentlich hatten sie eine ziemlich sadistische Einstellung der Welt gegenüber aber vielleicht war es genau das, was mir so gefiel. Die Welt ging den Bach runter, das wussten alle, nur wollte es keiner richtig wahrhaben…
    Außerdem war ich eher in der Swing -Zeit hängen geblieben.
     
    Daniel liebte sowohl diese neue Musikrichtung als auch das Auto.
    Den Wagen hatte er jetzt gut ein halbes Jahr. Davor fuhr er einen Golf.
    Mir gefiel auch die Farbe nicht. Knallrot. Wenn wir mal weiter weg jagen wollten konnten wir das Auto nicht irgendwo unauffällig parken.
„Wo ist Jared jetzt?“, fragte ich ihn.
    „Na da wo er immer ist, wieso?“
    „Naja, du hast gesagt sie hat ihn raus geworfen“.
    „Er ist wieder rein gegangen zu ihr. Aber sie hat ihn aus dem Bett geworfen…“ , erklärte er. Ich grinste. Als ich die erste Nacht bei ihm verbrachte musste er auch auf dem Boden schlafen. Da kannte ich ihn ja noch kaum. Und ich wusste nicht, welcher Blödsinn – heute stufe ich solche Dinge nicht mehr als Blödsinn ein – ihm einfallen würde, wenn ich neben ihm lag. Wir lagen die ganze Nacht da und starrten uns an. Hin und wieder wechselten wir ein paar Worte, aber das war es auch schon. Tagsüber war ich immer irgendwo. Ich lenkte mich ab oder ging Jagen.
    Aber ich wollte lange nicht, dass er neben mir schlief. Wir saßen oft im Bett und pokerten.
    Es regnete immer mehr und ich wartete noch immer darauf, dass endlich mal was Anständiges im Radio kam. Aber darauf konnte ich lange warten. Die Zeit, in der man trotz dem neumodischen Mist immer noch hin und wieder Klassiker spielte, war vorbei.
    Daniel sah das ganz anders. Sein Musikgeschmack veränderte sich mit der Zeit.
    Irgendwann merkte er, dass mich diese “Musik“ wahnsinnig machte und schaltete das Radio aus. Er klopfte mir auf die Schulter und grinste.
    „Sieh es positiv, immerhin hat dieses Auto ein Dach, ich bin auch schon im Cabrio stundenlang im Regen gefahren“, versuchte er, mich aufzumuntern. Aber das wäre mir egal gewesen, ich mochte den Regen. Er hatte etwas Beruhigendes. Aber die Scheibenwischer, die ständig hin und her fuhren beunruhigten mich. Es war eine unangenehme Hektik. „Und außerdem sind wir bald da“, fügte er hinzu, als er merkte, dass das meine Stimmung keineswegs verbesserte.
    Ich nickte. „Gottseidank“
    Autofahren war für mich eines der sinnlosesten Dinge! Ich war zu Fuß schneller als jedes Auto. Aber Mister Perfekt konnte es ja nicht ertragen, nass zu werden...
     
    Als wir dann nach gefühlten drei Tagen endlich ankamen – natürlich dauerte die Fahrt keine zwei Stunden – und ausstiegen betrachtete ich das kleine, aber stabile und ziemlich alte Holzhaus. Es sah nicht wirklich einladend aus, das einzig Gute dabei war, dass es ein Dach hatte und ein kleines Grundstück eingezäunt war. Jared hatte es gehasst, dass ihm Nachbars Rinder immer in den Vorgarten gemacht hatten. War ja nicht so, dass Kuhfladen klein und unauffällig waren. Deswegen hatte er vor kurzem – vor gut zwei Jahren – einen Zaun herum gebaut.
Ich fand Grenzen gut. Wände, Dächer und Zäune gaben mir das Gefühl, dass ich in einer kleinen Welt war. Denn in einer Welt ohne Abgrenzungen wäre ich niemand. Aber in einem Raum mit drei oder vier Personen schon. Außerdem hatte es etwas behagliches, so komisch es sich anhört.
    Sinnloserweise hatte Jared einen Kamin, an dem im Winter durchgehend Feuer brannte. Er hätte sich selbst verraten, wenn er im Winter bei teilweise mehr als zwanzig Minusgraden halbnackt im Zimmer saß und dann zufällig der Nachbar vorbei kam und sich halb tot fror. Der Typ kam zwei Mal im Jahr vorbei, viel öfter schickte er die Kinder, weil er selbst zu feige war, mit ihm zu reden – den Sinn dahinter verstand ich nicht. Zwei sechsjährige konnten sich wohl kaum
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